Dicke, weiße Flocken, die auf das Dunkel dieser Welt federleicht herabschweben und alles einfach leise zudecken. Diese Schneeflocken haben ganz Bremen für eine knappe Woche in ein Winterwunderland verwandelt. Zwar gab es am gestrigen Mittwoch eine schmuddelige Tauphase, aber laut Wettervorhersage stehen die Chancen gut, dass es noch einmal ein Wochenende in reinstem Weiß geben könnte. Nach der Vorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) wird es in Niedersachsen und Bremen am stärksten schneien. Zwischen Bremen und der Lüneburger Heide sowie südlich von Bremen könnten am Sonntag 20 bis 30 Zentimeter Schnee fallen, sagte Meteorologin Franka Nawrath am Donnerstag in Hamburg. Bei stürmischem Wind seien Schneeverwehungen möglich.
Das wär’s doch, noch einmal dieses Sankt-Moritz-Gefühl mit strahlend blauem Himmel in weiß überpuderter Landschaft und das in der Norddeutschen Tiefebene. Darauf hoffen vor allem die Kinder, die, überall wo es eben ging, nach Herzenslust rodelten.

Lena und Julia haben dick eingemummelt ihren Spaß auf dem Hügel hinter der Galopprennbahn.
Schnee und Eis sind nicht nur Verkehrshindernisse. Schon gar nicht, wenn dieser Tage viele sowieso zu Hause arbeiten und lernen. Die weiße Pracht draußen scheint für kurze Zeit all die Corona-Tristesse wegzuwischen. Und plötzlich war er da: ein Hauch von unendlicher Leichtigkeit des Seins. Zum ersten Mal seit Langem tummelten sich draußen wieder unbeschwerte, lachende Menschen, die das Winter-Wetter einfach nur genossen. Unter schwer beladenen Zweigen nahmen die Kleinsten juchzend eine Dusche im herabrieselnden Schnee. Manche konnten gar nicht genug bekommen, so wurden am Sonnabend Nachtwanderungen im Bürgerpark unternommen, nur um am frühen Sonntagmorgen im Nebeldunst an der Weser den verblassenden Mond und den darauffolgenden Sonnenaufgang zu bestaunen. Als wäre es ein Bild von William Turner, dem wohl bedeutendsten Maler der britischen Romantik, der einst die Kunst revolutionierte.
Die Bremerinnen und Bremer ließen sich von dem Schnee inspirieren. Eine der beliebtesten Herausforderungen der vergangenen Tage: Wer baut den schönsten Schneemann oder soll es doch lieber eine Schnee-Katze oder gar eine Schnee-Schnecke sein? Und wann hat es zuletzt eine Schneeball-Schlacht gegeben? Schon seit Jahren nicht. Klar, dass das in allen Bremer Stadtteilen unbedingt nachgeholt werden musste.
Schneeprinzessin am Wall
Mit etwas Glück konnten die Flaneure sogar eine echte Cinderella am Theaterberg in den Wall-Anlagen entdecken. Mitten im Schnee posierte die Schneeprinzessin für ein Brautmoden- und Abendkleid-Geschäft an der Kulturmeile in einem bestickten Ballkleid aus cremefarbenen Tüll. Lea Mechels trotzte der Eiseskälte mit strahlendem Lächeln. Als ob sie aus der Ferne längst vergangener Zeiten käme, so wirkte die junge Bremerin mit ihrem Diadem im Haar. Fehlten eigentlich nur noch der gläserne Pantoffel und die Kutsche.
Mit etwas Fantasie konnten sich die Bremerinnen und Bremer, die das kulturelle Leben momentan schmerzlich vermissen, in die Zeit zurückversetzen, als das große Bremer Stadttheater hier auf dem Theaterberg 1843 erbaut wurde. Ein Hauch von Musik und das Klirren von Champagnergläsern weht vorüber. Vorbei, 1944 brannte es bei einem Bombenangriff bis auf die Grundmauern nieder. Heute schlummert gleich hinter dem großen Tor die Ägina von Gerhard Marcks. Auch diese Skulptur zeigte sich eingehüllt in einen Mantel aus Schnee. Wer weiß, an diesem Wochenende womöglich aufs Neue.

Lea Mechels als Cinderella am Theaterberg in den Wallanlagen.