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Interview Sportsenator Ulrich Mäurer: "Es ist ein Problem der Verteilung"

Der SPD-Politiker macht Bremer Sportlern keine Hoffnung auf eine rosige Zukunft. Geld für Sanierungen und Neubauten fehlt. Der Sportstudiengang muss erst mal wieder in Schwung kommen, bevor Vereine profitieren.
08.09.2025, 15:03 Uhr
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Sportsenator Ulrich Mäurer:
Von Jörg Niemeyer

Herr Mäurer, die neue Bundesregierung wird viel Geld beispielsweise für die Verteidigung und für Infrastrukturmaßnahmen zur Verfügung stellen. Wann kommt ein auch in Bremen so dringend benötigtes Sondervermögen für den Sport?

Ulrich Mäurer: Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat in seiner Bereinigungssitzung am vergangenen Donnerstag eine Milliarde Euro über vier Jahre für die Modernisierung der Sportinfrastruktur in Deutschland bewilligt. Das hat uns sehr gefreut. Nach dem Königsteiner Schlüssel sind das 9,255 Millionen Euro für Bremen. Das ist eine wichtige Unterstützung für den Sport im Land Bremen.

Dem Sport werden von Politikern so viele positive Eigenschaften attestiert: Er fördere die Gesundheit, das soziale Miteinander, die Integration und einiges mehr. Damit hilft der Sport, an anderen Stellen Geld zu sparen: Wer gesund ist, braucht keinen Arzt. Wer im Verein ist, braucht keine andere Begegnungsstätte. Warum berücksichtigt der Bremer Landeshaushalt diese Eigenschaften nicht mit deutlich mehr Geld?

Was Sie aufzählen, ist alles richtig. Der Sport ist tragende Säule unserer Gesellschaft. Es wäre eine Katastrophe, wenn wir das nicht mehr hätten. Das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche sich bewegen, ist elementar für unsere Gesellschaft. Vor zwei Jahren habe ich als Senator den Sport wieder übernommen auch in der Hoffnung, deutlich mehr Geld zur Verfügung zu haben. Schon meiner Vorgängerin war es nicht möglich, große Sprünge zu machen. Für 2025 habe ich einen Gesamthaushalt von knapp 32 Millionen Euro. Das ist eine ordentliche Summe, aber ich könnte auch das Doppelte ausgeben. Für Investitionen gäbe es genügend Möglichkeiten, bei den Sportanlagen haben wir einen riesigen Sanierungsstau.

Dabei fließen die 32 Millionen Euro gar nicht komplett in den Sport.

Zur Wahrheit gehört, dass davon 17 Millionen Euro allein auf die Bäder entfallen. Das ist mit Abstand der größte Kostenfaktor. 50 Prozent der Ausgaben der Bäder entfallen auf das Schulschwimmen. Eine elementare Sache, bei der es keine Abstriche geben darf. Aber das zeigt, dass wir im Sport auch Dinge abdecken, die im Bildungsressort zu organisieren sind. Leider wird uns das nicht vollständig finanziert.

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Warum kommt nicht mehr Geld aus dem Bildungsressort?

Das ist eine Bremensie. Es war schon so, dass die Bremer Bäder einen Teil der Kosten für das Schulschwimmen selbst getragen haben – mittlerweile liegen die Gesamtkosten aber bei rund acht Millionen Euro jährlich. Darin enthalten sind auch die von den Bädern organisierten und finanzierten Bustransfers. Zudem ist die Qualität in den letzten Jahren durch mehr Zeit im Wasser deutlich gestiegen – das macht das Angebot besser, aber auch teurer. Zwar hat das Bildungsressort seine Zahlungen auf vier Millionen Euro erhöht, doch angesichts der starken Kostensteigerungen reicht das nicht mehr aus. Wir brauchen eine Lösung, um dieses hochwertige Angebot zu sichern – ohne die Qualität zu reduzieren.

Und warum setzen sich beim großen Nutzen des Sports die Politiker nicht zusammen, um dem Sport mehr Geld zukommen zu lassen?

Unsere Haushaltseinnahmen sind leider begrenzt. Würde der Sportbereich aufgestockt, würden andere Bereiche weniger erhalten. Es ist ein Problem der Verteilung. Aber wir hoffen, dass uns die Investitionsmillionen des Bundes in die Lage versetzen, Maßnahmen umzusetzen, die wir bisher immer geschoben haben.

