Vor einem Monat hielt sie es für eine Schnapsidee. Yvonne Dommaschke wurde von ihrem Mann für eine tragende Rolle auf einer Großveranstaltung vorgeschlagen, und zwar für die Rolle einer Heldin. Yvonne Dommaschke, 45 Jahre alt, zweifache Mutter und auch schon Großmutter, arbeitet in Bremen als Finanzbuchhalterin bei der Atlantic-Gruppe. Ehrenamtlich engagiert sie sich zudem seit rund acht Jahren bei der Feuerwehr, seit zwei Jahren als Leiterin der Kinderfeuerwehr Osterholz-Scharmbeck. Normal halt, findet sie. "Heldin?", fragt sie. Sei ihr zunächst komisch vorgekommen, dass sie eine solche sein soll.
Doch, sei sie aber, fand man beim Sixdays-Veranstalter ESN. Das Ehrenamt soll in den Fokus gerückt werden, in diesem Jahr noch mehr als in all den Jahrzehnten zuvor bei der Massenveranstaltung in Bremens größter Halle. In diesem Jahr soll nicht nur einem prominenten Menschen die Startpistole für die Sixdays in die Hand gedrückt werden, sondern auch einem beziehungsweise einer der unzähligen No-Names, die die Gesellschaft am Laufen halten. Eine Jury wählte aus den Vorschlägen aus und stellte ihre Kandidaten zur "Heldin des Jahres" auf ihren Online-Plattformen zur Wahl. Wer die meisten Stimmen bekommt, soll an diesem Freitagabend in der ÖVB-Arena das große Rennen anschießen dürfen.
So ist es gekommen, dass Yvonne Dommaschke, die Feuerwehrfrau aus Schwanewede, an diesem Freitag gegen halb sieben auf einer Pressekonferenz neben der Cascada-Sängerin Natalie Horler und der Bundesinnenministerin Nancy Faeser sitzen wird. Und zwei Stunden später in der ÖVB-Arena gemeinsam mit Horler und Faeser ihren Startschuss-Auftritt hat. Aus der Schnapsidee ist ein großes Ding geworden. "Als ich gehört habe, dass auch die Bundesministerin dabei ist", sagt Yvonne Dommaschke, "da ging der Puls."
Inzwischen schlage das Herz aber nicht mehr zu schnell. Inzwischen würde sie mit dem Begriff "Heldin" nicht mehr so fremdeln, sagt sie. Eher sei ein Gefühl von Stolz vorherrschend geworden. Dass das, was sie ehrenamtlich Woche für Woche macht, und zwar im Schnitt für 15 bis 20 Stunden, damit öffentlich wertgeschätzt wird, sei "ein ganz, ganz schönes Gefühl". Weil Menschen wie sie so wichtige ehrenamtliche Aufgaben übernehmen. Weil sie da an der Startpistole und im Rampenlicht für Tausende andere Ehrenämtler stehen würde.
Die Kinderfeuerwehr Osterholz-Scharmbeck ist eine Abteilung der Freiwilligen Feuerwehr OHZ. Kinder zwischen sechs und zehn Jahren sammeln hier ihre ersten Erfahrungen in Sachen Brandschutz oder Erster Hilfe. Viele würden dann in der Jugendfeuerwehr weitermachen, die für den Altersbereich zehn bis 16 Jahre vorgesehen ist, sagte Dommaschke. Und viele würden dann mit 16 auch in den aktiven Dienst hinüberwechseln. Die kleinen Feuerwehrleute von Yonne Dommaschke gehören quasi zum Fundament des deutschen Brand- und Katastrophenschutz-Systems. Früher sei sie zu jedem Einsatz mitgefahren, sagt Yvonne Dommaschke. Mittlerweile seien eher Ausbildung und Aufklärung ihre Themen. Sie geht in Kindergärten, Schulen oder Seniorenheime, sie ist auch Referentin für den Landesfeuerwehrverband Niedersachsen. Wertungsrichterin bei Feuerwehr-Wettbewerben ist sie auch noch. Um es mit einem Kalauer zu sagen: Sie brennt für den Brandschutz. Ihr Mann Marcel übrigens auch. Der ist auch bei der Feuerwehr.
Die Frage nach der Motivation für ihr Ehrenamt kann Yvonne Dommaschke ganz schnell und ganz klar beantworten. Sie sagt: "Es hört sich zwar kitschig an. Aber ich liebe es, mit Kindern zu arbeiten. Zu sehen, wie sie sich entwickeln, wie sie an ihren Aufgaben wachsen." Ist es dabei schwerer oder zumindest anders geworden, im TikTok-Zeitalter Kinder für Feuerwehrarbeit zu begeistern? Ja und Nein, sagt sie. Kinder zu begeistern, sei wie früher auch heute einfach. Die Kinder mittel- oder langfristig zu halten, das habe sich schon verändert. "Gefühlt werden sie sprunghafter", sagt Yvonne Dommaschke.
Was allerdings nur eine allgemein gemeinte Wahrnehmung sein kann. Als sie vor zwei Jahren in Osterholz-Scharmbeck die Kinderfeuerwehr übernommen habe, seien es acht Kinder gewesen. Inzwischen würden 22 Kinder zu ihrer Gruppe gehören. "Und gefühlt", sagt die Feuerwehrfrau aus Leidenschaft, "wollen die auch nicht wieder weg."