Zu den aktuellen Rassismus-Vorwürfen gegenüber der Polizei gibt es auch bremische Reaktionen. So sagt Lüder Fasche, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dass Rassismus kein strukturelles Problem bei der Polizei Bremen sei. Aber: „Bei 2600 Beschäftigten kann es natürlich Einzelfälle von rassistischer Diskriminierung geben.“ Vorfälle, die strafrechtlich relevant sein könnten, verfolge die Dienststelle „Interne Ermittlungen“, angesiedelt beim Senator für Inneres. Zu der Frage, wie viele Beschwerden über Polizeibeamte bei der Dienststelle eingingen und in wie vielen Fällen Anklage erhoben wurde, konnte der Senator am Dienstagnachmittag auf Anfrage des WESER-KURIER keine Zahlen nennen.
Pauschale Vorhaltungen und Vergleiche zu den Zuständen in Teilen der USA ärgern Lüder Fasche. Sie würden den engagierten Menschen in Bremens Polizei nicht gerecht. Nachwuchskräfte der Polizei erhielten Schulungen zu interkulturellen Kompetenzen und würden im Studium mit ethischen Fragen zu ihrem künftigen Beruf konfrontiert, sagt Fasche. „Wir sollten auch bedenken, dass es in der Polizei wie auch in der übrigen Bevölkerung zu unbewussten rassistischen Diskriminierungen kommen kann. Gerade hier kann eine gute Ausbildung, aber auch Aufklärung und Dialog, am besten entgegenwirken.“ Außerdem verfüge die Polizei Bremen mit Lutz Müller über einen Polizeipräsidenten, der mögliche Vorfälle nie unter den Teppich kehren würde. Fasche: „In seinem Büro hängt ein Foto von Laya-Alama Condé, das sagt doch schon einiges aus.“
Es sei richtig und wichtig, die politischen Auseinandersetzungen über Rassismus, Polizeigewalt und Regierungshandeln in den USA auch hier auf den Straßen zu thematisieren, sagt Dietmar Schilff, stellvertretender Bundesvorsitzender und niedersächsischer Landesvorsitzender der GdP. „Es gibt jedoch keinen Anlass, einen Zusammenhang mit der deutschen Polizei zu konstruieren.“ Einschätzungen, dass in der deutschen Polizei latenter, struktureller oder gar institutionalisierter Rassismus aufzufinden sei, wies Schilff zurück.
Seminare zu „Racial Profiling“
„Mein Eindruck ist, dass in Bremen sehr viel zu dem Thema gemacht worden ist“, sagt Libuše Černá, Vorsitzende des Bremer Rates für Integration. Rassismus sei allgegenwärtig, auch bei der Polizei. Aber, sagt Černá: „Die Polizei Bremen war auf einem guten Weg.“ Unter dem ehemaligen Integrationsbeauftragten Thomas Müller, der im vergangenen Jahr in Pension gegangen ist, habe es mehrere Seminare zu „Racial Profiling“ gegeben, an denen auch Beamte aus Niedersachsen teilgenommen hätten.
„Die Seminare sind auch weiterhin geplant, aber durch Corona sind wir zurzeit gehemmt.“ Černá ist zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit auch unter dem neuen Integrationsbeauftragten Norman Aksoy fortgesetzt wird. „Aksoy ist als Mitglied in der AG ‚Antidiskriminierung‘ an der Arbeit des Rates beteiligt.“ Aktuelle Fälle von Racial Profiling sind Černá nicht bekannt. „Das heißt aber nicht, dass es sie nicht gibt. Deswegen setzen wir uns auch seit zehn Jahren für eine unabhängige Antidiskriminierungsstelle ein.“
Der Landesvorsitzende der Bremer FDP-Fraktion, Hauke Hilz, hat ebenfalls zu den Antirassismusprotesten Stellung bezogen: „Rassismus hat in Deutschland keinen Platz. Wir Freie Demokraten stehen für eine weltoffene, diskriminierungsfreie Gesellschaft, in der jeder nach seinen Vorstellungen frei leben kann. Es ist gut und wichtig, wenn Menschen dafür auf die Straße gehen.“ Allerdings sieht Hilz bei den Protesten auch Tendenzen gegen die Polizei. „Unsere Polizisten sind sehr gut in Deeskalation geschult. Rassistische Verfehlungen sind sehr selten. Deswegen ist unsere Polizei auch nicht mit der amerikanischen, wo Rassismus alltäglich und immer wieder tödlich ist, vergleichbar. Wir müssen aufpassen, dass hier kein falsches Bild entsteht.“
Die Bremer Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann (CDU) teilt auf ihrer offiziellen Facebook-Seite eine ähnliche Position: „Saskia Esken (SPD) wirft der Polizei ‚latenten‘ Rassismus vor. Das ist eine boshafte Unterstellung!“ Und: „Für die CDU ist klar: Keine pauschalen Vorverurteilungen! Wir stehen an der Seite unserer Polizistinnen und Polizisten.“