An was denken Sie dabei?

Wir müssen zum Beispiel für das Schwimmbad in Vegesack eine Lösung finden. Dort wollen wir auch während der Neubauphase den Schulsport sicherstellen, weil die Kinder mit Sicherheit nicht zum Westbad in Walle oder noch weiter in Richtung Stadt gefahren werden.

Wie könnte die Lösung denn aussehen?

Der Umbau muss so organisiert werden, dass der Schwimmbetrieb nahtlos weitergeht, während auf der anderen Grundstücksseite der erste Teil des Neubaus errichtet wird. Wenn der Anbau fertiggestellt ist, läuft der Betrieb dort dann weiter. Auf jeden Fall muss das Schulschwimmen in Bremen-Nord zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden.

Ist es denn beschlossen, dass das Freibad in Bremen-Nord wegfällt?

Nein, das ist noch nicht entschieden.

Wird es in Vegesack letztlich eine Verdoppelung der Hallenschwimmfläche geben, wenn der Betrieb während der Bauphase nahtlos fortgesetzt werden soll?

Nein. Aber es soll zu jeder Zeit eine ausreichend große Fläche fürs Schulschwimmen angeboten werden.

Wann ist mit der Fertigstellung des Bades zu rechnen?

Die Planungsphase läuft, aber es geht nicht von heute auf morgen. Realistisch dürfte die Fertigstellung bis 2030 sein. Erst einmal bin ich froh, dass wir mit dem Westbad vorangekommen sind. Allerdings verzögert sich die Eröffnung aufgrund aktueller Bauprobleme. Die Eröffnung des Westbades 2026 würde zugleich bedeuten, dass das Unibad seinen letzten Winter erleben wird.

Ist das sicher?

Man muss erkennen, dass das Unibad nicht mehr zu halten ist, wenn das Westbad fertig ist. Die technischen Probleme des Unibads sind nach 50 Jahren einfach zu groß.

Der Landessportbund beklagt die Bäderlastigkeit des Sporthaushalts. Können Sie die Kritiker verstehen?

Ja, aber wir sollten nicht die Bäder gegen den Sport ausspielen. Debatten, dass andere mehr haben, haben nie zum Ziel geführt. Wir hoffen nun auch auf die beschlossene, aber noch nicht greifbare Sportmilliarde des Bundes. Unsere bremische Haushaltslage ist wie sie ist, Umverteilungen sind da sehr schwierig.

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Von der Sportmilliarde bekommt Bremen aber ja nur einen kleinen Teil. Der wird vermutlich nicht wirklich weiterhelfen, um grundlegende Probleme zu lösen, oder?

Das gilt leider für alle diese Maßnahmen.

Schwimmvereine befürchten, dass sie wegen immer knapper werdender Wasserflächen ihr Angebot kaum noch aufrechterhalten können. Wie ist der Engpass zu beseitigen, der durch den gleichzeitigen Bedarf von Vereinen, Schulen und der Bädergesellschaft besteht?

Es gibt seit Jahren die Verteilung, dass die Schulen 50 Prozent der Zeiten bekommen, die Öffentlichkeit und der Vereinssport je 20 Prozent und zehn Prozent Puffer für die Übergangszeiten sind. Daran halten wir fest, das ist eine faire Aufteilung der Zeiten und damit der Wasserflächen. Da sind wir bei den Vereinen in der Pflicht.

Aktuell ist gerade wieder die Nutzung des ehemaligen Galoppsportgeländes in der Vahr im Gespräch. Die Wirtschaftssenatorin würde dort, entgegen einem Volksbegehren, gerne Wohnungen bauen lassen. Ist der Traum der bremischen Sportszene, dort eine Sporthalle mit einer Kapazität für etwa 2000 Zuschauer zu bekommen, damit endgültig ausgeträumt?

Fakt ist, dass die Fläche seit dem Volksentscheid mehr oder weniger vor sich hindümpelt. Ich habe sehr viel Sympathie dafür, dort auch Wohnungsbau zu machen, obwohl er gegenwärtig nicht auf der Tagesordnung steht.

Frau Vogt hat das Thema aber angesprochen.

