Voll und bunt wird es an diesem Sonnabend wieder werden am Weserwehr. Zum siebten Mal findet der Bremer Brückenlauf statt. Mehr als 700 Menschen haben sich für die verschiedenen Strecken angemeldet, das Programm wartet neben den klassischen Rennformaten erneut mit solch lustigen Angeboten wie dem sogenannten Unterwäschelauf auf, oder dem High-Heels-Lauf. Doch etwas wird anders sein diesmal, und lustig ist es auch nicht. Überhaupt nicht.
Die Veranstalter, Thomas Hendrik Adick und Herwig Renkwitz von der Agentur "bremenRAcing", wollen eine Schweigeminute in das Veranstaltungsprogramm einbauen, zum Gedenken an Utz Bertschy. Der Mann, der in den vergangenen Jahrzehnten die Bremer Laufszene so sehr geprägt hat wie kaum ein zweiter, ist am Donnerstag der vergangenen Woche ums Leben gekommen. Unterwegs mit seinem Motorrad, verlor er laut Polizeibericht an der Kurve der Einmündung in die Garlstedter Straße die Kontrolle über sein Fahrzeug und kam von der Fahrbahn ab. Am Ende habe er mit lebensgefährlichen Verletzungen auf einer Grünfläche gelegen. Ein Rettungsdienst brachte ihn ins Krankenhaus, wo er kurz darauf verstarb. Utz Bertschy wurde 56 Jahre alt. Als engste Familienangehörige mussten zwei Schwestern sowie seine Mutter informiert werden.
Der Name Utz Bertschy ist in Bremen eng verknüpft mit dem Bremen-Marathon. "Er hat den Marathon letztlich nach Bremen zurückgeholt", sagt sein Freund Stefan Pinkus. Zwischen 1992 und 2005 war der große Lauf ausgefallen, der traditionell Anfang Oktober Tausende Menschen anlockt, kurz vor den Schlusskilometern durchs Weserstadion führt und schließlich vorm Rathaus endet. Gemeinsam mit Herwig Renkwitz war Utz Bertschy quasi derjenige, der das lange stillgelegte Veranstaltungsformat wieder ins Rollen brachte. "Er hat sich ohne Frage große Verdienste um die Laufszene erworben", sagt der frühere Werder-Manager Willi Lemke. Auch die von Bertschy veranstaltete Winterlauf-Serie sei große Klasse.
Willi Lemke kennt Utz Bertschy schon so lange, dass er gar nicht sagen kann, wie lange schon. Irgendwann habe Bertschy halt zum inneren Kern einer privaten Laufgruppe gehört, die sich am Sonntagmorgen im Hause Lemke in Schwachhausen traf und von dort zur großen Joggingrunde durch den Bürgerpark aufbrach. "Er war ein hilfsbereiter und freundlicher Mensch, immer voller Ideen", sagt Lemke, "er hat uns immer wieder motiviert." Er sei bestimmt vier- oder fünfmal den Bremen-Marathon mitgerannt, sagt der ehemalige Senator, und sehr oft auch Bertschys Winterlaufserie.
Thomas Hendrik Adick kann das mit der Motivation nur bestätigen. "Utz hat sehr viel für den Laufsport getan. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, selbst Laufveranstaltungen zu organisieren." Nicht nur, aber vor allem Bertschy sei quasi "Schuld" daran, dass er begann mit dem Engagement, das Leute in Bewegung bringen sollte. Die Winterlauf-Serie sei in Bremen Kult geworden. Herwig Renkwitz, der seit einem Jahr als Präsident auch an der Spitze des Bremer Leichtathletik-Verbandes (BLV) steht, sagt über seinen früheren Partner Utz Bertschy: "Er war ein toller Mensch mit vielen Ideen."
Bertschys wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten sich in der Corona-Pandemie verschärft. Reihenweise wurden seine Laufveranstaltungen wegen der Ansteckungsgefahr abgesagt. Hinzu kamen Vorwürfe von Geschäftspartnern. Sie betrafen sozusagen Bertschys Achillesferse als Manager. In der Szene galt er als guter Organisator, Motivator, Ideen- und Impulsgeber. Als guter Kaufmann galt er jedoch nicht. 2021 machte die SWB, Haupt- und Namenssponsor des Bremen-Marathons, im Verbund mit anderen Sponsoren und Dienstleistern ihre Unzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit dem Laufexperten öffentlich. Bertschy, beziehungsweise der von ihm betriebene Marathon Club Bremen (MCB), war sein größtes Event los: zunächst als Veranstalter, später auch als örtlicher Ausrichter. Der Bremer Leichtathletik-Verband und die Firma Spospom von Bremen 1860 übernahmen. Folge: eine auch öffentlich ausgetragene Affäre mit Marathon-Ankündigungen verschiedener Anbieter für denselben Tag, Anwaltsschreiben, gegenseitigen Schuldzuweisungen.
"Ich würde mir wünschen", sagt Stefan Pinkus, "dass sein Name in der Öffentlichkeit anders in Erinnerung bleibt, als er zuletzt dargestellt wurde." Utz Bertschy habe eine große Leidenschaft für den Sport gehabt und praktisch Tag und Nacht dafür gearbeitet. Als finanzieller Förderer und zweiter Vorstand des Marathon Clubs, sagt Pinkus, arbeite er daran, die Ideen und Projekte seines Freundes fortzusetzen. "Vielleicht", sagt er, " kann es ja irgendwie weitergehen mit dem MCB." Und vielleicht, überlegt er noch weiter, "kann man auch so etwas wie eine Utz-Bertschy-Stiftung ins Leben rufen." Damit der Name nicht in Vergessenheit gerate.