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Ein Auto für viele Nutzer Selbstversuch: Carsharing in Bremen

Aus dem Bremer Stadtbild sind Carsharingautos kaum mehr wegzudenken. Immerhin düsen mehr als 500 von ihnen durch die Stadt. Wie die Ausleihe funktioniert und wie alltagstauglich sie sind, haben wir getestet.
04.02.2023, 06:00 Uhr
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Selbstversuch: Carsharing in Bremen
Von Anja Semonjek

Alle paar Monate gibt es Nachrichten zu neuen Carsharing-Angeboten in Bremen und der Region: „Cambio will in Achim wachsen“ oder „Erste Cambio-Autos ab jetzt rein elektrisch“, zum Beispiel. Hinter dem Anglizismus Carsharing versteckt sich ein Konzept der gemeinschaftlichen Nutzung von Autos. In Bremen gibt es vor allem einen Anbieter, der damit meistens verbunden wird: Die Stationen und Fahrzeuge von Cambio sind sehr präsent.

Cambio ist der größte Anbieter und der einzige mit einem ausgebauten Netz, das über die ganze Stadt verteilt 129 Stationen positioniert hat. Jeweils eine Station haben zudem die Anbieter Flinkster und PMC aufgebaut.

Bremen hat also einige Carsharing-Möglichkeiten in petto – aber können sie auch eine Alternative zum eigenen Auto darstellen? In drei Schritten haben wir das Angebot des größten Anbieters getestet.

1. Die Anmeldung

App runterladen – anmelden – und schon kann es losgehen? Fast. Es braucht zunächst etwas Zeit, um die Infos zur Mitgliedschaft zu lesen. 30 Euro kostet die Registrierung. Dann müssen Nutzer einschätzen, wie oft sie fahren werden. Vielfahrer können sich für einen entsprechenden Tarif entscheiden, der Basis-Tarif kostet nichts. Das Sicherheitspaket für 50 Euro ist optional, dann liegt die Eigenbeteiligung beim Schadensfall aber bei 1200 Euro. Die Online-Validierung des Führerscheins läuft anschließend zügig und problemlos ab – und es folgt die Mitgliedbestätigung.

2. Die Entscheidung – welches Auto möchte ich?

Mitglieder wählen vor jeder Fahrt in der Cambio-App aus, welches Fahrzeug sie ausleihen. Grundsätzlich bietet Cambio zwei Möglichkeiten: stationsbasiertes Carsharing oder das sogenannte Free Floating. Ersteres bedeutet, dass die Autos an Stationen bereitstehen und dorthin auch zurückzubringen sind. Mit den Free Floatern, auch „smumo“ genannt, bietet es ein System an, das von der E-Scooter-Ausleihe bekannt ist: Der Nutzer öffnet die App und sieht in der Karte, wo das nächstgelegene Auto geparkt ist. Dieses kann er kurzfristig ausleihen und wieder abstellen, wo er möchte; es muss nicht an einer Station erfolgen, wohl aber innerhalb des „smumo-Gebiets“. Dabei handelt es sich um eine in der App markierte Fläche rund um den Bremer Stadtkern.

534 Fahrzeuge, davon 14 E-Autos und 24 Hybride, stehen an den 129 Stationen bereit. Vom Kleinwagen bis zum Kleintransporter reicht das Sortiment. Auch 95 Free-Floating-Fahrzeuge gehören zu der Flotte, darunter einige Cabrios mit Faltdach.

3. Die Fahrt

Ein Blick auf die Karte in der App verrät: Zum nächsten Mietauto ist es nicht weit, wenn man zentral wohnt. Bei unserem Test waren sogar drei Autos bloß rund 100 Meter entfernt, davon ein E-Auto. Dieses ist schnell gefunden und gebucht.

Nur ein Hindernis gibt es dann doch, bevor es losgehen kann: Der Renault Zoe E-Tech lädt noch an der Station. Das Stromkabel muss rausgezogen und in den Kofferraum gepackt werden – aber wie? Es lässt sich nicht bewegen. Ein Mann parkte in diesem Moment daneben seinen elektrischen Mercedes und erklärte: Das Ladekabel muss kurz nach dem Öffnen des Autos herausgezogen werden. Gesagt, getan.

