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Trainingsgast bei der Bremer Surfschule / Ein Erfahrungsbericht von Carolin Scholz Den Charchullas auf der Spur

Windsurfen – für Viele der Inbegriff von grenzenloser Freiheit in einer faszinierenden Umgebung: klares blaues Meer, lange Sandstrände und strahlender Sonnenschein. Ein bisschen Urlaubsfeeling eben. Aber wer meint, er muss für dieses Erlebnis kilometerweit reisen, hat sich geirrt. Denn was kaum einer weiß: Am Stadtwaldsee gibt es schon seit Jahrzehnten eine traditionsreiche Surfschule.
27.08.2012, 05:00 Uhr
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Von Carolin Scholz

Windsurfen – für Viele der Inbegriff von grenzenloser Freiheit in einer faszinierenden Umgebung: klares blaues Meer, lange Sandstrände und strahlender Sonnenschein. Ein bisschen Urlaubsfeeling eben. Aber wer meint, er muss für dieses Erlebnis kilometerweit reisen, hat sich geirrt. Denn was kaum einer weiß: Am Stadtwaldsee gibt es schon seit Jahrzehnten eine traditionsreiche Surfschule.

Bremen. Zugegeben, die Umgebung entspricht nicht ganz der aus dem Reise-Katalog. Dafür bietet die Surfschule Charchulla aber eine intensive Betreuung. Gute Aussichten also, um in einigen wenigen Stunden erste Erfahrungen mit dieser Sportart zu machen. Und ob man es vielleicht sogar schon am ersten Tag schafft einige Meter zu fahren, zeigt dieser Erfahrungsbericht.

"Windsurfen lernen kann jeder", sagt Surflehrer Kai, "die einzige Voraussetzung ist, dass man Schwimmen kann." Auch sonst muss man außer Surfschuhen oder alten Turnschuhen nichts mitbringen. Das komplette Material von Neoprenanzug bis Surfbrett und Rigg stellt die Surfschule zur Verfügung.

Gemeinsam mit elf anderen Surfanfängern nehme ich an diesem Tag an einem so genannten Grundkurs teil. In nur zwei Tagen soll man hierbei lernen, nicht nur einige Meter zu surfen, sondern auch erste Manöver zu fahren. Im Moment kann ich mir das noch nicht so recht vorstellen. Ich beschließe aber einfach mal auf das zu vertrauen, was die Surfschule verspricht. Denn schließlich wurde hier in den letzten knapp vierzig Jahren schon so manchem Schüler das Windsurfen beigebracht. "Zwischen sechs und 82 Jahren war hier schon jedes Alter vertreten", sagt Kai, der schon seit 1992 Surflehrer ist.

Angefangen hat hier alles im Jahr 1973. Da hat Jürgen Charchulla an eben diesem Stadtwaldsee die Surfschule gegründet und in Findorff einen Surfshop eröffnet. Während die Schule immer an der gleichen Stelle geblieben ist, zog der Surfshop in all den Jahren mehrmals um: von Findorff ging es sehr bald nach Schwachhausen in den Ahornweg, Ende der 80er Jahre in die Blocklander Hemmstraße und schließlich in den Ostertorsteinweg 48. Dort befindet sich der älteste Windsurfshop Europas auch heute noch. Geführt wird das Geschäft seit 1995 allerdings nicht mehr von Jürgen Charchulla. Den heute 72-Jährigen zog es zu seinem Zwillingsbruder Manfred nach Fehmarn. Der war bereits 1975 auf die Insel gezogen, um ebenfalls einen eigenen Surfshop, die berühmte "Karibikbar" sowie eine Surf-und Kiteschule zu eröffnen. Jürgen Charchulla gründete dann auf Fehmarn an anderer Stelle seine eigene Surfschule.

Berühmt wurden die "Charchulla-Surftwins" am 25. Mai 1975 durch eine eher außergewöhnliche Fahrt: als erste Surfer überhaupt überquerten sie mit einem Windsurf-Tandem den Ärmelkanal. Auch wenn die Zwillinge nicht mehr in Bremen leben – ein wenig von dem "Charchulla-Hauch" ist trotzdem in der Stadt geblieben. Denn sowohl Kai als auch Surfshop-Besitzer Otto und Hansi sind mit Jürgen und Manfred Charchulla befreundet und fühlen sich der Tradition verpflichtet.

Und damit ich irgendwann auch einmal so sicher auf dem Brett stehen kann wie die Zwillinge, verfolge ich nun ganz genau Kais Anweisungen. Als Erstes geht es an die richtige Kleidung: ein Neoprenanzug. Eigentlich soll dieser Anzug uns vor der Kälte schützen. Da es heute mit fast 20 Grad jedoch recht warm ist, kommen wir alle schnell ins Schwitzen. "Der Neo schützt Euch auch vor Stößen. Besonders an den Knien, wenn ihr auf dem Brett wieder aufsteht", sagt Kai, "das werdet ihr noch merken."

Danach geht es ans Bestimmen der Windrichtung. Das ist besonders wichtig. "Wenn man nicht weiß woher der Wind kommt, kann man nicht surfen", sagt Kai, der unter anderem auch schon auf Korsika und Sardinien unterrichtet hat. Zur Demonstration nimmt er sich Surfbrett und Rigg und baut alles vor uns auf. Wir stellen uns im Halbkreis um ihn herum, um alles möglichst gut zu beobachten. Dann stellt Kai sich auf das Brett und zeigt uns wie man es dem Wind entsprechend ausrichtet: "Ihr nehmt den Mast immer in die Hand, die zur Spitze des Brettes zeigt. Damit balanciert ihr das Rigg aus. Dann schwenkt ihr es leicht hin und her bis der Wind schließlich auf das Segel trifft und das Brett richtig zum Wind dreht." Das dürfen wir dann alle erst einmal üben. Und ich stelle fest, dass das gar nicht so schwer ist, wie es sich zunächst angehört hat.