Wir benötigen in Bremen bezahlbare Wohnungen. Ich kann mir vorstellen, dass man auf dem riesigen Areal hinsichtlich der Nutzung eine vernünftige Kombination hinbekommt. Die Alternative, das ganze Areal liegenzulassen, halte ich für die schlechteste Lösung. Trotz aller Pläne, die es für das Gelände gibt, habe ich bisher niemanden gesehen, der die finanziellen Mittel für die Projekte zur Verfügung stellt. Das gilt auch für die Sportprojekte wie eine Arena.

Der Wunsch nach neuen Sportstätten ist das eine, die Instandhaltung bestehender Einrichtungen das andere. Welche Hoffnungen auf Besserung machen Sie denen, die zum Teil in jeder Sportstunde den maroden Zustand ihrer Anlage erleben und beklagen?

Es gibt viele Sportanlagen, die funktionsfähig sind. Und wir haben die neue Sechs-Feld-Halle in der Ronzelenstraße. Es ist immer ein Spagat zu schauen, welche Anlage saniert werden muss. Unsere Priorität ist, die Funktionsfähigkeit der Sportstätten zu erhalten.

Aber vor allem in Schulsporthallen, die vom Bildungsressort unterhalten werden, gibt es oftmals erhebliche Mängel.

Ich vermute, dass es auch im Bildungsressort nicht an gutem Willen mangelt, die Hallen schöner zu machen. Man kann leider nicht beliebig viele Hallen gleichzeitig sanieren.

Die Abschaffung des Studiengangs Sport an der Uni Bremen hatte im vergangenen Jahrzehnt Sportvereine und den Schulsport vor massive Probleme gestellt – Stichwort: Mangel an Übungsleitern und Lehrern. Bis der wieder eingeführte Studiengang Personal zur Verfügung stellt, dürfte es einige Zeit dauern. Wäre diesbezüglich zum Beispiel die Erhöhung der Übungsleiterpauschale nicht ein gutes Signal an die Vereine?

Die Einstellung des Studiengangs war ein großer Fehler. Nun dauert es eine gewisse Zeit, bis sich der neue Studiengang entwickelt. Für die zukünftige Sportlandschaft ist es wichtig, dass wir wieder einen Sportstudiengang haben. Den Zuschuss zur Vergütung für die Übungsleiter haben wir erst zu Beginn dieses Jahres auf fünf Euro pro Stunde erhöht, das war schon ein kleiner Kraftakt. Und der finanzielle Spielraum ist nun nicht größer geworden.

Leistungssport und Bremen: Diese Kombination passt, abgesehen vom Fußball, von der Rhythmischen Sportgymnastik – Stichwort: Bundesstützpunkt an der Uni –, vom Frauenhockey und vom Tanzen, nicht wirklich zusammen. Können Sie zumindest der Sportbetonten Schule Ronzelenstraße Hoffnung machen und Unterstützung geben, endlich den Titel Eliteschule des Sports zu bekommen?

Verdient hat sie das allemal. Ich kann die Begründung der Ablehnung des Antrags kaum nachvollziehen. Aber wenn etwas schiefgeht, muss man nachsetzen. Ich glaube, dass die Schule ihr Ziel erreichen wird, wenn sie auch die entsprechende Unterstützung in den Fachverbänden hat. Wir haben in Bremen die Situation, dass sich junge Sportler hier entwickeln, sie aber zu großen Zentren wechseln müssen, wenn sie ihr Ziel erreichen möchten. So ist das System in Deutschland aufgebaut: Wir legen die Grundlagen und sehen dann, dass die Bremerinnen und Bremer sozusagen unter falscher Flagge erfolgreich sind. Das tut immer weh, geht jedoch kaum anders.

Wie sieht der Senat eine eventuelle deutsche Olympiabewerbung, wie könnte sich Bremen gegebenenfalls daran beteiligen?

Angesichts unserer Haushaltslage finde ich niemanden, der Millionen geben würde, um erst einmal die Planungen für so eine Beteiligung zu finanzieren. Außerdem hat Bremen im Gegensatz zu anderen Städten außer dem Weserstadion keine Einrichtung, die für Olympische Spiele geeignet wäre. Das Geld für derartige Planungen würden wir verbrennen.

Das Gespräch führte Jörg Niemeyer.

Zur Person

Ulrich Mäurer (74)
ist studierter Jurist und Mitglied der SPD. Seit Mai 2008 ist er Bremens Innensenator. Bis 2015 und erneut seit 2023 ist Ulrich Mäurer auch Sportsenator. Vor einigen Wochen hat er angekündigt, zum Jahresende aufzuhören.
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