Zusätzlich zur Hochrechnung der reinen Zahl der Wohnungslosen in Deutschland hat die Bremer Gesellschaft für innovative Sozialplanung und Sozialforschung diese erste repräsentative bundesweite Erhebung zu dem Thema auch dazu genutzt, über 1500 Wohnungslose mithilfe eines Fragebogens näher zu erfassen. So konnten neben Angaben zu Alter und Staatsangehörigkeit beispielsweise auch Fragen zu Gründen der Wohnungslosigkeit oder der gesundheitlichen Lage beleuchtet werden.
Dabei zeigte sich unter anderem, dass für knapp ein Viertel aller Wohnungslosen gilt, dass sie ihre Wohnung nicht verloren haben, sondern tatsächlich noch nie eine Wohnung mit Mietvertrag in Deutschland gehabt haben. Zwei spezielle Gruppen stellen dabei jeweils die Mehrheit. Das sind zum einen Zugewanderte, vor allem aus osteuropäischen Ländern wie Polen, Bulgarien und Rumänien. Zum anderen ist rund die Hälfte der Befragten, die noch nie eine Wohnung hatten, den Altersgruppen unter 25 Jahren zuzurechnen. Sie sind mutmaßlich direkt aus dem Elternhaus oder im Anschluss an stationäre Jugendhilfemaßnahmen wohnungslos geworden.

Grafik: Auslöser von Wohnungslosigkeit
Diejenigen, die zuvor eine Wohnung hatten, haben diese mehrheitlich ausschließlich oder zumindest mit einem hohen Anteil wegen Mietschulden verloren. Aber auch Trennungen vom Partner, Haftstrafen oder auch ordentliche Kündigungen des Mietvertrags durch den Vermieter sind Auslöser von Wohnungslosigkeit (siehe Grafik).
Bei der Gesundheitssituation wurde nach tatsächlichen Befunden und Diagnosen von Wohnungslosen gefragt, die eine dauerhafte Einschränkung nach sich ziehen. Dabei zeigt sich, dass 35 Prozent der Wohnungslosen ohne Unterkunft und 25 Prozent der verdeckt Wohnungslosen von einer Suchterkrankung betroffen sind. An einer psychischen Erkrankung leiden 24 Prozent der Wohnungslosen ohne Unterkunft und 21 Prozent der verdeckt Wohnungslosen. Zählt man auch Suchterkrankungen zu den psychischen Erkrankungen, so sind unter den Menschen, die auf der Straße oder in Behelfsunterkünften leben, mit 47 Prozent etwas weniger als die Hälfte betroffen, bei den verdeckt Wohnungslosen sind es 38 Prozent.
Parallel dazu wurde ganz allgemein um eine subjektive Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes gebeten. Weil in repräsentativen Umfragen auch die Gesamtbevölkerung regelmäßig danach gefragt wird, sind dadurch Vergleiche möglich. Dabei zeigt sich: Während innerhalb der Gesamtbevölkerung je nach Befragung zwei Drittel bis drei Viertel ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“ und „gut“ bewerten, liegt dieser Anteil bei Wohnungslosen nur bei rund einem Drittel. Aber es gilt auch: Wohnungslose empfinden ihre gesundheitliche Situation mehrheitlich besser als zum Beispiel Menschen mit dauerhafter Beeinträchtigung und Behinderung.
Neben der sehr hohen Zahl der Wohnungslosen mit Erkrankungen steht eben auch die große Gruppe der Gesunden. "Gerade bei den Wohnungslosen erweisen sich übliche Verallgemeinerungen – alle Wohnungslosen sind suchtkrank – schnell als Zuschreibungen", heißt es dazu im Bericht.