Wer den Jahreswechsel in einer der Bars oder auf den Schiffen an der Schlachte feiern will, muss sich darauf einstellen, dass der Blick nach oben um Mitternacht nicht lohnt. Winternacht statt Farbenpracht: Zwischen Teerhofbrücke und Bürgermeister-Smidt-Brücke wird es dunkel bleiben. Die Arbeitsgruppe, in der sich Vertreter der Ressorts Inneres, Wirtschaft, Gesundheit und Umwelt sowie der Fraktionen der Regierungsparteien Gedanken über Bremens zukünftigen Umgang mit Silvester-Feuerwerken machen, ist zu ersten Ergebnissen gekommen. Und dazu zählt, die Schlachte als neue Verbotszone für die Böllerei einzurichten. Das bestätigte das Innenressort dem WESER-KURIER.
Nach Einschätzung der Polizei gehört die Schlachte und dort besonders der Bereich der Stufenanlage zu den Gebieten innerhalb der Stadt, wo sich in den Stunden rund um den Jahreswechsel viele Menschen drängen – und viele von ihnen unsachgemäß mit Feuerwerkskörpern hantieren. Insbesondere Familien mit kleinen Kindern, teilweise sogar die Kinder selbst, heißt es in einer Antwort des Senats aus dem Sommer auf eine Anfrage von SPD, Grünen und Linken, hätten Silvester 2018/2019 dafür gesorgt, dass die Böller „teilweise in den Menschenmengen abbrannten oder zündeten“. Rechtlich ist die neue Verbotszone im Rahmen des Polizeirechts möglich, denn es besagt, dass Maßnahmen zur Abwehr von konkreten Gefahren – in diesem Fall für die Gesundheit von Unbeteiligten wie Einsatzkräften durch unkontrolliert abgefeuerte Raketen – verhängt werden können.
Die Arbeitsgruppe der Ressorts will darüber hinaus aber auch an die grundsätzliche Regelung für Silvesterfeuerwerke heran, und zwar an das bundesweit geltende Sprengstoffgesetz. Vereinfacht gesagt enthält es die grundsätzliche Erlaubnis für Erwachsene, Kleinfeuerwerke der Kategorie F2 zwischen dem 28. beziehungsweise 29. und 31. Dezember zu kaufen und sie zwischen dem 31. Dezember und 1. Januar abzufeuern. Nicht aber überall dort, wo Kirchen, Krankenhäuser, brandgefährdete Gebäude oder Anlagen sowie Kinder- oder Altenheime in der Nähe sind. Deshalb gibt es in Bremen unter anderem Verbotszonen für den Marktplatz und rund um den Flughafen sowie in Bremerhaven am Zoo am Meer.
Eine Möglichkeit für Städte und Kommunen, privat gezündete Silvesterraketen grundsätzlich zu verbieten, enthält das Sprengstoffrecht hingegen nicht. Seit 2017 wird darüber diskutiert, es in bestimmten Punkten zu ändern, passiert ist das bislang noch nicht. Zuletzt hatte Berlin im Herbst 2019 einen Vorstoß für ein generelles Verbot zumindest in dicht besiedelten Stadtteilen gestartet, konnte sich im Bundesrat aber nicht durchsetzen. Bremen will dort nun nachlegen.
Sicherheit, Umweltschutz, Lärm und Tierwohl
Die Arbeitsgruppe hat in ihren bislang vier Treffen Grundzüge einer Initiative entwickelt. Das Konzept soll bis Ende des Jahres vorliegen. „Wir müssen uns entscheiden, wie wir mit der Knallerei und seinen Folgen künftig umgehen wollen. Mein Ressort hat größtes Interesse daran, diese Diskussion zu führen und vor allem zu Ergebnissen zu kommen“, sagt Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Bei der Diskussion spiele nicht nur der Sicherheitsaspekt eine Rolle, sondern auch der Schutz der Umwelt, Lärmfragen und das Tierwohl.
Die Idee der Arbeitsgruppe „Feuerwerk“: Das Sprengstoffgesetz so zu ändern, dass jede Kommune künftig eigenständig regeln kann, wie sie Silvesterabende regelt. Ob es Einschränkungen geben soll oder nicht, ob es eine zentrale Lasershow oder professionell veranstaltetes Feuerwerk geben soll oder auch private, die wiederum nur auf eigens ausgewiesenen Flächen: Die Möglichkeiten, so der Plan, wären vielfältig, für die Städte aber rechtlich leichter umzusetzen. Im Dezember kommen die Innenminister der Länder in Weimar zur Herbstkonferenz zusammen, dort will Mäurer die Bundesratsinitiative vorstellen und die Meinungen seiner Amtskollegen dazu abklopfen.
Für Bremen hatte die Arbeitsgruppe eigentlich angedacht, in diesem Jahr eine zentrale Veranstaltung mit einem professionell ausgerichteten Feuerwerk anzubieten. Weil aber noch unklar ist, wie die Corona-Situation im Dezember sein wird, wer dann überhaupt wo und mit wie vielen Personen feiern darf, wird es sie nicht geben. Die private Böllerei ist zuletzt immer stärker in die öffentliche Kritik geraten. Auch viele Bremerinnen und Bremer können sich den Jahreswechsel ohne Feuerwerk vorstellen.
In einer repräsentativen Umfrage des WESER-KURIER mit 843 Personen hatten sich 2019 vier von fünf Befragten für ein Böllerverbot ausgesprochen. Bundesweit war laut einer repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstitut You-Gov für das Redaktionsnetzwerk Deutschland im Dezember 2019 eine Mehrheit von 57 Prozent für ein generelles Verbot. 36 Prozent der Befragten wollten an der gewohnten Tradition festhalten, sieben Prozent waren unschlüssig. Umwelt- und Tierschutzorganisationen fordern seit Jahre Verbote vor allem für Innenstädte.