Wenn an diesem Sonntag die Fußball-WM der Frauen in Frankreich endet, wird in den Bilanzen die übliche Frage auftauchen: Wie sehr hat dieses Turnier dem Frauen-Fußball genutzt? Sportlich betrachtet ist das für Deutschland recht einfach zu beantworten: Aus im Viertelfinale, Note fünf, setzen! Eine echte Werbung für den in diesem Land kränkelnden Frauen-Fußball waren die Spiele leider nicht. Und so wird in den Köpfen vieler Menschen wohl nur der TV-Spot hängen bleiben, in dem die Spielerinnen pointiert erzählten: „Wir brauchen keine Eier, wir haben Pferdeschwänze.“ Zu wenig für eine Weltmeisterschaft, die für die deutsche Mannschaft noch viel länger dauern sollte und die im Fernsehen für gute Einschaltquoten sorgte. Übrigens auch noch, als die deutsche Elf längst aus dem Turnier ausgeschieden war.
Was aber läuft eigentlich schief in Deutschland? Der ewig gleiche Reflex der ungerechten Bezahlung von Fußballerinnen im Vergleich zu Fußballern geht in die falsche Richtung. Natürlich wird bei den Männern mehr verdient, es wird ja auch mehr Geld umgesetzt. Beim Frauenfußball mangelt es an Zuschauern in den Stadien, das Interesse geht sogar zurück. Das liegt an den Leistungen, einem massiven Leistungsgefälle in der Bundesliga, an mangelnden Persönlichkeiten in den Klubs und am Deutschen Fußball-Bund, der für den Frauen-Fußball schöne Worte findet, aber keine Taten folgen lässt.
Aber der Reihe nach: Die USA, WM-Finalist gegen Holland, ist Deutschland in der Entwicklung des Frauen-Fußballs Jahre voraus. Dort hat sich eine Profiliga etabliert, in der durchschnittlich 6000 Zuschauer in den Stadien sitzen. Zum Vergleich: Beim deutschen Meister VfL Wolfsburg waren es im Schnitt 1683 Besucher in der vergangenen Saison. Das niedrigste Jahresgehalt im US-Frauen-Fußball liegt bei 16 538 Dollar, während in Deutschland noch immer Spielerinnen für 250 Euro pro Monat spielen. Die Liga besitzt Persönlichkeiten wie Megan Rapinoe, die nicht nur gut Fußball spielt, sondern sich auch politisch äußert. Jetzt müssen deutsche Spielerinnen natürlich nicht zwingend über Trump, Merkel oder Homosexualität reden, um für Aufsehen zu sorgen. Allerdings schaden starke öffentliche Meinungen auch nicht.
Hohes Leistungsgefälle in der Bundesliga
In der Bundesliga hat sich zudem ein Leistungsgefälle entwickelt, das der Entwicklung des Frauen-Fußballs abträglich ist. Bayern München und der VfL Wolfsburg pumpen sehr viel mehr Geld in ihre Mannschaften als die einstigen Vorzeige-Klubs Turbine Potsdam oder der 1. FFC Frankfurt. Grundsätzlich ist es gut, dass deutsche Profi-Vereine auch den Frauen-Fußball entdeckt haben und fördern. Aber nur, wenn es der gesamten Branche dient. Tut es aber nicht, zumindest bislang nicht.
Deshalb ist Abgrenzung zum Männer-Fußball nicht verkehrt, denn die Frauen haben doch ganz andere Argumente, um für ihren Sport zu werben. Das hat die WM wieder mal gezeigt. Da wird nicht jede Schiedsrichter-Entscheidung diskutiert, üble Fouls gibt es selten, Fairness auf dem Platz wird tatsächlich gelebt und nicht nur in Werbespots gefordert. Der internationale Frauen-Fußball war noch nie so gut wie heute. Da ist es schade, dass die Bundesliga abfällt und von all der Aufmerksamkeit, die es im Zuge der Heim-WM 2011 gab, so gut wie nichts geblieben ist.
Aber der DFB macht es den Frauen auch nicht einfach. Es gibt Förderprogramme und Fortbildungen, aber noch immer klagen Frauen, dass sie in ihren Klubs wenig Akzeptanz erfahren. Dass an den Theken in den Vereinsheimen gekungelt wird. Im Bremer Fußball-Verband gibt es keine Frau im Präsidium. Und als sich Ute Groth im April als Kandidatin für das Amt als DFB-Präsidentin ins Spiel brachte, wurde das von vielen belächelt und als spinnerte Idee abgetan. Dabei wäre im Zuge des DFB-Reformprozesses eine Doppelspitze mit Mann und Frau im größten Sportfachverband der Welt doch mal eine echte Ansage.
Natürlich wird es dazu nicht kommen, denn eine richtig konsequente Förderung des Frauen-Fußballs gibt es beim DFB nicht. Fußball ist dann eben doch noch Männersache. Bei der Weltmeisterschaft in Frankreich haben die deutschen Spiele für gute TV-Quoten gesorgt, das WM-Aus gegen Schweden sahen immerhin fast acht Millionen Fans. Da klingt es wie Hohn, dass das nächste WM-Qualifikationsspiel der deutschen Elf gegen Montenegro am 31. August für 12.30 Uhr mittags angesetzt ist. Wer seinen Sport in solch einer TV-Nische versteckt, darf sich über rückläufiges Interesse im Frauenbereich nicht beklagen.