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Sprengung nahe der A 281 So legte die Weltkriegsbombe Bremen lahm

Am Sonntagnachmittag hat die Polizei ein 1000 Kilogramm schweren Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg nahe der Autobahn 281 planmäßig in die Luft gejagt. Die Sprengung legte die Stadt teilweise lahm.
24.07.2016, 23:00 Uhr
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Von Sara Sundermann Jürgen Theiner

Am Sonntagnachmittag hat die Polizei ein 1000 Kilogramm schweren Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg nahe der Autobahn 281 planmäßig in die Luft gejagt. Die Sprengung legte die Stadt teilweise lahm.

Die „Stephani-Bombe“ ist Geschichte. Am Sonntagnachmittag flog der Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg in die Luft – nicht, wie zwischenzeitlich geplant, am Fundort an der Stephani-Brücke, sondern in unbewohntem Gebiet im Niedervieland. Doch lange bevor es knallte, waren die Auswirkungen des 1000-Kilo-Monsters in der Innenstadt zu spüren. Weite Teile der City waren über Stunden nahezu ausgestorben. Rund um den direkten Umkreis von 600 Metern zum Bomben-Fundort, der evakuiert wurde, zog sich der sogenannte Luftschutzraum von anderthalb Kilometern rings um den Sprengkörper an der Stephanibrücke. Das bedeutete, dass die Bremer Innenstadt und zentrale Verkehrsknotenpunkte stundenlang lahmgelegt waren. Rotes Flatterband wurde einmal rund um die City gezogen, an den abgesperrten Zufahrtswegen postierten sich Polizisten und rund 110 ehren­amtliche Helfer des Technischen Hilfswerks Bremen (THW).

„Bitte wirklich niemanden mehr in das abgesperrte Gebiet reinlassen“, diesen Funkspruch bekamen die THW-Helfer nochmal in eindringlichem Tonfall um halb zwei auf ihre Funkgeräte – rund zwei Stunden vor der zunächst angesetzten kontrollierten Sprengung der Bombe im Stephaniviertel. Reisegruppen mit Rollkoffern wurden am Wall aus dem abgesperrten Gebiet herausgelotst, rund um den Dom waren noch ein paar letzte versprengte Touristen anzutreffen. Ansonsten war die Innenstadt mittags leergefegt.

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Helfer und Einsatzkräfte stießen aber an den Absperrungen durchaus nicht nur auf Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen: Zwar bedankten sich auch einige Bremer für den ehrenamtlichen Einsatz am Sonntag. Doch einige hielten sich auch schlicht nicht an die Absperrungen und reagierten auf wiederholte Aufforderungen der Helfer vom THW nicht. „‘Was soll der Unsinn, ich will hier rein‘ – das haben wir auch von Anwohnern und Passanten gehört“, sagte THW-Sprecher Peter Lohmann.

"Ist schon ein mulmiges Gefühl"

Auch einige Partygäste, die noch seit dem Vortag unterwegs waren, hätten sich nicht an die Absperrungen gehalten. Manche Passanten seien aggressiv gegenüber den Sicherheitshelfern geworden, so Lohmann. „Wir sind nicht die Polizei – an mehreren Posten wurden wir überrannt und haben dann die Polizei informiert, dass da jetzt jemand reingeht und sich womöglich selbst in Gefahr bringt.“

Wäre es zur Sprengung am Fundort gekommen, dann hätte die Druckwelle der Explosion möglicherweise auch in dem nicht evakuierten Gebiet dafür sorgen können, dass Fenster springen und Menschen sich durch fliegende Glassplitter verletzen. Deshalb wurden alle innerhalb der 1,5-Kilometer-Zone aufgefordert, im Haus zu bleiben, die Fenster zu öffnen und sich in den Gebäudeteilen aufzuhalten, die vom Fundort der Bombe weiter entfernt sind.

