Die Bilder von Fußballprofis, die über Weihnachten in Corona-Hochburgen wie Dubai oder den Malediven feierten und nun nach positiven Covid19-Tests für den Rückrundenauftakt der Bundesligen ausfallen, wurden auch im Bremer Amateursport wahrgenommen. Auch Andreas Vroom hat sie gesehen, mit einem verständnislosen Kopfschütteln. Der Präsident des Landessportbundes Bremen (LSB) hofft, dass solche Bilder in der Politik nicht wieder so eine Wirkung erzielen wie zu Beginn der Pandemie, „als manche Bundesligafußballer kein gutes Vorbild abgegeben haben“.
Damals kippte die Stimmung gegen den privilegierten Profifußball, und schnell geriet auch der Breitensport bis runter zum Kinderturnen ins Abseits. Ein harter Lockdown führte in den Anfängen der Pandemie zum Stillstand – und nach wenigen Wochen durften zunächst nur die Berufsfußballer in leeren Stadien ihr Millionengeschäft sichern. Der Rest musste sich seine sportlichen Aktivitäten mühsam erkämpfen. Vroom gehörte zu denen, die für die Vereine und Athleten an der Basis kämpften, in vielen Gesprächen mit der Bremer Politik. Mit Blick auf das nächste Treffen der Ministerpräsidenten am Freitag und daraus möglicherweise folgenden Verschärfungen für Freizeitsportler sagt Vroom nun: „Wir haben den Eindruck, dass es in der Politik inzwischen angekommen ist, dass ein Lockdown für den Breitensport keine gute Maßnahme mehr wäre. Für alle Altersgruppen ist Bewegung auch in der Pandemie wichtig.“
Im Vergleich zu den ersten Infektionswellen hätten alle Seiten dazugelernt, um den Gefährdungen heute „sinnvoll und mit Augenmaß zu begegnen“, meint der LSB-Chef und wünscht sich: „Pauschale Lösungen sollte es für den Sport nur noch in absoluten Notlagen geben.“
Im Landessportbund Bremen sind 395 Vereine organisiert, verteilt auf 50 Sportfachverbände. Dahinter stehen mehr als 140.000 Mitglieder. In dieser großen Gruppe wurde die Pandemie bisher nach Kräften geschultert, weshalb Vroom sagt: „Ich bitte um mehr Vertrauen in unsere Vereine und Übungsleiter. Ich kann sie nur loben, mit welcher Disziplin sie sich in der Pandemie ins Zeug gelegt haben. Ich habe nirgends gehört, dass es in einem Verein größere Ausbrüche gab oder gegen die Regeln verstoßen wurde. Die Trainer und Trainerinnen haben einen mustergültigen Job gemacht, gewissenhaft und aufopfernd. Aus Liebe zum Sport und auch zu den Kindern und Erwachsen, die ihn betreiben.“

Fordert Maßnahmen mit Augenmaß: LSB-Präsident Andreas Vroom.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und zuletzt auch Hamburg gilt für den Breitensport in Bremen bisher nur die 2G-Regel. Aus der Politik ist zu vernehmen: Nach dem Treffen der Länderchefs könnte es auch für den Bremer Sport eine 2G-plus-Regel geben, zumindest für Hallensport. Denkbar wäre aber, dass alle mit einer Auffrischungsimpfung („Booster“) von dieser Regel ausgenommen werden. Sie bräuchten sich nicht zu testen.
Vroom weiß, dass verschärfte Vorgaben immer noch besser sind als ein erneuter Lockdown für den Sport: „Wir werden alles erdulden, was den Sportbetrieb aufrecht erhält. Der Sport hat bewiesen, dass er viel aushält.“ Doch trotz des guten Willens gebe es Grenzen, macht der LSB-Präsident deutlich: „Wenn die Übungsleiter ihre Tests vor dem Training auch noch selber zahlen oder eine halbe Stunde dafür anstehen müssten, neben der Trainingsvorbereitung und der 2G-Kontrolle der Sportler, dann wäre eine rote Linie überschritten. Das wäre ein Schritt zu viel. Irgendwann ist halt auch Schluss, dann macht es keiner mehr mit.“
Deshalb hofft man beim Landessportbund, dass im Falle einer 2G-plus-Regel tatsächlich zumindest alle Personen mit Booster-Impfung von der Testpflicht ausgenommen wären. „Das wäre Teil einer intelligente Lösung, die funktionieren würde“, glaubt Vroom. Die individuellen Unterschiede seien im Sport ohnehin stärker zu beachten: „Wer im Tanzen oder im Ringen mit Partnern aktiv ist, für den sind Tests wichtiger als für Fußballer auf der grünen Wiese.“
Auch deshalb appelliert er dafür, die Maßnahmen und Verbote „mehr vom Menschen aus zu denken“, denn: „Zwei Wochen Quarantäne sind für leidenschaftliche Sportler ein Horror, die brauchen die Bewegung. Und für viele Kinder und die Älteren spielt auch der soziale Aspekt eine wichtige Rolle. Ohne den Sport kämen sie vielleicht gar nicht mehr raus aus ihrer familiären Situation oder Einsamkeit.“ Das sei auch deshalb ein schwieriges Thema, weil es im Gegensatz zu Inzidenzen und sonstigen Werten nicht messbar ist. Vroom: „Der Schaden der Nichtbewegung, körperlich und psychisch, wird deshalb zu wenig beachtet. Dabei leisten die Sportvereine hier fast unbemerkt eine sehr wertvolle Arbeit für die Gesellschaft.“ Man sollte deshalb alles ermöglichen, was nur ansatzweise vertretbar sei.
Wie es für den Breitensport weitergeht, liegt aber auch an den Menschen. Vroom mahnt: „Wenn in einer Herrenfußballmannschaft 20 Prozent immer noch nicht geimpft sind, dann bricht es zusammen. Dann ist der Punktspielbetrieb mit 2G schon nicht mehr zu realisieren.“
Doch deshalb dürfe man nicht der dreifach geboosterten Seniorengruppe ihren Sport untersagen. Die Verhältnismäßigkeit sei entscheidend. Vroom: „Ich würde mir mehr Vertrauen wünschen in das Verantwortungsbewusstsein. Wenn ich draußen Sport treibe, brauche ich kein 2G-plus. Gleichmacherei hilft nicht weiter, die Lösungen in den ersten Wellen waren zu wenig intelligent. Kinder und Senioren machen nicht vorm Fernseher ihre Liegestütze. Deshalb werbe ich dafür, den Sport nicht wieder in einen Lockdown zu schicken.“