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Jahrelanger Streit Ärger über privaten Autofriedhof in Huchting

Die auf einem Privatgrundstück abgestellten Schrottautos sorgen seit Jahren für Ärger in der Nachbarschaft. Die Umweltbehörde ist eingeschaltet, kommt aber auch nicht weiter. Das hat gleich mehrere Gründe.
27.09.2020, 05:00 Uhr
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Ärger über privaten Autofriedhof in Huchting
Von Ralf Michel

Im Vorgarten stehen ein roter Kleintransporter und ein schwarzer Mercedes. Seitlich, entlang der Zufahrt zu den dahinterliegenden Grundstücken, folgen ein dunkler Opel, ein weiterer Transporter und hinter Sperrmüll versteckt ein brauner Mercedes. Weiter hinten im Garten finden sich noch andere Autos, ein Wohnwagen und ein völlig verwahrlostes Wohnmobil.

Und dies nicht erst seit ein paar Wochen oder Monaten, wie die Schicht aus Moos und Flechten an manchen der Fahrzeuge vermuten lässt. „Nein“, betätigt Uwe Bartels, einer der Nachbarn. Von Wochen und Monaten könne wirklich keine Rede sein. „Schon vor 20 Jahren standen da Fahrzeuge. Und im Laufe der Jahre sind dann immer mehr dazugekommen.“

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Kein schöner Anblick, dieser private Autofriedhof, findet die Nachbarschaft. Weshalb man den Eigentümer immer wieder angesprochen habe, erzählt Bartels. Vergebens. Schließlich habe man sich an die Polizei und Behörden gewandt. „Kann doch nicht rechtens sein, dass jemand so viele Autos auf seinem Grundstück lagert. Die müssten doch als Schrott entsorgt werden.“ Doch auch hier sei man bislang nicht weitergekommen, sagt Bartels und holt einen Aktenordner hervor, in dem er den jahrelangen Briefwechsel mit diversen Behörden gesammelt hat.

Behördenmarathon

Umweltbehörde, Baubehörde, Innenbehörde – überall sei er inzwischen vorstellig geworden. Mehrfach habe er auch Unterstützung vom zuständigen Kontaktbeamten der Polizei erhalten. Doch genutzt habe all dies nichts. Die Beschwerden seien zur Kenntnis genommen worden, verbunden mit der Zusicherung, sich zu kümmern. „Doch dann kam wenig, um nicht zu sagen: gar nichts.“

Und dies, obwohl bundesweit in einer Reihe von Urteilen zu derartigen Fällen vom unerlaubten Umgang mit Abfällen sowie Verstößen gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz zu lesen sei, ärgert sich Bartels. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg habe zum Beispiel entschieden, das Autowracks durchaus die Voraussetzungen des sogenannten objektiven Abfallbegriffs erfüllen können.

„Es sind immer Einzelfallbetrachtungen, für die man Lösungen finden muss“, betont hierzu Jens Tittmann, Sprecher von Bau- und Umweltsenatorin Maike Schäfer. Behördenvertreter und Polizei seien nach den Hinweisen der Nachbarschaft mehrfach vor Ort gewesen, hätten auch mit dem Verursacher des Ärgers schon vor Jahren Kontakt aufgenommen. „Aber es ist nicht grundsätzlich verboten, auf einem Privatgelände Autos abzustellen. Zumal, wenn keine Umweltgefahr besteht, verursacht etwa durch auslaufende Flüssigkeiten.“ Hinzu käme die Frage der Zuständigkeit. Bauumweltrecht, Ordnungsrecht, Abfallrecht, Emissionsschutzgesetz, Gewerberecht – was ist betroffen?

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Eigens hierfür gibt es in Bremen eine Arbeitsgruppe, die sich darum kümmert, wenn Privatgrundstücke zur Lagerung von Altfahrzeugen, Elektrogeräten oder Bauschutt genutzt werden, berichtet Tittmann. „Gerade von der Autoschrauberszene gibt es da doch einige über die ganze Stadt verteilt.“ Was erst einmal nicht verwerflich sei, aber zehn bis zwanzig solcher Fälle überprüfe die Arbeitsgruppe dann doch pro Jahr. Zumeist seien dies jedoch rechtlich komplizierte und langwierige Verfahren.

So auch der vorliegende Fall, bei dem es noch ein zusätzliches Problem gebe. Denn tatsächlich sei hier bereits 2018 eine förmliche Entsorgungsanordnung erlassen worden. Die abgemeldeten Fahrzeuge befänden sich teilweise in derart schlechtem Zustand, dass die Gefahr auslaufenden Motoröls oder anderer Flüssigkeiten bestünde. Doch darauf habe der Betroffene nicht reagiert. Ebenso wenig wie auf die daraufhin folgende Androhung von Zwangsgeld.

Zwangsgeld angedroht

Hier sei auch einer der Gründe für die lange Dauer des Verfahrens zu finden, sagt Tittmann. Das angedrohte Zwangsgeld steigere sich nach und nach, wobei jedes Mal Fristen eingehalten werden müssten. Der Behördensprecher spricht von einem „extrem schwierigen Einzelfall“, nennt aber keine näheren Detail hierzu. Da es nach wie vor keinerlei Anzeichen des Eigentümers gebe, in irgendeiner Weise tätig zu werden, denke man jetzt über andere rechtliche Möglichkeiten nach. Auch eine weitere Begehung des Grundstücks durch Mitarbeiter der Umweltbehörde sei geplant. „Darüber stehen wir mit den Nachbarn aber die ganze Zeit in enger Abstimmung.“

Info

Zur Sache

1120 abgeschleppte Autos

So schwierig es im Einzelfall sein kann, „Schrottautos“ von privaten Grundstücken zu entfernen, so klar sind in Bremen seit gut zwei Jahren die Regeln, wenn diese Fahrzeuge im öffentlichen Raum abgestellt wurden: sie können ohne Vorwarnung abgeschleppt werden. Grundlage ist der Abschlepperlass, der am 1. Juli 2018 in Kraft trat. Das Neue an dem Erlass ist, dass nicht zugelassene und nicht betriebsbereite Fahrzeuge sofort und ohne vorherige Ankündigung abgeschleppt werden sollen, wenn es keine hinreichenden Anhaltspunkte auf einen möglichen Halter gibt.

In diesen Fällen wird ein Abschleppauftrag an einen entsprechenden Unternehmer gegeben, der den Wagen abholt und auf seinen Betriebshof bringt. Im Anschluss wird weiter nach dem Eigentümer ermittelt. Gelingt dies, wird er aufgefordert, das Fahrzeug binnen vier Wochen abzuholen und er trägt sowohl die Kosten der Abschleppaktion als auch das fällige Bußgeld für das ordnungswidrig abgestellte Fahrzeug. Nach einer vierwöchigen Frist werden die abgeschleppten Fahrzeuge entsorgt oder – wenn sie dazu noch geeignet sind – versteigert.

Seit Inkrafttreten des Erlasses wurden 1120 Fahrzeuge abgeschleppt. In diesem Jahr waren es bislang 297, wobei diese Maßnahme wegen der Corona-Pandemie etwa vier Monate ausgesetzt wurden.

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