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4400 unbearbeitete Anträge Bremen startet Initiative zum Bürokratieabbau beim Wohngeld

Wegen der steigenden Energiepreise sollen ab 2023 mehr Menschen Wohngeld beziehen können. Schnelle Hilfe ist das Ziel. Schon jetzt müssen Antragsteller aber viele Monate warten - Bremen will das im Bund ändern.
29.07.2022, 05:00 Uhr
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Bremen startet Initiative zum Bürokratieabbau beim Wohngeld
Von Sabine Doll

Die Wohngeldstellen in Bremen, Niedersachsen und den anderen Bundesländern müssen sich ab 2023 auf deutlich mehr Anträge einstellen. Mit Blick auf die steigenden Energiekosten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der vergangenen Woche eine große Wohngeldreform angekündigt, von der mehr Menschen als bislang profitieren sollen. Außerdem soll die Heizkostenpauschale dauerhaft integriert werden, den Zuschuss hatte es in diesem Jahr zum 1. Juli als einmalige Entlastungsmaßnahme für Wohngeld-Empfänger gegeben. Ziel sei es, einkommensschwache Haushalte möglichst schnell in der Krise zu entlasten.

Dieses Ziel sehen viele Kommunen und Städte gefährdet. Grund sei der hohe bürokratische Aufwand bei der Bearbeitung der Anträge. Die immer neuen Anforderungen und Änderungen im Gesetz verhinderten zügige Entscheidungen, warnte in dieser Woche etwa das Sozialreferat der bayrischen Landeshauptstadt München über seinen Pressedienst. Schon jetzt müssen Antragsteller teilweise viele Monate auf den Bescheid und damit den Zuschuss zu den Wohnkosten warten.

Bearbeitungsdauer liegt bei fünf Monaten

Bremens Wohnungsbausenatorin Maike Schaefer (Grüne) teilt diese Kritik und die Befürchtungen, sie fordert: „Um das erhöhte Aufkommen an Anträgen stemmen zu können, bedarf es einer echten Wohngeldreform, die einen Bürokratieabbau beziehungsweise eine Verwaltungsvereinfachung zum Inhalt hat“, sagt sie. „Eine weitere Ausweitung ohne echten Bürokratieabbau bei der Antragsbearbeitung wird nur sehr schwer und vor allem nicht zeitgerecht umsetzbar sein“, warnt Schaefer.

In Bremen dauert die Bearbeitung von Wohngeldanträgen laut Ressortsprecher Jens Tittmann derzeit im Schnitt fünf Monate. „Ursache ist die Umsetzung der letzten Anpassungen, wie Grundrente und Heizkostenzuschuss.“ Vor fast genau einem Jahr lag die Bearbeitungszeit in der Stadt Bremen bei sieben Monaten, wie der WESER-KURIER damals berichtete.

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4400 Anträge sind laut Tittmann derzeit in der Wohngeldstelle der Stadt Bremen unbearbeitet, in etwa 300 Fällen seien die Kundinnen und Kunden um fehlende Unterlagen gebeten worden. Auch in anderen Städten müssen Antragsteller lange warten: „Derzeit muss man rund ein Jahr lang warten, ehe man Bescheid von der Stadt bekommt“, berichtete etwa die „Süddeutsche Zeitung“ Ende vergangenen Jahres aus München. Für die Stadt Freiburg meldete die „Badische Zeitung“ im Herbst 2021 eine Wartezeit von im Schnitt zwei Monaten – wenn die eingereichten Unterlagen komplett sind.

Zahl der Anträge steigt kontinuierlich

Die Zahl der Wohngeldanträge ist in der Stadt Bremen kontinuierlich gestiegen: In den beiden vergangenen Jahren seien im Schnitt zwischen 7500 und 7800 Anträge eingereicht worden, für 2022 werde ein weiterer Anstieg um 1000 Anträge erwartet, so Tittmann. Mit der von Bundeskanzler Scholz angekündigten Erweiterung des Personenkreises dürften ab 2023 deutlich mehr Anträge hinzukommen. Wer zu diesem Kreis zählen soll, ist laut dem Bauressort noch nicht festgelegt.

Wohngeld bekommen aktuell Menschen mit kleinem Einkommen, die keine anderen Sozialleistungen wie Grundsicherung oder Arbeitslosengeld II erhalten. Bei ihnen sind die Unterkunftskosten bereits berücksichtigt. Studenten, die grundsätzlich einen Anspruch auf Bafög haben, sind laut Bremer Ressort nicht anspruchsberechtigt. Die Höhe des Wohngeldes hänge von der Zahl der Haushaltsmitglieder, der Höhe des Gesamteinkommens sowie der zu berücksichtigenden Miete beziehungsweise Belastung ab.

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In der Stadt Bremen haben 2021 mehr als 5500 Haushalte Wohngeld erhalten, 2020 seien im Schnitt 179 Euro monatlich gezahlt worden; für das Folgejahr gebe es noch keine neuen Daten. Bund und Länder teilen sich die Kosten: Im vergangenen Jahr betrugen die Wohngeldausgaben im Land Bremen insgesamt etwa 12,8 Millionen Euro. In Niedersachsen waren 2020 insgesamt 62.265 Haushalte auf Wohngeld angewiesen, das waren 23 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Statistische Landesamt im Juni mitteilte. Der Anstieg sei auf das zum 1. Januar des Jahres geltende Wohngeldstärkungsgesetz zurückzuführen. Dadurch hatten mehr Personen einen Anspruch.

Angesichts der geplanten Wohngeldreform setzt sich Bremen in Berlin für eine Entbürokratisierung ein, die eine zügige Bearbeitung ermögliche und bundesweit die Verwaltung sowie die Antragsteller entlaste. „Dazu habe ich bereits mit Wirtschaftsminister Robert Habeck gesprochen. Aktuell geht ein Schreiben an die Bundesbauministerin Klara Geywitz raus. Und gemeinsam mit den anderen Bundesländern können wir das Thema mit in die Bauministerkonferenz im September einbringen sowie in der Bundesratsbefassung entsprechend erörtern“, kündigt Maike Schaefer an.

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