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Bremer Nachwuchssegler Mit dem Löwen durch den Sturm

Zum größten Offshore-Rennen der Welt im Keltischen Meer sind auch fünf Bremer Nachwuchssegler angetreten. Bereits die Überfahrt zum Start stellt das Team vor eine Herausforderung: Ihr Steuermann fällt aus.
18.08.2023, 16:00 Uhr
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Mit dem Löwen durch den Sturm
Von Emil Stock

Fünf Tage, zwei Stunden, 14 Minuten und 43 Sekunden haben Frederick Nabor, Gyde Hansen, Paul Essenberger, Jari Krebs und Carolin Bosselmann gebraucht, um das größte Offshore-Rennen der Welt im Keltischen Meer abzuschließen: das Fastnet Race. Mit der korrigierten Zeit, die etwa sieben Stunden mehr umfasst, landete die Besatzung des "Löwen von Bremen" der Segelkameradschaft "Das Wappen von Bremen" (SKWB) auf dem insgesamt 113. Platz – ein beachtliches Ergebnis. Auf die 650 Seemeilen lange Regatta durch den Ärmelkanal bis zur Spitze Irlands und wieder zurück waren etwa 450 Schiffe gestartet. "Das Rennen ist navigatorisch sehr anspruchsvoll und das keltische Meer ist sehr schroff", erklärt die 23-jährige Bosselmann die Besonderheiten des Fastnet Race. Sie war während des Rennens vor allem für die Navigation verantwortlich.

Die Idee, an dem Rennen teilzunehmen, sei in der vergangenen Saison entstanden. "Im Winter haben wir dann mit etwas Glück einen Startplatz bekommen", sagt Nabor, Skipper des Bootes. Denn die Plätze sind schnell vergriffen. "Das ist mit das Tolle am Fastnet. Es gibt viele Startplätze für 'Amateure', die dann natürlich sehr begehrt sind", ergänzt Bosselmann.

Zusammenhalt ist entscheidend

Wichtig bei einem so anspruchsvollen Rennen sei die richtige Crew. "Wir kannten uns alle aus dem Verein und aus der Saison", erklärt der 21-jährige Nabor. Er ist der Jüngste der Besatzung. Bosselmann gehört gemeinsam mit Hansen zu den beiden Ältesten. Ursprünglich wollte der Segel-Nachwuchs das Rennen zu sechst bestreiten. "Während eines Stopps auf der Überfahrt von Bremerhaven zum Starthafen in Cowes hat sich unser Steuermann aber den Fuß gebrochen", erzählt Nabor. Kurz hätte die Mannschaft darüber nachgedacht, einen Steuermann nachzuverpflichten. "Das hätte die Dynamik im Team aber vermutlich gestört." Außerdem hätte derjenige die nötigen Qualifikationen haben müssen.

"Um an den Start gehen zu dürfen, mussten wir in einem Trainingszentrum Übungen mit Rettungsinseln und einer Helikopter-Rettung machen", berichtet Nabor. Auch musste mindestens ein Crewmitglied einen erweiterten Erste-Hilfe-Kurs nachweisen, falls auf der Fahrt etwas passieren sollte. "Auf dem Meer dauert es, bis Hilfe kommt. Da braucht man einen, der eine Infusion legen kann", sagt Nabor.

Härtetest zu Beginn des Rennens

Der Start ist bei diesem Rennen sehr eng. Bereits dort hätten die ersten Boote dem Rennen Tribut zollen müssen. "Ein Schiff hat seine Rettungsinsel verloren und wir wussten erst nicht, ob es eine Panne oder ein wirklicher Notfall war", berichtet Bosselmann. Wenn es ein Notfall gewesen wäre, hätte die Mannschaft eventuell eingreifen müssen. "Auf dem Meer ist man immer verpflichtet zu helfen, wie im Straßenverkehr eigentlich auch", sagt Nabor. Es müsse nur abgewogen werden, ob man schnell genug helfen könnte, oder ob ein Helikopter nicht schneller wäre. "Mit der Entscheidung waren wir sehr oft konfrontiert." Vor allem Bosselmann, die am Navigationsgerät und am Funk war, hat noch viel Mayday-Rufe in Erinnerung: "Ein Boot hat gleich in der ersten Nacht seinen Mast verloren."

Die erste Nacht sei auch gleich die härteste gewesen. Drei Meter hohe Wellen und Wind mit Geschwindigkeiten bis zu 40 Knoten (knapp 75 Kilometer die Stunde): "Dass der Wind so stark wird, war allen klar. Davor hat die Rennleitung alle Teilnehmer gewarnt", sagt Nabor. Dennoch mussten in und nach der ersten Nacht über 100 Boote das Rennen bereits aufgeben. Und auch der Löwe von Bremen ist nicht ganz unbeschädigt durch die Nacht gekommen: "Wir hatten einen kleinen Schaden an unserem Großsegel, das konnten wir aber in den folgenden Tagen reparieren", berichtet der Skipper. Bei den vielen Notrufen habe sich die Crew dennoch häufiger gefragt, was genau sie da mache. "Angst hatten wir aber keine. Eher eine Grundanspannung, aber die braucht man auch, wenn man schnell viele Entscheidungen treffen muss", sagt Bosselmann.

Nach etwa eineinhalb Tagen auf See traf das Bremer Boot auf eine kleinere Gruppe, der es sich anschließen konnte. Die 23-jährige Bosselmann findet: "Es macht deutlich mehr Spaß, wenn noch einige Boote um einen herum sind und man gemeinsam segelt." Die Flaute am dritten Tage nutzte die Crew, um ihre Sachen etwas zu trocknen. "Vom Schlafsack bis zur Kleidung war eigentlich immer alles nass", berichtet Bosselmann. Und das Salzwasser machte es nicht leichter, die Sachen wieder trocken zu kriegen.

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Surfend in Richtung Ziel

"Als wir am Fastnet Rock vorbei sind, war es leider dunkel. Das war etwas schade", findet Nabor. Auf der anderen Seite hieß das aber, dass es jetzt mit dem Wind wieder schneller voranging. "Wir mussten nicht mehr kreuzen, sondern konnten voll im Wind segeln." Für die folgenden 200 Seemeilen benötigte die Crew nur 24 Stunden. "So sind wir dann auf der Welle in Richtung Ziel in Nordfrankreich gesurft", so Bosselmann.

Im Ziel in Cherbourg in Frankreich angekommen, habe es viel Lob für die junge Mannschaft und ihr Boot gegeben. "Unser Ziel war einfach nur, heil anzukommen, gerade nach der ersten Nacht", sagt Nabor. Bei der Abschlussfeier konnten die Bremer Segler ihren Erfolg feiern und genießen. Für das nächste Fastnet Race in zwei Jahren will der SKWB wieder ein Boot in das Rennen schicken. "Vermutlich wird dann eine andere Mannschaft das Vergnügen haben dürfen", erklärt Nabor. Die Möglichkeit, an solch einem Rennen teilzunehmen, sei schließlich auch wichtig, um Menschen neu für den Segelsport zu begeistern.

Info

Wen der Sport oder das Rennen begeistert hat und wer sich selbst mal im Segeln probieren möchte, der kann sich bei der SKWB per E-Mail an kontakt@skwb.de melden und vorbeikommen.

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