Die Bremer haben am Wahlsonntag in einem Volksentscheid über die Zukunft der Galopprennbahn entschieden.
Vor einem Wahllokal in der Vahr unterhalten sich am Sonntagvormittag ein paar Leute über die Rennbahn. Viele wohnen in der Nähe der Fläche. So auch ein Mann, der seit mehr als 20 Jahren in unmittelbarer Nähe lebt. Er sagt, der Volksentscheid sei für ihn der Hauptgrund gewesen, zur Wahl zu kommen. Zwar habe er grundsätzlich nichts gegen eine Teilbebauung. Er meint allerdings: „Ich habe Angst, dass es zubetoniert wird.“
Eine vollständige Bebauung fürchtet auch Andreas Sponbiel. Der Sprecher der Bürgerinitiative Rennbahngelände Bremen glaubt: „Es wird am Ende darauf hinauslaufen, dass es sich über die komplette Fläche zieht.“ Das will die Bürgerinitiative verhindern. Sponbiel sagt: „Wir wollen die Fläche der Galopprennbahn gerne erhalten, weil sie eine Sport- und Parkfläche ist, mit so viel Potenzial für Sport-, Freizeit- und Kulturveranstaltungen.“
Die Befürworter einer Bebauung hingegen sagen, Bremen benötige dringend mehr Wohnraum. Ein Bündnis aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren, angeführt vom DGB, hat Anfang April zu einem Nein beim Volksentscheid aufgerufen.
Bernd Siegel (SPD) ist als Sprecher des Beirats Vahr einer der Unterzeichner des Aufrufs für ein Nein. Er setzt sich für eine lockere und gemischte Bebauung ein. Sozialwohnungen, Mietwohnungen, aber auch Einfamilienhäuser sollen auf dem Gelände entstehen. „Ich finde es wichtig, dass die Menschen nicht nach Achim oder Oyten schauen, sondern in Bremen etwas finden, was vergleichbar ist von den Preisen und ihre Steuern auch in Bremen zahlen, wovon wir alle profitieren.“ Hinzu komme, dass weniger Pendler besser seien für das Klima.
Auch die Befürworter der Bürgerinitiative argumentieren mit dem Klima. Die Vahr sei bereits sehr dicht besiedelt. Eine Ausgleichsfläche sei wichtig. „Wir haben hier eine letzte grüne Lunge, die man für diese Region dringend benötigt“, sagt Sponbiel.
"Überpflegte und artenarme Fläche"
Sönke Hofmann vom NABU Bremen und ebenfalls ein Unterzeichner des Bündnisses für ein Nein beim Volksentscheid, meinte hingegen ein paar Tage vor der Wahl: „Die Flächen, die dort sind, sind dermaßen überpflegt und artenarm. Das ist optisch grün, aber inhaltlich eher grau.“ Dürfen auf dem Rennbahngelände keine Häuser entstehe, erhöhe das den Druck auf andere Naturflächen, die ökologisch wertvoller seien.
Nicht nur in den an die Galopprennbahn angrenzten Stadtteilen Vahr und Hemelingen beschäftigt der Volksentscheid viele Menschen. Auch in ihrem Freundeskreis wurde der Volksentscheid vorab diskutiert, berichtet eine 26-Jährige vor einem Wahllokal in Walle. Ähnlich ging es einer Lehrerin, die ebenfalls in Walle gewählt hatte, aber in der Vahr unterrichtet. Sie findet, es sei wichtig, dass Wohnraum geschaffen werde. Dabei müssen Grünflächen aber erhalten werden.
Eine Teilbebauung möchte auch eine Wählerin in der Vahr. Sie fürchtet, dass die Fläche sonst jahrelang brach liegen könnte. Ihr Ehemann wirft ein, er sei da anderer Meinung. So gehe es vielen in ihrem Umfeld. Das Thema werde kontrovers diskutiert im Bekanntenkreis, sagt die Frau, die ebenfalls ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Viele Bekannte seien unentschlossen, welche Lösung besser sei.
Eine Wählerin in Horn-Lehe hofft auf eine integrative Wirkung eines neuen Viertels: „Es ist ein Gelände, dass die Stadtteile auch verbinden wird.“ Vor der Wahl habe sie viel über den Volksentscheid mit ihren Bekannten gesprochen. Der Stimmzettel habe bei einigen Verwirrung gestiftet - wer gegen die Bebauung sei, müsse mit Ja stimmen und wer dafür sei, mit Nein. Was nun mit dem Gelände der Rennbahn passieren wird, erfahren die Bremer erst gegen Ende der Woche. Aufgrund des Wahlrechts, vor der Beiratswahl ausgezählt werden. Das Ergebnis wird voraussichtlich erst ab Mittwoch erwartet.
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