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Uni- und Hochschulmensen Ringen um Biokost in Bremen

Die Grünen haben beantragt, auch in den Mensen von Bremens Uni und Hochschulen die Speisepläne auf Biokost umzustellen. Gerne, sagt das Studierendenwerk. Fordert dafür aber die passenden Rahmenbedingungen.
17.04.2019, 16:52 Uhr
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Ringen um Biokost in Bremen
Von Ralf Michel

„Wir sperren uns in keiner Weise gegen Bio-Essen“, sagt Anke Grupe-Markschat. Und der Leiterin der Hochschulgastronomie in Bremen ist durchaus anzumerken, dass man beim Studierendenwerk nicht besonders glücklich über die Art ist, wie die Grünen dieses Thema auf den (Speise-)Plan der Bremer Universitäts- und Hochschulmensen gebracht haben. Wie berichtet, haben die Grünen beantragt, dass auch hier das Essen auf Biokost umgestellt wird.

Entsprechend den Vorgaben des „Aktionsplanes 2025“, der bereits für Bremens Schulen, Kindergärten, öffentliche Kantinen und städtische Krankenhäuser gilt. „Da, wo es real möglich ist, setzen wir das doch schon um“, unterstützt Maurice Mäschig, Pressesprecher des Studierendenwerks, seine Kollegin. Nur reiche es eben nicht, sich hinzustellen und einfach mehr Bioessen zu fordern. „Das Thema ist für uns sehr viel komplexer.“

Auch vegetarische Alternativen

„Sei schockiert, wie gut Dir unsere veganen Angebote schmecken.“ Zwei große Plakate, links und rechts an beiden Seiten des Eingangs zur Universitätsmensa angebracht, zeugen davon, dass es hier nicht unbedingt Fleisch sein muss. Die dazugehörigen Fotos zeigen Kürbis-Chiasamen-Bratlinge und Gemüse-Tortellini mit Cashewkernen. Im Angebot der Mensa an diesem Tag: Geflügelgeschnetzeltes (Essen 1), Pikanter Feuertopf/Kartoffelsalat mit Frikadelle (Essen 2), aber auch jede Menge Alternativen, darunter vegane Pasta, ein vegetarisches Gericht und zwei Suppen.

In der Cafeteria gleich nebenan sieht es ähnlich aus. Hier finden sich verschiedene Hamburgervarianten mit Rinderfrikadelle, die obligatorische Currywurst und das panierte Schnitzel auf der Speisekarte, aber auch ein vegetarischer Burger und als Aktion an diesem Tag ein Kürbis-Chiasamen-Burger. Die belegten Brötchen gibt es unter anderem mit Kasseler und Zwiebelmettwurst, aber auch das vegane Mehrkornbaguette mit veganer Auflage fehlt nicht. Und hinten links steht ein Wagen mit Kaffee und Tee. Daran angebracht ein weiteres Plakat: „Natürlich. Wir verwenden Bio-Milch aus der Region.“

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Gesünderes Essen in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung, mehr Bioprodukte, weniger Tiere aus Massentierhaltung – auf diesen kurzen Nenner lässt sich das Ziel des Aktionsplanes 2015 bringen, der im vergangenen Jahr von der Stadtbürgerschaft beschlossenen wurde. Es geht um die stufenweise Umstellung der Speisepläne auf Biokost. Das Studierendenwerk fällt bislang nicht in die Zuständigkeit des Aktionsplanes. Das wollen die Grünen mit ihrem Antrag ändern.

„Fakt ist, dass dafür gar nicht genügend Ware auf dem Markt verfügbar ist“, bezweifelt Anke Grupe-Markschat die Umsetzbarkeit dieses Antrags für die insgesamt neun Mensen, Cafeterien und Ausgabestellen des Studierendenwerks in Bremen und Bremerhaven. Im Schnitt 12 234 Essen täglich wurden hier 2018 ausgegeben.

