Rund zwei Drittel der Autofahrer halten den Mindestabstand nicht ein, wenn sie Radfahrer überholen. Das geht aus einem Praxistest des ADFC Bremen hervor. Im vergangenen Jahr hat der Verein mithilfe von Sensoren an den Fahrrädern freiwilliger Testpersonen den Überholabstand vorbeifahrender Fahrzeuge gemessen. Bereits eine vorläufige Auswertung zeigte, dass die innerorts vorgeschriebenen 1,5 Meter Mindestabstand in der Praxis oft ignoriert werden (wir berichteten). Dieses Ergebnis bestätigt sich nun in der finalen Auswertung des Projekts, über das der ADFC in seinem Vereinsmagazin berichtet. Demnach wurden im Zeitraum von März bis Ende September 2023 mehr als 450 Überholmanöver erfasst – 67 Prozent davon erfolgten mit weniger als 1,5 Meter Abstand. Den Daten zufolge hielt ungefähr jedes dritte Auto weniger als 50 Zentimeter Abstand ein.
Eine Auswertung für verschiedene Straßen zeigt, „dass die für den Radverkehr eigentlich beste Form, die Fahrradstraße, bezüglich des Überholabstandes besonders schlecht abschneidet“. In der Humboldtstraße fuhren die Autofahrer demnach in 87 Prozent der erfassten Fälle zu dicht an den Radfahrern vorbei. Ebenfalls negativ fallen laut der Statistik die Sebaldsbrücker Heerstraße (76 Prozent) und die Graf-Moltke-Straße (70 Prozent) auf. Vergleichsweise selten wurden Radfahrer im Buntentorsteinweg (45 Prozent) und in der Hohentorsheerstraße (46 Prozent) zu eng überholt.
ADFC fordert mehr Kontrollen
Zu beachten ist, dass die Testpersonen nicht nur das Überholen im Mischverkehr und auf Schutzstreifen erfasst haben, sondern auch das „Vorbeifahren“ auf Radfahrstreifen. Letzteres ist kein Verstoß, laut ADFC „aber für die Radfahrenden genauso unkomfortabel und sicherheitsgefährdend“. Auf Schutzstreifen und im Mischverkehr haben den Angaben zufolge jeweils mehr als 60 Prozent der Autofahrer zu dicht überholt. Das Tempo der Radfahrer und das Tempolimit (30 oder 50 km/h) für Autofahrer beeinflussen das Überholverhalten laut Statistik kaum.
Insgesamt kommt der ADFC zu dem Fazit, dass in Bremen „tendenziell zu dicht überholt wird“, was sich „negativ auf die Qualität und die Sicherheit des Radfahrens“ auswirke. Der ADFC fordert unter anderem mehr Abstandsmessungen bei Verkehrskontrollen. Autofahrer müssten sensibilisiert werden. „Viele wissen nicht, wie unsicher es sich anfühlt, zu dicht überholt zu werden“, heißt es. Für dieses Jahr sei geplant, weitere Daten zu erheben. Der ADFC nutzt dafür den Open-Bike-Sensor (OBS), der den Überholabstand via GPS und Ultraschallsensoren ermittelt. Das OBS-System wird von verschiedenen Gruppen genutzt, die ihre Daten teilweise in öffentlich zugänglichen Datenbanken und Karten eintragen.