Nun klappt es wie am Schnürchen: Der Wagen sieht von innen sauber und gepflegt aus. Auch die Technik ist ausreichend. Es gibt ein Touchdisplay, eine hilfreiche Rückfahrkamera und ein leicht zu bedienendes Automatikgetriebe. Das digitale Display zeigt an, dass der Strom für rund 300 Kilometer reicht.

Zurück an der Station angekommen, vernetzen wir den Zoe E-Tech erneut mit dem Strom. Aber wie lässt sich der Wagen noch mal verschließen – der Schlüssel muss ja bei der Abgabe im Auto bleiben? An dieser Stelle wäre wohl ein Blick in das Bordbuch gut gewesen. Stattdessen drückten wir einen falschen Knopf und der Bordcomputer tut sich schwer, das Auto zu verriegeln. Die Hotline von Cambio ist dafür schnell an der anderen Leitung und hilft bei dem Problem.

Für zwei Stunden war der Zoe E-Tech gebucht und 20 Kilometer legten wir zurück. Das machte 11,67 Euro im kostenlosen Basis-Tarif.

Das Fazit

Das erste Mal ein Auto über eine App ausleihen – das löst Unsicherheiten aus. Tatsächlich steht man mit dem Auto alleine da, ohne eine Person, die die Ausleihe organisiert.
Schon nach dem ersten Mal mit dem Mietwagen haben wir aber dazu gelernt und fühlen uns bereit, es wieder zu probieren. Positiv fällt auf, dass man sich über wenige Dinge Gedanken machen muss, wie über die Parkplatzsuche, die Wartung des Autos oder ums Tanken. Sowohl bei den E-Autos, Hybriden und Verbrennern gehört das Aufladen und Tanken zum Service des Unternehmens.

Für Menschen, die es nicht gewohnt sind, über eine App auf dem Smartphone die Ausleihe zu koordinieren, könnte es allerdings herausfordernd werden. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister.
In einigen Punkten ist Vorsicht geboten, vor allem bei Schadensfällen. Vor jedem Fahrtantritt gilt, das Auto auf Schäden zu prüfen. Diese müssen gegebenenfalls gemeldet werden – und zwar vor dem Start der Fahrt. Der ADAC bietet dazu eine Checkliste an, worauf in diesen Fällen zu achten ist.

Info

Carsharing-Anbieter bundesweit

Wie viele Carsharing-Angebote gibt es eigentlich in Deutschland? Um dies zu beantworten, hat der Bundesverband Carsharing zum Stichtag 1. Januar 2022 Zahlen erhoben: 243 Unternehmen, Genossenschaften und Vereine gab es als Carsharing-Anbieter, hieß es folglich. 30.200 Fahrzeuge standen Nutzern zur Verfügung. Die größten Anbieter nach Flottengröße waren ShareNow, Miles, Stadtmobil, Sixt Share und WeShare. Auf Platz sechs folgte Cambio. Im September 2022 veröffentlichte der Verband zudem eine Städteranking: Wie viele Fahrzeuge pro 1000 Einwohner bereitstehen, wurde eruiert. Bremen landete beim Angebot der stationsbasierten Fahrzeuge auf Platz 14 , bei den Free-Floating-Angeboten Platz 18. Von Stadt zu Stadt unterscheiden sich die Möglichkeiten demnach, je nach Anbieter. Während in Bremen Cambio präsent ist, ist es in Hannover zum Beispiel Stadtmobil.

Cambio Carsharing ist eine Unternehmensgruppe, die in Deutschland und Belgien vertreten ist. Die Holding hat ihren Sitz in Bremen. Ein stetiges Kundenwachstum verzeichnet das Unternehmen, sagt Tim Bischoff, Sprecher von Cambio Stadtauto Bremen. In die Zukunft blicke man positiv gestimmt, da Carsharing einen wichtigen Teil der Mobilitätswende ausmache. „Generell sind unsere Kunden zufrieden, über die Fahrzeuge und den Zustand der Fahrzeuge“, sagt Bischoff. Zwei Kundenanfragen erreiche das Unternehmen am häufigsten: Weitere Stationen und mehr E-Autos wünschen sich die Nutzer. Die Umsetzungen seien zwar in Planung, so Bischoff. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten für den Bau der Ladestationen und der Herausforderung, Parkplätze anzumieten, brauche es jedoch oftmals Geduld.

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