Auswirkungen auf die räumliche Situation

Aber die Frage nach den Mengen der Produkte in Bio-Qualität und deren zuverlässiger Lieferung ist nur eines der Probleme, die das Studierendenwerk bei diesem Thema umtreibt. In den letzten 15 Jahren sei der Anteil von sogenannten Convenience-Produkten, also vorgefertigter Lebensmittel, bei denen schon der Lieferant bestimmte Verarbeitungsstufen übernimmt, immer weiter erhöht worden, berichtet die Leiterin der Hochschulgastronomie.

„Vor etwa zehn Jahren wurde zum Beispiel entschieden, dass wir Salate nicht mehr selbst waschen und schneiden.“ Ein Abrücken von der vorgefertigten Rohware hin zu wieder selbst verarbeiteten Bio-Produkten würde an dieser Stelle daher einen Salto rückwärts bedeuten. Mit Folgen für das benötigte Personal und Maschinen. „Die Abläufe hier würden sich komplett ändern.“

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Auswirkungen hätte dies auch auf die räumliche Situation, begonnen bei der Anlieferung, über die Lagerung bis hin zur Produktion der Speisen und deren Ausgabe, ergänzt Heiko Osterloh, Betriebsleiter der Uni-Mensa mit Blick auf die ohnehin schon recht beengten örtlichen Gegebenheiten, von denen nicht wenige den Charme der Bauweise aus den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausstrahlen.

Nicht zu vergessen schließlich das Kostenargument. Die Bioprodukte seien deutlich teurer als die derzeit gelieferten konventionellen Waren, sagt Anke Grupe-Markschat und zückt eine aktuelle Preisliste ihrer Lieferanten. Egal, ob Putenbrust oder Schweinegeschnetzeltes, ob Blumenkohl oder Karottenscheiben, der Kilopreis der Bioprodukte ist darauf durchweg mindestens doppelt so hoch, beim Fleisch beträgt er teilweise das Vierfache. „Und diese Lücke ist nicht zu schließen, auch nicht mit Preiserhöhungen. Das wollen und dürfen wir nicht an die Studierenden weitergeben.“

"Wir wollen das wirklich gerne noch mehr machen"

Zumal dies auch nicht der Auftrag des Studierendenwerks sei, erinnert Mäschig an den gesetzlichen Sozialauftrag, das Essen für alle Studierenden bezahlbar zu machen. Ganz zu schweigen davon, dass – anders als in den Schulen und Kindergärten – die Kunden in den Mensen von Uni und Hochschulen mit den Füßen abstimmen würden. „Wir müssen uns danach richten, was unsere Kunden fordern. Und da gibt es eben auch häufig den Anspruch, möglichst günstig zu essen“, berichtet Grupe-Markschat. Studien würden belegen, dass Studierende als erstes beim Essen sparen, ergänzt Mäschig.

An der Bereitschaft des Studierendenwerks, verstärkt Produkte in Bio-Qualität anzubieten, ändere dies alles aber nichts, betonen sowohl Mäschig als auch Grupe-Markschat. Bei Kaffee und Tee setze man bereits zu 100 Prozent auf fair gehandelte Bio-Produkte. „Einfach, weil es möglich war. Regional lieferbar, praktikabel, nutzbar.“ Ähnlich verhalte es sich bei der Milch und den Milchprodukten. „Die Forderung nach Biomilch brauchen wir nun wirklich nicht. Der Biohof Dehlwes aus Lilienthal ist einer unserer ältesten Lieferanten. Schon seit über 30 Jahren.“

„Wir wollen das wirklich gerne noch mehr machen“, betont Anke Grupe-Markschat abschließend. „Aber ich würde mir dafür eine sachliche Diskussion wünschen, bei der alle Beteiligten zu Wort kommen.“ Und das möglichst ohne Emotionen, sondern mehr an der Sache orientiert: „Das wollen wir. Und so kommen wir dahin.“

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