Mit einem unglaublichen Solo hat Phillip Bruggisser den Fischtown Pinguins im Play-off-Halbfinale um die deutsche Eishockey-Meisterschaft gegen den EHC Red Bull München den zweiten Sieg im zweiten Spiel beschert. Der Bremerhavener Verteidiger setzte sich gegen mehrere Gegner in der 14. Minute der Verlängerung gleich zweimal kraftvoll an der Bande durch und vollendete seinen Konterlauf mit einem satten Schuss in den Winkel zum 3:2 (1:0, 1:2, 0:0, 1:0)-Endstand. Während sich die Pinguins zur Jubeltraube auf dem Eis zusammenfanden, wollten die Gastgeber nur eins: raus aus der Halle. Sie verließen die Stätte der Niederlage in einem Tempo, als hätte jemand Feueralarm ausgerufen.
Ausgelassene Stimmung herrschte dagegen im Gästeblock auf der Tribüne. Alfred Prey, bis Ende März ja noch amtierender Teammanager der Pinguins, schien sich bei jedem Fan einzeln für die Unterstützung bedanken zu wollen. Er drückte Hände, er klatschte in Richtung des Publikums: Selten hat man den 70-Jährigen öffentlich derart aus sich herauskommen sehen.
Nachdem die Bremerhavener am Ostermontag das erste Play-off-Duell mit dem amtierenden deutschen Meister nach überragender Leistung sicher mit 3:0 für sich entschieden hatten, trafen sie am Mittwoch erwartungsgemäß auf mehr Widerstand. Die Partie verlief diesmal vollkommen ausgeglichen. Es gab zwar immer wieder Phasen, in denen mal die eine, mal die andere Mannschaft auf einen Treffer drängte. Aber zu jedem Zeitpunkt mussten sich die 5728 Zuschauer darauf gefasst machen, dass hier oder dort ein Tor fallen konnte.
Pinguins behalten die Ruhe
Diesmal jedoch bewiesen die Pinguins in ganz anderer Hinsicht eine tolle Moral: Sie ließen sich selbst davon nicht aus der Ruhe bringen, dass sie im zweiten Drittel innerhalb von gut drei Minuten einen 2:0-Vorsprung komplett einbüßten. Mit zwei klasse Toren durch Markus Eisenschmid (34.) und Maximilian Daubner (37.) glichen die Gastgeber völlig verdient aus. Denn diesmal waren die Bremerhavener trotz ihrer Führung nicht wirklich um zwei Tore besser.
Vielleicht aber lag genau hier auch der große Unterschied zwischen den Fischtown Pinguins 2023 und denen von 2024: Im Vorjahr hatten sie gegen den gleichen Gegner ebenfalls nach zwei Partien, damals im Viertelfinale, mit 2:0 vorne gelegen, um dann mit 2:4 den Kürzeren zu ziehen. In dieser Saison jedoch, die die Mannschaft von Trainer Thomas Popiesch als Hauptrunden-Erster beendet hatte, strotzt sie nur so vor Selbstbewusstsein. Und sie lässt sich eben nicht mehr aus der Ruhe bringen. "Wir haben gelernt", sagte der vor Glück strahlende Siegtorschütze Phillip Bruggisser nach seinem Kraftakt im Interview mit Magenta Sport. Kein Wunder, dass er sich zuversichtlich zeigte, im vierten Play-off-Duell mit den Münchenern am Ende erstmals die Oberhand zu behalten. Bruggisser hätte das Spiel in der Verlängerung schon eher entscheiden können, wenn sein Schuss statt gegen den Pfosten ins Netz geflogen wäre (65.).
Glück, Geschick und überzeugender Torwart
Andererseits hatten aber auch die Gastgeber in der Overtime etliche gute Möglichkeiten, den Gesamtstand gegen die Norddeutschen auf 1:1 zu stellen. Doch mit Glück, Geschick und einem erneut überzeugenden Torwart Kristers Gudlevskis überstanden die Gäste die mehrminütige Drangperiode des EHC, der in der nächsten Begegnung am Freitag in Bremerhaven nun unter höchstem Erfolgsdruck stehen wird. Nach dem Modus Best-of-7 erreicht der Klub das Finale, der als erster vier Siege auf seinem Konto hat. Auf jeden Fall ist den Pinguins in ihrer aktuellen Verfassung zuzutrauen, dass sie das nach ihrer ersten Halbfinal-Teilnahme auch noch schaffen.
Wenn es auch am Mittwoch ein besseres Drittel für die Gäste gab, so war es das Erste. Entschlossen in der Abwehr und mit Mut nach vorne: So kam die Mannschaft in den ersten 20 Minuten auf 14:5 Torschüsse. Allerdings fand nur einer den Weg ins gegnerische Gehäuse – und das sehr kurios: Schräg hinter dem Münchener Tor stehend, passte der sehr stark spielende Colt Conrad den Puck einfach in die heiße Zone. Von der Kufe des Müncheners Emil Johansson rutschte das Spielgerät dann zum 1:0 über die Linie.
Als die Gäste in der 26. Minute durch Miha Verlic nach Traumpass von Ziga Jeglic auf 2:0 erhöhten, schien sich kurzzeitig ein weiterer glatter Erfolg anzubahnen, zumal die Pinguins weiterhin Druck machten. Doch nach einer Zeitstrafe für Verlic (28.) drehte sich das Spiel, und als die Münchener kurz danach zum Ausgleich trafen, gerieten die Gäste kurzzeitig in Bedrängnis. Letztlich blieb die Partie bis zur Entscheidung völlig ausgeglichen – mit dem glücklichen Ende für die Pinguins. Die Play-off-Runde duldet nun mal keine Spiele ohne Sieger.