Wie sind Sie zu Ihrem Forschungsbereich gekommen?
Zum Teil findet man als Wissenschaftler sein Thema, teils wird man von seinem Thema aber auch gefunden. Meine Forschung befasst sich mit Medienwandel und untersucht, wie jeweils neue Möglichkeiten der Kommunikation und der Herstellung von Öffentlichkeit unseren Alltag, unser Leben, unsere Wertvorstellungen und unseren Blick auf die Wirklichkeit beeinflussen. Als Kind der 1980er-Jahre habe ich seit jeher rasante technologische Medienentwicklungen beobachten können, als Zeitzeuge von Wandel mich immer dafür interessiert. Was ist Wirklichkeit, was ist Wahrheit, was kann man wissen, wie entsteht Vertrauen und welche Rolle spielen Medien dabei, wie wird das erst mit der KI?
Worin liegt der praktische Nutzwert Ihres Forschungsbereichs?
Es gibt diesen Spruch: Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie. Aber bei uns ist es doch noch mehr als das. Gerade Journalismus und Politik stehen oft ratlos vor ihrem Publikum und den Bürgern, die sie oft nicht mehr verstehen. Warum lesen die lieber obskure Dinge im Netz und glauben das auch noch? Woher beziehen Menschen heute ihre Informationen und welche Rolle spielen die großen Tech-Giganten dabei? Sind Antworten darauf im engeren Sinn praktisch? Vielleicht nein, aber sie sind als Grundlage zu verstehen, was eigentlich in unserer Welt passiert.

Christian Schwarzenegger untersucht, woher Menschen ihre Informationen beziehen und wie sich ihr Medienverhalten wandelt.
Mit welchen Projekten beschäftigen Sie sich zum Start Ihrer Tätigkeit in Bremen?
Wir untersuchen gerade, wie Aktivisten von ganz links und ganz rechts kommunikative KI, etwa Bildgeneratoren, einsetzen, um Werte und Visionen zu verbreiten. Und wir forschen zu Digital Gaming, wie es Gesellschaft verändert: Arbeit, Lernen, Abnehmen, Selbstoptimierung Sport, aber auch Politik – alles folgt heute in Teilen Prinzipien, die sich an Logiken von Computerspielen orientieren. Wenn Elon Musk bei Auftritten neben Trump Symbole und Zitate aus Computerspielen auf seinen Shirts trägt, dann sagt das vielen gar nichts, Millionen Menschen – vor allem auch jungen Männern – erzählt es aber etwas.
Wie gut ist Ihr Forschungsbereich ausgestattet?
Wir stehen am Anfang und sind noch ein kleines, aber schlagkräftiges Team. Dazu kommt, dass das Zentrum für Medien-, Kommunikations- & Informationsforschung der Uni Bremen, an dem ich angesiedelt bin, ein extrem kollaboratives und kooperatives gemeinsinniges Umfeld ist: Wir schaffen Mehrwert durch Gemeinsamkeit. Gerade sind wir dabei, ein großes Studio für die Digital Gaming Research aufzubauen. Ein absolutes Pionierprojekt.
Wie fällt Ihr erster Eindruck von Bremen aus?
Wir sind schockverliebt in Bremen, viel Freizeit ist in die Aufgabe geflossen, die neue Heimat zu erkunden. Die Stadt hat uns wunderbar aufgenommen, und ich finde es lebenswert, inspirierend und vibrierend. Ich war ja lange in Wien, und die Stadt erinnert mich in verschiedener Hinsicht daran: ein bisschen verlebter Glanz, Patina, auf der das Neue wächst. Generell: Österreicher und Bremen, das hat eigentlich immer schon gut geklappt, nicht nur bei Werder.