Als nächstes folgt eine Koordinationsübung. Wir sollen ein Rigg so ausbalancieren, dass es nicht umfällt, wenn wir es los lassen. Zunächst probieren wir es mit einer Hand. Dann gibt Kai neue Anweisungen: "Jetzt lasst ihr das Rigg so lange los, bis ihr Euch einmal um euch selbst gedreht habt." Das Rigg soll während dessen weiterhin ausbalanciert stehen bleiben. Und dass tut es bei mir auch schon recht gut. Wobei genau mir diese Übung später beim Surfen allerdings helfen soll, habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht so ganz verstanden. Aber da Kai sogar schon Menschen mit geistiger Behinderung und Taubstummheit das Windsurfen beigebracht hat, vertraue ich ihm da einfach.

Danach geht es endlich aufs Wasser. Nun sollen wir versuchen auf dem Surfbrett das Gleichgewicht zu halten. "Das Reinfallen ins Wasser ist ausdrücklich erwünscht", sagt Kai. Noch grinsen wir alle. Doch da wissen wir auch noch nicht wie kalt das Wasser, und vor allem wie wacklig das Brett ist. Schließlich gibt es keinen, der nicht reingefallen ist. Aber dafür wissen wir nun alle, dass es in der Mitte des Brettes tatsächlich am sichersten ist und dass man am Rand gar keine Chance mehr hat, sich auf dem Brett zu halten.

Als nächstes dürfen wir wieder an Land kommen, um die Riggs am Brett zu befestigen. Und da wir alle ja nichts zum Vorwärtsbewegen dabei haben, bleibt uns nichts anderes übrig als uns aufs Brett zu legen und zu paddeln. Das ist verdammt anstrengend – auch ohne Rigg hintendran.

Dann montieren wir endlich die Riggs an unsere Surfbretter: Mastfuß reindrehen, Mast aufstecken und ab aufs Wasser. Jetzt dürfen wir alles ausprobieren, was wir gelernt haben. Um ein wenig Wind abzubekommen paddele ich erst einmal ein Stück auf den See hinaus. Dann stehe ich auf und versuche mich auszubalancieren. Schließlich ziehe ich das Rigg hoch. Noch eben das Brett ausrichten und dann geht‘s auch schon los. Sehr langsam – aber ich fahre. Und bin sehr stolz darauf. Schön gesittet gleite ich über den See. Die nächste Windböe habe ich dann leider zu spät bemerkt. Es hätte gereicht, das Rigg einfach loszulassen. Aber an Kais Worte von vorhin habe ich da längst nicht mehr gedacht: "Das Rigg ist euer Treibanker. Wenn es im Wasser liegt könnt ihr niemals abtreiben." Also nimmt die Böe mein Rigg mit, reißt es mir aus den Händen und zieht mich ins Wasser.

Das war das erste Mal, denke ich. Das passiert mir bestimmt noch öfter. Also klettere ich wieder auf mein Brett zurück, stehe auf und ziehe das Rigg wieder hoch. Da merke ich, dass der Wind in den letzten Minuten ganz schön zugenommen hat. Super, denke ich. Dann geht‘s jetzt gleich bestimmt ein bisschen schneller vorwärts. Und dass tut es dann auch. Ich bin total erstaunt, wie schnell ich auf einmal über das Wasser surfe. Erst denke ich noch, dass ich alles richtig gemacht habe.

Aber dann fällt mir auf, dass ich ganz vergessen habe auf den Wind zu achten und dementsprechend zu kreuzen. Also bin ich immer schön mit dem Wind an das eine Ende des Sees gefahren. Na toll, von hier schaffe ich es niemals, zurückzupaddeln. Aber da sehe ich auch schon wie Kai mir am Ufer mit einem Handwagen bewaffnet entgegen kommt. Nachdem ich aus dem Wasser gestiegen bin, verladen wir das Brett auf dem Wagen. Das Rigg muss ich zurück zum Anleger tragen. Da bekomme ich noch einmal zu spüren, wie lang der Weg wirklich war, den ich gerade in wenigen Sekunden zurückgelegt habe.

Das war also mein erstes Windsurferlebnis. Ich stelle fest, dass es mir sehr viel Spaß gemacht hat. Außerdem habe ich an diesem einen Tag sehr viel gelernt und bin sogar weiter, als nur ein paar Meter gefahren. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Urlauber, die irgendwo am anderen Ende der Welt ihre erste Surfstunde haben, auch noch nicht viel weiter fahren. Der große Unterschied ist wohl doch nur die Umgebung: das Wasser, in das sie fallen, ist ein bisschen wärmer und der Sandstrand ein bisschen breiter. Aber dafür gibt es hier in Bremen ja das "Charchulla-Feeling" – wer braucht da schon einen blauen Ozean...?

Für alle Interessierten bietet die Surfschule Charchulla auf dem Stadtwaldsee Einsteiger- und Aufbaukurse an. Anmeldungen sind direkt im Surfshop Charchulla im Ostertorsteinweg oder unter der Rufnummer 323350 möglich. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.surfshop-charchulla.de

Den Charchullas auf der Spur

Trainingsgast bei der Bremer Surfschule / Ein Erfahrungsbericht von Carolin Scholz

Zitat:

"Zwischen sechs und

82 Jahren war hier schon

jedes Alter vertreten."

Surflehrer Kai

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Zitat:

"Das Reinfallen ins

Wasser ist ausdrücklich

erwünscht."

Surflehrer Kai

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