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German Beach Tour in Bremen Lokalmatadorin Chenoa Christ: Beach-Träume außerhalb des Systems

Als Nummer eins der Setzliste schlägt an diesem Freitag Chenoa Christ bei der German Beach Tour auf. In Bremen hatte sie einst mit Beachvolleyball begonnen. – und verfolgt konsequent ihren ganz eigenen Weg.
12.06.2025, 14:27 Uhr
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Lokalmatadorin Chenoa Christ: Beach-Träume außerhalb des Systems
Von Olaf Dorow

Sie sagt am Telefon "Hallöchen". Oder "alles klärchen". Sie ist ein lebensfroher Mensch, sie versprüht sofort gute Laune. Ihr Naturell hilft Chenoa Christ schon mal sehr, mit einer nicht ganz einfach erscheinenden Situation umzugehen. Sie ist Beachvolleyball-Profi, so wie ihr Verlobter Robin Sowa. Noch in diesem Jahr wollen sie heiraten. Olympia 2028 ist ein Traum, aber auch weit weg. Vor einem halben Jahr seien sie beide aus dem Fördersystem des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) geflogen, erzählt die Athletin, die einst in Bremen mit dem Beachvolleyball begann. An diesem Freitag bestreitet sie ihr erstes Spiel bei der German Beach Tour an der Bremer Waterfront.

In Hamburg könne sie nur noch ausnahmsweise am Stützpunkt trainieren. Chenoa Christ, 24 und für den Leistungssport freigestellte Polizeikommissarin, gibt ein gutes Beispiel, wie man mit einer eher nicht so guten Situation umgehen kann. Sie ist weder verbittert noch verbiestert. Sie sagt im Gegenteil: "Ich bin gesund und fit und sehr glücklich im Leben." Sie liebe ihren Sport, er gebe ihr so viel. So viel Adrenalin, so viel Dopamin. So viel geteilte Emotionen, wenn es auf den Tribünen rumort. Sie mag sich nicht aufreiben an den Kommentaren, die sinngemäß sagen: In der Rangliste bist du immer noch nicht ganz vorn, das schaffst du einfach nicht.

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Gerade hat sie sich in ein neues Projekt gestürzt. Sie ist die erfahrene Blockspielerin, seit mehr als einem Jahrzehnt in der Szene unterwegs – und hat sich mit der 16-jährigen Anna-Chiara Reformat zusammengetan. Chenoa Christ will die junge Mitspielerin fördern, sie in ihrer Entwicklung unterstützen. Auch das gebe ihr viel, sagt sie. Dass sie selbst derzeit kaum vom Fördersystem des Verbandes profitiert, habe sie kreativ werden lassen. "Wir laufen ein bisschen außerhalb des Systems, aber nicht gegen das System", sagt sie. Mit ihrem Verlobten, dem Sportsoldaten Robin Sowa, habe sie ihren eigenen Sportkosmos aufgebaut. Sie arbeitete eng mit dem Trainer Mattis Lehmann zusammen, mit dem SV Bramfeld habe sie einen Verein gefunden, "der uns sehr hilft".

Ohne funktionierende Infrastruktur ließe sich das Sportlerleben auf ihrem Leistungsniveau kaum leben. Aktuell wird sie in der deutschen Rangliste auf Platz elf geführt. 2024, erzählt sie, hätten sich die Ausgaben für Reisen, Court-Buchungen, Ausrüstung, Physiotherapeuten oder Sportpsychologen auf rund 40.000 Euro summiert. Das will mit Prämien und kleineren Sponsorenverträgen erst mal reingeholt werden. Die Ausgaben seien oft höher als die Einnahmen, gibt sie zu. Doch Chenoa Christ sieht das so: "Ich fühle mich privilegiert, dass ich die Chance auf den Leistungssport habe."

In Bremen tritt sie gemeinsam mit der Kielerin Anna Behlen als Nummer eins der Setzliste an. Und als Lokalmatadorin: Sie hat eine Bremer Volleyball-Vergangenheit. Als sie zehn war, zog die Familie nach Stubben bei Bremerhaven – und schon bald landete sie bei Bremen 1860 und Trainer Axel Thuernagel. Der Verband hatte Mädchen für den Volleyball-Landeskader gesucht. Dem Kader gehörte sie lange an, auch als sie später aufs Internat in Münster wechselte. In Bremen bei Axel Thuernagel hätte sie auch mit der Disziplin Beach angefangen, sagt sie. Mit der Trainer-Tochter Anna sei sie jahrelang auf die Jugendturniere gefahren.

Die Entscheidung, es als Beach-Profi zu versuchen, sei nach dem Abi gefallen, mit 19. Chenoa Christ wechselte an den Olympiastützpunkt Stuttgart. Doch "nur" Sport, das sei ihr zu langweilig gewesen, sie sei halt ein Mensch, "der gerne viel macht". Sie wählte den dualen Weg: Leistungssport einerseits, Ausbildung andererseits. Neun bis zehn Trainingseinheiten pro Woche, komplettes Programm an der Polizeiakademie in Hessen. Viereinhalb Jahre dauerte es, bis sie Polizeikommissarin war. "Es war eine Zeit mit wenig Schlaf", sagt sie, "aber ich konnte das gut verkraften." Zufriedenheit und Sicherheit waren quasi der Lohn für die anstrengenden Jahre. Sie hat eine existenzielle Absicherung sowie berufliche Perspektive, ist aber zu hundert Prozent freigestellt und kann ihren Sport-Traum leben.

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Zu ihrem Sport-Traum gehört der spezielle Charakter ihrer Disziplin. Sie sieht das so: Weil man im Zweierteam spielt, sei man zu 50 Prozent selbst dran schuld, was wie passiert. "Es hängt so viel von mir ab", sagt sie. Mental müsse man ständig ans Limit gehen. Sie möge das. An diesem Freitag an der Waterfront ist ihr erstes Spiel für 12.30 Uhr angesetzt. Familie und Freunde werden da sein, und dass ansonsten niemand sie anfeuern wird, braucht man sich wohl nicht vorzustellen. Bei Instagram hat sie mehr als 3500 Follower. Vor zwei Wochen in Hamburg war sie, zusammen mit Shana Zobrist, im Viertelfinale gescheitert. "Jetzt wollen wir mal schauen, wie wir das verbessern", sagt sie. Chenoa Christ denkt immer positiv.

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