Beschwingte Musik dringt durch den schmalen Türspalt auf die Straße. Eben noch mit der Sonnenbrille auf der Nase unterwegs, dauert es nun einen Moment, bis sich die Augen im Salon Obscura an die gedämmten Lichtverhältnisse gewöhnt haben, die zeitweilig von Laserstrahlen durchbrochen werden. Noch auf der Türschwelle verharrend, drängt sich der Eindruck auf, dass hier ganz offenbar die Zeit stehen geblieben ist. Zwischen aufsteigenden Nebelschwaden zeichnen sich plötzlich die Umrisse des Hausherrn ab, der die Besucher auf charmante Weise in seinem Etablissement empfängt und auf eine wundersame Reise durch Raum und Zeit schickt.
Als aufmerksamer Gastgeber bietet Phil Porter in seiner Basilika im Bremer Viertel, die sich aktuell in ein Hotel der Kuriositäten verwandelt hat, ein Begrüßungsgetränk an. Doch nicht nur der Duft, sondern auch die Zubereitung der Rosenlimonade ist ein besonderes Erlebnis. Vor dem eigentlichen Gaumengenuss wird diese Köstlichkeit in einem Glasgefäß auf behutsame Weise vernebelt. „Rosen sind für mich etwas ganz Besonderes. Auf der einen Seite strahlen sie vor lauter Schönheit, auf der anderen Seite können ihre Dornen sehr verletzlich sein“, erzählt Porter, wobei er erwähnt, dass er darin eine Ähnlichkeit zu seiner Person sieht. Wohl einer der Gründe für seine Rosen-Tattoos, die sich auf seinem Hals entlang ziehen.
Fotograf, Mediengestalter, Künstler, Schauspieler – und das alles in einer Person – verkörpert der 31-Jährige. „Die Leute machen mich zu einer Kunstfigur“, betont er und erklärt, dass alles, womit er sich jetzt beschäftigt, auch schon in seiner Kindheit für ihn von Bedeutung war. Mit viel Liebe zum Detail etwas zu gestalten bereite ihm einfach große Freude. „Meine Eltern hatten ein Hotel in Ritterhude. Vielleicht ist das der Grund hierfür“, gibt Porter zu verstehen.

Die Werke der Bildergalerie können nach der Kunstexpedition erworben werden.
Kreative Ideen brauchen bei der Umsetzung Geduld und Ausdauer – über beides verfügt er. Denn die Vorbereitungen für den Salon Obscura haben ein Jahr in Anspruch genommen. Dafür hat er mit seinem Team, bestehend aus Ben Drücker (Mediengestalter) und Zoe Kollmann (in Ausbildung zur Fotografin), nun einen geheimnisvollen Ort inmitten des belebten Viertels geschaffen, der Zuflucht vor dem Alltag bietet. Sogar die kopflose Hausherrin Madame Obscura, ein mit Rosen geschmückter Staubsaugerroboter, scheint hier eine neue Aufgabe gefunden zu haben. „Sie war die Assistentin eines Varietékünstlers und verlor durch ein Missgeschick ihr Haupt“, so Porter, der seit Jahren den Wunsch in sich trägt ein Schausteller zu sein. In seiner Basilika setzt er seine fantasievollen Ideen um und freut sich, wenn die Besucher seinen künstlerischen Spuren folgen. „Ich baue mir eine eigene Welt, und du bist ein Teil der Story“, sagt er. Dieser Ort ist für ihn eine Mischung aus Museum, Theater und Show, etwas worin er sich wohlfühlt. Und er schätzt es sehr, über das Privileg eines Geschichtenerzählers zu verfügen.
Wer sich im Salon Obscura umschauen möchte, sollte schon ein wenig Zeit mitbringen. Denn zu entdecken gibt es hier reichlich und das in jedem Winkel des Hauses. Doch zunächst erfolgt am nostalgisch hergerichteten Empfangstisch ein Wahrheitscheck durch ein stieläugiges Sicherheitssystem. Erst wenn „Leo“, eine Installation hinter Glas, von der Vertrauenswürdigkeit des Gastes überzeugt ist, wird der Zutritt zu dieser Erlebnisausstellung gewährt. Wann die eigentliche Reise durch die kleine Kunstwelt losgeht, entscheidet der Besucher selbst. Denn erst wenn der Gong am Türrahmen geschlagen wird, öffnet sich das „Labyrinth der 1000 Türen“. Dabei kann es ganz schön unheimlich sein, sich im schwachen Rotlichtschein den Weg zu bahnen.

Die Besucher müssen sich ihren Weg durch die Ausstellung im Schein des Rotlichts bahnen.
„Der Fahrstuhl war schon die aufwendigste Installation“, berichtet Porter. Für den speziellen Showeffekt, bei dem ein Absturz mit dem Fahrstuhl simuliert wird, ist ein Video mit der Stimme von Phil Porter produziert worden. Ventilatoren, Nebel und sprühende Funken unterstützen diese furchteinflößende Installation. Wer sich danach von dem unerwarteten Schrecken erholt hat, kann mit einer ausziehbaren Teleskop-Taschenlampe an den Wänden beeindruckende Fotos bewundern, zu denen Porter jeweils eine Geschichte zu erzählen hat. Erst bei längerer Betrachtung erschließen sich die Bilder im Detail und lassen Raum zur Interpretation. Neben jedem Bild gibt es ein Kästchen, in dem sich kleine Zettel mit Nummern befinden. Diese können am Eingang vorgezeigt werden, um das entsprechende Werk käuflich zu erwerben.
Am Ende der Bildergalerie wartet auf die Besucher noch ein Bälle-Bad, dass es zu überwinden gilt, bevor sich alle wieder am Empfangstresen zur Verabschiedung einfinden. „Wenn ich Leute inspirieren kann, dann ist es für mich das Schönste was es gibt“, betont Porter. Und das weiß man in der Nachbarschaft zu schätzen. Regelmäßig seien bei ihm Kinder zu Besuch, die nur allzu gerne ihre Eltern zu einer kleinen Kunstexpedition mitbringen.
Weitere Informationen
Der Salon Obscura in der Hollerstraße 6 ist dienstags bis sonnabends von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Auf Wunsch können unter Telefon 51 70 25 60 Termine vereinbart werden.
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