Kinder und Wandern? Das klingt zunächst nach einem Widerspruch. Eine Kombination, die oft nicht gut funktioniert. Wandern ist für viele Kinder mit Langeweile und dem alleinigen Vergnügen der Eltern besetzt. Utz Bertschy vom Marathon Club Bremen und der Sportlehrer Ralf Dornbusch wollen diesem Klischee etwas entgegensetzen. Die Idee nennt sich Winterwanderthon. Sechs unterschiedliche Wanderetappen à 20 Kilometer. Das Ziel: Kinder für Bewegung begeistern.
Dem Findorffer Oberschullehrer Dornbusch ist bewusst: "Von selbst werden die Kinder nicht wandern. Irgendwer muss sie an den Start bringen." Da sieht er sich als Lehrkraft und insbesondere als Sportlehrer selbst in der Pflicht. Gemeinsam mit Utz Bertschy vom Marathon Club Bremen möchte er während der Wintermonate für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern einen Motivationsimpuls liefern. Das soll gelingen, indem die Wanderserie durch das Bremer Umland als sportlicher Wettbewerb für Schulen ausgetragen wird. "Wandern mit Ziel", sagt Dornbusch. Das Bild, dass Wandern eine quälende Fortbewegungsmöglichkeit ist, soll weg.
Sportwettbewerb für Schulen
Beim Cup der Schulen kann sich jede Bremer Schule anmelden, vorausgesetzt die Kinder sind mindestens zehn Jahre alt. Die gewanderten Kilometer werden pro Schule zusammengezählt, und die Schule, die am meisten Kilometer zusammenbringt, gewinnt den Cup. Die Kilometerleistung wird dabei in Relation zur Schüleranzahl gesetzt. Unabhängig davon können auch alle anderen Interessierten die sechs Rundkurse wandern. Pro Etappe erhebt der Veranstalter eine Startgebühr von 10 Euro für Kinder und 20 Euro für Erwachsene. Es gebe jedoch auch private Sponsoren, wie Dornbusch selbst, die Teilnehmer unterstützen, die das Geld nicht aufbringen können.
Der ehemalige Leistungsturner Dornbusch hatte den Bewegungsmangel während der Corona-Pandemie zunächst bei sich selbst festgestellt. Der wissenschaftlichen Erkenntnis "Der Mensch ist geboren, um 40 Kilometer zurückzulegen" folgend, beschloss er von Freiburg nach Bremen zu wandern und dabei täglich 40 Kilometer zu gehen. Er erzählte seinen Schülern und Schülerinnen von seiner Reise. Sie waren beeindruckt. Die Aufmerksamkeit hatte er also schon einmal. Dann überlegte er mit seinen Schülern und Schülerinnen, was sie wohl schaffen würden – und sie probierten es aus. Siehe da, 20 Kilometer Wandern bewältigten die Kinder ohne größere Probleme. Damit hatte der Lehrer sie. Das Feedback war rundum positiv: Naturerlebnis, sportliche Herausforderung und Erfolg, schöne Gemeinschaftserfahrung.
Niedrigschwelliger Einstieg
"Wandern kann jeder aus dem Stand machen", sagt Dornbusch und betont damit den niedrigschwelligen Einstieg in diesen Sport. Es wäre weitaus schwieriger, Kinder für einen 10-Kilometer-Lauf zu motivieren und zu trainieren. Mit den 20 Kilometer langen Wanderungen im Bremer Flachland möchte Dornbusch Bewegung wieder neu erfahrbar machen. "Der Körper wärmt auf, ohne dass er direkt ins Schwitzen kommt." Es würden natürlich nicht so viele Kalorien verbrannt wie beim Joggen, aber an erster Stelle stehe das grundsätzliche Bewegen sowie das Gemeinschaftserlebnis. Ein weiterer Aspekt sei bei den Jugendlichen, abseits des Smartphones, die Vorzüge direkter Kommunikation wieder aufleben zu lassen.
Bremer Umland erleben
Beim Wandern findet die Bewegung in der Natur statt. Und das sei ein wichtiger Anreiz, so Dornbusch. "Ich wandere mir Bremen fit." Bremen und sein Umland erleben und neu kennenlernen. Start und Ziel der sechs Rundkurse ist stets der Unisee. Die Metalhenge-Runde (6. November) geht durch Walle, Gröpelingen und über den Müllberg. Die Bürgerrunde (4. Dezember) führt um den Achterdieksee nach Oberneuland und Horn sowie an der Universität vorbei. Die Faulenrunde (8. Januar) verläuft durch den Bürgerpark, Findorff, Woltmershausen und Teerhof. Die vierte Etappe (12. Februar) führt durchs Blockland und geht an den Schleusen Dammsiel und Kuhsiel vorbei. Die Werder-Runde (12. März) verläuft durch den Bürgerpark, entlang des Werdersees am Wehrschloss vorbei bis nach Hulsberg. Die letzte Etappe, die Hollerland-Runde (2. April), geht durch Borgfeld und das westliche Hollerland.
Dornbusch betrachtet sorgenvoll, dass sich immer mehr Kinder kaum noch bewegen. Er sieht Lehrkräfte und Eltern in der Verantwortung, Kinder zu motivieren und zu inspirieren. Für den Winterwanderthon könne sich jeder anmelden. Neben der 20-Kilometer-Strecke gebe es auch leichtere Versionen von fünf und zehn Kilometern Länge. Wichtig seien noch ein festes Schuhwerk – Wanderschuhe brauche es nicht – und wetterfeste Kleidung.