"Man hofft, dass es gut geht"

Zu den rund 2500 Menschen, die im Stephaniviertel vorübergehend ausquartiert wurden, gehörte Petra Otten, deren Reihenhaus fast direkt an die Baugrube grenzt, in der am Freitag der Blindgänger gefunden worden war. „Ist schon ein mulmiges Gefühl“, gab die 68-Jährige zu Protokoll, nachdem sie gegen 9 Uhr den Schlüssel ihrer Wohnungstür umgedreht hatte – ohne zu wissen, in welchem Zustand sie ihr Heim nach der Rückkehr vorfinden würde. Ähnlich empfand ihr Nachbar Dieter Denker. „Ich wohne seit 46 Jahren hier, und es hat in der Gegend schon häufiger Bombenfunde gegeben. Aber so nahe wie diesmal war‘s noch nie“, sagte Denker und fügte hinzu: „Man hofft, dass es gut geht.“

In der Schule am Pulverberg in Findorff hatte bereits um 7.45 Uhr das Deutsche Rote Kreuz eine Notunterkunft für Evakuierte in Betrieb genommen, die nicht anderweitig unterkommen konnten. 21 freiwillige Helfer kümmerten sich dort professionell um die Ankömmlinge. DRK-Einsatzleiterin Jana Beyer war zunächst von 200 bis 250 Personen ausgegangen, später avisierten ihr die Behörde zusätzlich noch rund 200 Flüchtlinge, deren feste Zelte in der Überseestadt ebenfalls in der Sperrzone lagen. Die erste Person, die bereits gegen 8 Uhr das Ausweichquartier des DRK in Anspruch nahm, war die 87-jährige Hildegard Sonntag aus der Kalkstraße. Ihr musste niemand erklären, wie gefährlich eine Bombe ist. Als Kind saß sie in mancher Bremer Bombennacht im Hochbunker Oslebshausen und zitterte mit ihrer Mutter während der Luftangriffe der Alliierten. „Wir haben gehört, wie Bomben runterkamen – ssssss-bumm“, sagte Hildegard Sonntag, das schreckliche Geräusch nachahmend. Damals, im Krieg, sei sie mit heiler Haut davongekommen, auch wenn die Fensterscheiben der elterlichen Wohnung barsten.

Etliche Umleitungen

Wie die anderen Gäste des DRK in Findorff musste die Seniorin am Sonntag bis gegen 14 Uhr ausharren, bevor sie in ihre Wohnung zurückkehren konnte. In dieser Zeit ging im Innenstadtbereich auf Straße und Schiene nichts mehr. So war etwa der Hauptbahnhof bis in den Nachmittag lahmgelegt. „Ab 10.30 Uhr konnten wir den Bremer Bahnhof nicht mehr ansteuern“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Die Züge des Nah- und Fernverkehrs seien ausgefallen, die Strecken von Bremen nach Hamburg, Bremerhaven, Emden und Norddeich-Mole wurden nicht befahren. Nachdem klar wurde, dass die Bombe nicht im Stephaniviertel gesprengt werden sollte, durften die Züge dann wieder rollen. Ab kurz nach 14 Uhr sei der Verkehr auf der Schiene von und nach Bremen wieder aufgenommen worden, so der Bahnsprecher.

Auch innerhalb der Stadt mussten sich viele Bremer etwas einfallen lassen, um von A nach B zu kommen: Viele Straßenbahnen in der Innenstadt fuhren am Sonntag seit 9.45 Uhr nicht. Die Bremer Straßenbahn AG richtete etliche Umleitungen ein. „Unser Problem war, dass mit der Domsheide und dem Hauptbahnhof zwei unserer Hauptknotenpunkte im abgesperrten Gebiet lagen und deshalb lahmgelegt werden mussten“, sagte BSAG-Sprecher Andreas Holling. Auch die Bahnen, die über den Brill fahren, mussten umgeleitet werden. Ab 14.30 Uhr sollte der Straßenbahnbetrieb dann wieder aufgenommen werden – allerdings mussten viele Fahrgäste noch mit Verspätungen rechnen, bis sich alles wieder eingependelt hatte. Zum Teil mussten Bahnen erst aus Depots am Ende der Linien, zum Beispiel in Gröpelingen oder Sebaldsbrück, wieder in die Innenstadt fahren.

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