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Was aus den Schüler-Tablets wurde Freie Schulen oft im Rückstand

Zigtausende iPads, die für den Heimunterricht im Lockdown beschafft worden sind, sollen nun auch im Präsenzunterricht genutzt werden. Die Lehrer an den freien Schulen hat man dabei bislang nicht berücksichtigt.
11.09.2021, 17:04 Uhr
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Freie Schulen oft im Rückstand
Von Joerg Helge Wagner

Rund 100.000 Tablet-Computer hatte der Senat zu Beginn des Jahres für Bremens Schülerinnen und Schüler beschafft, damit sie während der Corona-Pandemie auch beim Unterricht zu Hause nicht den Anschluss verlieren. Mit einiger Verzögerung erhielten auch die Schulen in freier Trägerschaft öffentliches Geld, um entsprechende Geräte für ihre fast 6900 Eleven zu beschaffen. Wie gut hat die Verteilung von Tablets und Zuwendungen geklappt? Und werden die iPads jetzt auch im Präsenzunterricht genutzt? Was ist mit den Lehrkräften? Wir haben zum Beginn des neuen Schuljahres nachgefragt.

"Selbstverständlich werden die Tablets intensiv im Präsenzunterricht genutzt", sagt Aygün Kilincsoy. Der Sprecher von Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) betont auch, dass die 41 neu geschaffenen Vollzeitstellen zur technischen Unterstützung von Schülern und Lehrern erhalten bleiben sollen. Wegen der hohen Nachfrage nach IT-Fachkräften konnte allerdings erst "gut die Hälfte" dieser Posten besetzt werden: "Weitere Stellen sind derzeit im Auswahlverfahren."

Auch der Schwund bei den Geräten – die Bildungsbehörde rechnete mit einer Anschaffungspauschale von 506 Euro pro iPad – halte sich bislang in Grenzen: "Die Anzahl der defekten und verschwundenen Geräte liegt gegenwärtig deutlich unter einem Prozent der Gesamtzahl" berichtet Kilincsoy. Absolut sind das dann doch einige Hundert Tablets. Wurden die fahrlässig oder gar vorsätzlich demoliert oder verschusselt, haften die Schüler oder deren Erziehungsberechtigte mit dem Zeitwert der Geräte.

Während es offenbar an den öffentlichen Schulen recht reibungslos läuft mit der durch Corona forcierten Digitalisierung, kämpfen viele der 20 Schulen in freier Trägerschaft noch. Zwar wurde auch bei ihnen im vorigen Oktober der Bedarf abgefragt, doch eine konkrete Zusage für Mittel aus dem Bremen-Fonds erfolgte erst Mitte Januar: Danach sollte es sogar 535 Euro Zuschuss pro Schüler-Tablet geben – welches die Schulen dann allerdings selbst beschaffen mussten.

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Doch bis die Mittel tatsächlich flossen, vergingen manchmal Monate – bei den drei katholischen St.-Johannis-Schulen wartet man immer noch. "Der Verwendungsnachweis wurde weit vor den Sommerferien bei der Behörde eingereicht. Bis heute sind keine Mittel bei unserem Schulträger, der Schulstiftung im Bistum Osnabrück, eingegangen", berichtet Schulleiter Jan Andrees Dönch. Trotzdem konnte er am Freitag auch die iPads an die höheren Klassen austeilen. Sie haben wie die Geräte an öffentlichen Schulen Wi-Fi und 128 GB Speicherkapazität. Für seine knapp 1100 Schüler sei St. Johannis dafür mit fast 800.000 Euro in Vorleistung getreten.

Ähnlich lief es an der Freien Evangelischen Bekenntnisschule (FEB). "Damit auch unsere Schülerinnen und Schüler beteiligt werden, haben wir die Anschaffung vorfinanziert und konnten so Anfang März 2021 bereits die iPads schulintern verteilen und nutzen", sagt Vorständin Hanna Trayser. 700.000 Euro mussten also  zwischenfinanziert werden, bis im Mai die Zuwendungen der Schulbehörde eingingen. Im selben Monat erhielt auch das Ökumenische Gymnasium in Oberneuland die öffentlichen Mittel.

