Die Probleme sind altbekannt und leider allgegenwärtig. In Bremens Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen fehlt sportaffines Personal, auch wegen der Schließung des Studiengangs Sport an der Bremer Universität ist ein Mangel an Übungsleitern entstanden, und Vereine klagen seit Langem darüber, dass es immer schwieriger wird, ehrenamtliche Helfer zu finden. Eine Folge: Viele Kinder sind übergewichtig, weil sie sich zu wenig bewegen. Wo zu wenig Fachkräfte sind, wo zu viele Sportstunden ausfallen, gibt es zwangsläufig zu wenig Bewegungsangebote. Seit einem Jahr bereits und mindestens noch bis 2026 existiert ein Projekt, das unter dem Titel "Bremen bewegen" dieser Entwicklung entgegenwirken und junge Menschen buchstäblich in Schwung bringen möchte.

Sie stehen hinter dem Projekt "Bremen bewegen" (von links): Birgit Tillmann vom Verband der Ersatzkassen, Ulli Barde von der Sportakademie und Michael Arends vom SV Werder.
Für das Projekt haben sich zwei Partner zusammengeschlossen, die sich schon lange durch ihr soziales Engagement hervortun. Seit mehr als 15 Jahren bringt die "Sportakademie", in der der Sportgarten Bremen, die Sportvereine in der Pauliner Marsch und Schulen innerstädtischer Stadtteile miteinander kooperieren, Kinder und Jugendliche in Bewegung. Der SV Werder engagiert sich diesbezüglich sogar noch einige Jahre länger. Vor etwa 20 Jahren hatte er im norddeutschen Raum großen Erfolg mit seiner Aktion "100 Schulen – 100 Vereine". 2021 ging der größte Bremer Verein namentlich dann mit seinem "Spielraum"-Konzept an den Start.
"Wir von der Sportakademie kommen aus der Sozialen Arbeit", sagt Sportgartenleiter Hanns-Ulrich (Ulli) Barde, "Spielraum kommt aus dem Sport." Die Kombination passe. Jeder für sich bringt ganz viel Expertise mit, zusammen bündeln sie in "Bremen bewegen" ihre Kräfte. Was ohne die Unterstützung eines weiteren Mitspielers allerdings in dieser Form nicht möglich wäre: Das GKV-Bündnis für Gesundheit finanziert das Projekt zwischen 2022 und 2026 mit einer Million Euro.
Im GKV-Bündnis sind gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) vereint. "Die Projektidee hat uns Kassen überzeugt", sagt Birgit Tillmann vom Verband der Ersatzkassen für das GKV-Bündnis. Ein Kind, das sich wenig bewegt, werde schneller krank, sagt sie und formuliert eine Kernfrage: "Wie kann man Kindern beibringen, was fürs Leben wichtig ist?" Eine Antwort ist das Projekt "Bremen bewegen". Und so könnte das Geld der Kassen am Ende gut angelegt sein – wenn es gelingt, junge Menschen vom Sinn körperlicher Aktivität zu überzeugen, die am Ende dafür sorgt, dass Kassen für weniger Behandlungskosten aufkommen müssen.
Dass das Geld aus ihrer Sicht gut angelegt sind, lassen die Projektverantwortlichen nach dem ersten Jahr erkennen. "Es ist selten, dass wir bei einem Projekt über vier Jahre planen können", sagt Ulli Barde und dankt dem GKV-Bündnis, "die Förderung erleichtert unsere Arbeit." Und sie ermöglicht offensichtlich auch mehr Maßnahmen in den Stadtteilen. Derzeit, so Barde, unterbreite die "Sportakademie" 36 Angebote, im kommenden Schuljahr sollen es bereits 48 werden und danach, im vierten Jahr des Projekts, 60.
Ähnliche Steigerungsraten wird es auch bei Werder geben. Derzeit aktiviere der Verein, so Michael Arends, mit dem Projekt etwa 2500 Kinder pro Woche. 3000 sollen es werden. Die GKV-Förderung habe neue Stellen geschaffen, betont Arends. Er begleitet das Projekt für den SV Werder und ist froh, dass für die einzelnen Bewegungsangebote jetzt mehr Hauptamtliche zur Verfügung stehen. Langfristig, da sind sich Tillmann, Barde und Arends einig, müsse die Finanzierung von "Bremen bewegen" auch von anderer Seite erfolgen. Es brauche für die Verstetigung des Projekts öffentliche Gelder – ein klarer Appell an Bremens Politiker.
Im Projekt "Bremen bewegen" teilen sich "Sportakademie" und Werders "Spielraum" die Aufgabenbereiche auf. Ziel der Maßnahmen an inzwischen 13 Standorten in Bremen, Bremen-Nord und Bremerhaven ist die Schaffung einer gesundheitsbewussten Lebensweise von Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachen Gebieten. Vereinfacht gesagt, ist Werder mit seinen Coaches dabei vor allem für die jüngeren Kinder in Kitas und Grundschulen (erste und zweite Klasse) zuständig, während sich die "Sportakademie" um die älteren Kinder bis etwa 16 Jahre kümmert.
Letztlich gehe es aber nicht nur um Bewegungsangebote allein, sondern auch darum, im Idealfall den Nachwuchs selbst als Bewegungscoach zu gewinnen und junge Menschen für den Eintritt in Sportvereine zu begeistern. So sehr sich auch Michael Arends und Werder über jedes neue Mitglied freuen: Letztlich ist es egal, welcher Verein mit Hilfe des Projekts neue Mitglieder bekommt. Schließlich möchte "Bremen bewegen" helfen, ein gesellschaftliches Problem ein bisschen kleiner werden zu lassen. Den Projektbeteiligten ist dabei klar, dass die Arbeit an den einzelnen Standorten nur dann erfolgreich sein kann, wenn das Zusammenspiel zwischen den Kitas, den Schulen, den Sportvereinen und den Partnern von "Bremen bewegen" auch funktioniert.
Im ersten Projektjahr habe die Kooperation bereits gut geklappt, sagt Ulli Barde, auch wenn die Arbeit an manchen Stellen erst noch harmonisiert werden musste. Auf jeden Fall stehen die Beteiligten in ständigem Austausch mit den Bremer Behörden, dem Landessportbund und dem Bremer Fußball-Verband. "Es ist für uns ein permanentes 'Learning by Doing'", sagt der Sportgartenleiter. Die beiden Projektpartner lernten während ihrer Arbeit selbst ständig dazu. Das liege schon daran, sagt Ulli Barde, "dass die Ausgangsbedingungen in allen Stadtteilen sehr unterschiedlich sind".
Michael Arends verfolgt mit "Bremen bewegen" noch ein anderes Ziel. "Unsere Motivation ist natürlich auch, am Ende mehr Topsportler auf dem Platz und in den Hallen zu haben", sagt er. Je größer die Anzahl an Sport treibenden Kindern und Jugendlichen ist, desto höher ist eben auch die Chance, dass es einige in die Leistungsspitze schaffen. Ulli Barde nennt schon jetzt einen gewichtigen Grund, das Projekt über 2026 weiterzuführen. "Über 'Bremen bewegen' erlernen die Kinder Kompetenzen, die weit über den Sport hinaus gehen."