Ruth Isensee aus der Neustadt wundert sich über das neue Kassensystem im Südbad: Seit Mitte Juli gibt es nun Plastikkarten im Checkkartenformat, mit denen die Besucher ins Bad gelangen können. „Früher gab es Pappkarten, mit denen konnte man den Schrank abschließen, die Parkplatzschranke bedienen und das Drehkreuz“, sagt sie. Nun sei die Karte nur noch für den Eintritt da. Vorher habe sie die Pappkarte in den Schrank gesteckt, um den Schlüssel ins Bad mitnehmen zu können, „nun braucht man einen Euro. Das hatten wir vor 20, 30 Jahren schon einmal.“ Für Isensee ist das neue System eher ein Rückschritt, dabei ist es in allen Bremer Bädern installiert worden, um die Schwimmstätten fit für die Zukunft zu machen.
„Wir hatten ein altes Kassensystem, das nicht mehr besonders kundenfreundlich war“, erklärt Martina Baden, Geschäftsführerin der Bremer Bäder. „Wir konnten auf aktuelle Marktentwicklungen so gut wie nicht reagieren: Wir hatten keine Möglichkeit des Onlineverkaufs, keine Verknüpfung zur Homepage und konnten die Besucherzahlen nicht auswerten.“ Gute 20 Jahre sei das alte Kassensystem inzwischen alt gewesen und in Zeiten von Digitalisierung und Datenschutzrichtlinien nicht mehr zeitgemäß. Nach einer europaweiten Ausschreibung habe dann ein österreichisches Unternehmen den Zuschlag erhalten: „Es ist ein tolles Projekt geworden, wir sind sehr zufrieden“, so Baden.
Eintrittskarten im Checkkartenformat
Die neuen Eintrittskarten im Checkkartenformat sind mit einem sogenannten Radio-Frequency-Identification-Chip bestückt. Dieser batterielos betriebene Chip kommt in vielen Bereichen des täglichen Lebens zum Einsatz: Als Diebstahlsicherung im Einzelhandel oder als Mittel zum Funkbezahlsystem in EC- und Kreditkarten. „Diese Karten sind sehr wertig“, sagt Baden und weist auf die Möglichkeiten hin, die diese Technologie bietet, „doch den Schrank öffnet der Chip nicht, da sind wir wieder auf den Euro zurückgegangen.“ Nun mögen jetzt viele Menschen, wie auch Ruth Isensee, sagen, dass das „Back to the roots“ sei, doch das mache laut Baden auch unabhängig: „Sonst müsste man bei einer Aktualisierung auch gleich tausende Schränke aktualisieren. Das macht solche Projekte irrsinnig teuer und nimmt einem auch die Flexibilität, wenn man aktuell bleiben möchte.“ Deshalb gingen auch viele Bädergesellschaften mit vielen Schränken wieder auf die Lösung mit der Münze zurück, die jeder in der Regel habe. „Und wenn man mal keinen Euro dabei hat, kann man sich auch einen Einkaufswagenchip an der Kasse abholen“, so Baden.
Neben all den anderen Bädern in Bremen ist auch das für Abriss und Neubau vorgesehene Westbad mit dem neuen System ausgestattet worden. „Das Kassensystem können wir überall jederzeit einbauen. Alles, was wir jetzt für das Westbad angeschafft haben, wird dann später wieder im Horner Bad und dem Westbad eingebaut. Da kommt nichts weg.“ Das sei das Schöne an solchen Systemen, dass sie digital seien und überall einsetzbar, sagt Baden. Im Unibad sei ebenfalls das Kassensystem eingeführt, Drehkreuze seien dort jedoch nicht installiert worden.
Ein weiterer Anlass zur Kritik stellt für einige Gäste die vermeintlich lange Wartezeit dar. In einem dem WESER-KURIER vorliegendem Brief an die Bremer Bäder beschwert sich ein Badegast über eine mehr als hundert Meter lange Schlange vorm Eingang des Schloßparkbades. Seinen Beobachtungen zufolge funktionierte das Einlesen des QR-Codes auf dem Kassenzettel erst nach mehreren Versuchen. Es habe zu lange gedauert, so dass einige Wartende die Nerven verloren hätten und über die Absperrung geklettert seien. „Unabhängig vom Kassensystem hat es bei gutem Wetter schon immer Warteschlangen vor den Bädern gegeben“, sagt Baden dazu. „Und die Geduld der Menschen nimmt diesbezüglich von Jahr zu Jahr ab.“ Doch auch das beste Kassensystem brauche seine Zeit: „Wir schauen, ob es dort Kinderkrankheiten gibt, und wenn es Beschwerden geben sollte, gehen wir dem nach.“ Ohne Wartezeiten gehe es nicht, meint sie, „wir versuchen aber, das zu minimieren und nehmen das an allen Kassen sehr ernst.“ Bei Freibädern komme dann noch hinzu, dass die Menschen in der prallen Sonne stünden: „Da wird man sicherlich noch mal drüber nachdenken müssen, ob man das anders regelt, etwa mit einem Beschattungssystem.“
Im Südbad sieht Badleiter Mario Lawendel indes zwar auch Kinderkrankheiten – „das bringt ein neues Kassensystem so mit sich“ – doch es werde mit jedem Tag besser. „Wenn die Kunden das erst einmal gelernt haben, finden sie es gut.“