"Der Antrag wurde am 26. Januar gestellt. Der Bescheid wurde am 18. März erteilt. Wir haben die Mittel für die iPads am 2. April abgerufen. Die Auszahlung haben wir erst nach mehrmaligem Nachfragen am 18. Mai erhalten", schildert auch Udo Jendroschek, Vorstand des Nebelthau-Gymnasiums in Lesum. Hier trat man nicht in Vorleistung, die iPads befänden sich jetzt "in der Vorbereitung zur Ausgabe". "Bei jedem unserer Anträge gab es Schwierigkeiten", klagt Jendroschek: "Verzögerungen in der Bearbeitung durch nicht auffindbare Anträge oder fehlerhafte Aussagen zum Auszahlungsdatum."

Geschmeidiger lief es offenbar bei der Waldorfschule in der Touler Straße, wo man statt auf iPads vor allem auf Chromebooks setzt, also Notebooks mit dem Betriebssystem Chrome OS von Google. Nach einem Zuwendungsbescheid im Februar habe man zügig erste Chromebooks erworben und eingerichtet, berichtet Geschäftsführer Martin Karsten. Zunächst wollte man jene Schüler versorgen, die nicht über ein Endgerät verfügten. Die restlichen Chromebooks wurden vor den Sommerferien beschafft und werden nun bis zu den Herbstferien ausgeteilt. "Auf die erste Mittelanforderung haben wir zügig Geld erhalten, die zweite Mittelanforderung stellen wir in Kürze", sagt Karsten.

Trotz der Zuwendungen bleibt eine Benachteiligung: Während man für die Lehrerschaft an öffentlichen Schulen nicht nur technische Unterstützung sichergestellt, sondern auch tausende iPads angeschafft hat, gibt es dafür bei den freien Schulen noch keine Förderrichtlinie. "Es macht wenig Sinn, Schüler mit Tablets auszustatten, wenn die Lehrer keine erhalten", kritisiert Schulleiter Dönch. "Deshalb sind wir auch hier in Vorleistung getreten und haben iPads für Lehrer angeschafft." Kleinere Lehranstalten wie das Nebelthau-Gymnasium oder die Waldorfschule sehen sich dazu jedoch nicht in der Lage. Das wird bedauert, denn wie bei den öffentlichen will man auch bei den freien Schulen die iPad-Nutzung fest in den Präsenzunterricht integrieren.

Zur Sache

Ein 55-Millionen-Paket

In zwei Schritten hat das Land Bremen im vorigen Jahr fast 100.000 Tablet-PC der Marke Apple beschafft, um an allen öffentlichen Schulen sämtliche Schüler und Lehrkräfte damit auszustatten. Für 16,7 Millionen Euro wurden in einer ersten Tranche etwa 30.000 iPads für Kinder aus ärmeren Haushalten besorgt. Für Lehrer und Referendare wurden kurzfristig weitere 7680 Tablets gekauft. Für die zweite Tranche von rund 60.000 Geräten veranschlagte der Senat weitere 35 Millionen Euro. Das Geld fließt aus dem Bremen-Fonds, einem kreditfinanzierten 1,2 Milliarden Euro schweren Finanztopf zur Linderung der Corona-Folgen. Aus dieser Quelle und dem Sofortausstattungsprogramm des Bundes (Digitalpakt Schule) hatte die Bildungsbehörde im Januar auch den Schulen in freier Trägerschaft Unterstützung zugesagt, um "mobile Endgeräte für das Lernen auf Distanz" zu beschaffen. Das wären weitere rund 3,7 Millionen Euro – ohne Tablets für die Lehrer.

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