Eva Quante-Brandt, hauptberuflich Professorin an der Universität Bremen und ehrenamtlich Präsidentin des Landessportbundes (LSB) Bremen, durfte sich beim außerordentlichen Sporttag des LSB fast wie in einem Hörsaal fühlen. Die Delegierten folgten von der aufsteigenden Osttribüne der ÖVB-Arena einer Veranstaltung, die nur deshalb keine Vorlesung wurde, weil das LSB-Präsidium den Vereinen und Verbänden die neue Satzung bereits vor einigen Wochen schriftlich hatte zukommen lassen. So reichten am Donnerstag einige erklärende Worte der Präsidentin zum Sinn und Zweck der Satzungsänderung, um deutlich mehr Zustimmung zu erhalten als die erforderliche Zwei-Drittel-Stimmenmehrheit.
"Ich bin zufrieden und auch erleichtert", sagte Eva Quante-Brandt nach einem Sporttag, dessen Verlauf mit Spannung erwartet worden war. Denn am Donnerstag stand in abgespeckter Version das zur Abstimmung, was das Vorgänger-Präsidium im vergangenen Jahr zum Rückzug veranlasst hatte. Unter dem damaligen Präsidenten Andreas Vroom sollte der LSB eine neue Satzung und gleich auch eine neue Struktur bekommen.

Eva Quante-Brandt erläuterte die neue Satzung – es gab dazu keine Nachfragen.
Doch dieses über etwa drei Jahre erarbeitete Konzept sorgte, bevor es überhaupt zur Abstimmung hätte vorgelegt werden können, für so viele Kontroversen vor allem zwischen dem ehrenamtlich geführten Präsidium und Mitarbeitern der hauptberuflichen LSB-Geschäftsstelle, dass das Präsidium im November 2022 zu einer Wiederwahl nicht mehr antrat.
Die neue LSB-Führung um Eva Quante-Brandt steckte in den ersten Monaten ihrer Amtszeit den Großteil der Energie in eine neue Satzung. "Die abgelehnten Strukturvorschläge wurden von uns nicht weiter verfolgt", erklärte die Präsidentin den Delegierten, "der LSB bleibt ehrenamtlich geführt." Und so bleiben die LSB-Gremien bis auf Weiteres auch erhalten wie sie seit Jahren sind. Aber mit den nunmehr beschlossenen Satzungsänderungen erhofft sich die Verbandsspitze, Entscheidungsprozesse künftig beschleunigen zu können.
"Diese Woche ist für uns wegweisend", sagte Eva Quante-Brandt nach der nur 80-minütigen Versammlung. Wegweisend ist sie nicht nur wegen der neuen Satzung, sondern auch wegen einer bedeutenden Personalentscheidung: Am Dienstag, also zwei Tage vor dem außerordentlichen Sporttag, hatte der LSB mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seiner langjährigen Geschäftsführerin Karoline Müller zum 31. Januar 2024 enden werde. Bereits am Tag dieser Mitteilung sei Müller freigestellt worden. Im April hatte das LSB-Präsidium bereits ein Zeichen gesetzt, als es die Geschäftsführung an Müllers Stellvertreter Thomas Kaessler übertragen hatte. Nun soll so schnell wie möglich die Stelle des Geschäftsführers neu besetzt werden.
In einem 60-seitigen Heft in DIN-A4-Format hatte das Präsidium den Vereinen und Verbänden in Gegenüberstellung die alte und neue Satzung, zwei ebenfalls zu beschließende Geschäftsordnungen sowie einen Antrag des ATS Buntentor vorgelegt. Dieses Paket war dem Fachverband Schießen offensichtlich zu umfangreich, um es in Ruhe prüfen zu können. So sorgte dessen Vizepräsident Tom Wille zu Beginn des Sporttags für Irritationen, als er einen Dringlichkeitsantrag stellte – mit dem Ziel, die Abstimmung über die Satzungsänderungen auf den nächsten ordentlichen Sporttag zu verschieben.
Mit der Ablehnung dieses Antrags durch die Delegierten war der Weg schließlich frei für eine zügige Abstimmung, da es nach den Erläuterungen der LSB-Präsidentin weder Fragen noch Wortmeldungen von den Anwesenden gab. Mit 205 Ja-Stimmen von insgesamt 229 Stimmen wurde die Satzungsänderung ebenso klar angenommen wie die beiden Geschäftsordnungen. Sie präzisieren künftig die Tätigkeiten der Geschäftsführung und der Mitarbeiter der Geschäftsstelle. So wird der neue LSB-Geschäftsführer auch der Disziplinarvorgesetzte der Mitarbeiter sein – eine Aufgabe, die bisher das ehrenamtlich geführte Präsidium erfüllte.
Angesichts von 647 möglichen Delegiertenstimmen aus Bremen und Bremerhaven war der Sporttag nur mäßig besucht. Eine hundertprozentige Zustimmung fand der Antrag des ATS Buntentor, demzufolge der LSB die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven auffordert, 100 Prozent der Kosten für Beratung, Planung und Umsetzung von Maßnahmen zu übernehmen, die Vereine für den klimaneutralen Umbau ihrer eigenen Sportstätten ergreifen möchten. Ebenfalls einstimmig wurden mit Claus Böhrnsen (Vorsitzender), Annika Hogenkamp, Sebastian Kröger, Heike Ahrens-Kulenkampff und Klaus-Jürgen Meyer fünf Juristen als LSB-Schiedsgericht gewählt.
Mit den angenommenen neuen Satzungen und Geschäftsordnungen sieht sich der LSB jetzt gut für die Zukunft aufgestellt. Eva Quante-Brandt freut sich zudem, dass der Verband sich endlich wieder um seine wesentlichen Aufgaben kümmern kann und nicht mehr vor allem mit sich selbst befasst sein wird. "Wir brauchen einen klaren Plan für den Breiten-, den Leistungs- und auch den inklusiven Sport", sagte die Präsidentin, die schon in der kommenden Woche ihren Antrittsbesuch beim designierten neuen Sportsenator Ulrich Mäurer (SPD) haben wird. Zugleich schickte die Versammlung einen großen Dank an die scheidende Sportsenatorin Anja Stahmann und Staatsrat Jan Fries (beide Grüne). Mäurer hatte das Amt des Bremer Sportsenators bereits zwischen 2008 und 2015 bekleidet.