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Fischtown Pinguins Prey: "Unser Erfolg ist Fluch und Segen zugleich"

Die Fischtown Pinguins haben sich auch dank ihrer Personalpolitik in der Deutschen Eishockey-Liga etabliert. Hier erzählt Manager Alfred Prey, wie ein Transfer abläuft - und warum der Druck gestiegen ist...
20.07.2022, 05:00 Uhr
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Prey:
Von Jean-Julien Beer

Herr Prey, die Fischtown Pinguins sind immer der Verein, der die Großen der Deutschen Eishockey-Liga im Laufe des Jahres ein wenig ärgert. Ist das auch für die neue Saison das Ziel – oder gibt es diesmal ein anderes?

Alfred Prey: Wie gehen wie jedes Jahr etwas vorsichtig mit den Zielen um. Es wird uns zwar schon zum Vorwurf gemacht, dass wir uns zu klein machen würden. Aber immer wenn ich mir unsere Mannschaft auf dem Papier anschaue und das mit anderen Klubs vergleiche – dann kann es für uns nur das Ziel geben, nicht abzusteigen oder vielleicht die Pre-Playoffs zu erreichen. Dieses Ziel ist auch unserem Etat angemessen.

Aber trotz dieses kleineren Etats hat Ihr Team bisher jedes Jahr die Playoffs erreicht. Würde alles andere vom Umfeld als Misserfolg aufgenommen?

Das ist inzwischen ein Problem, das stimmt. Es würde viele Leute enttäuschen. Die Erwartungshaltung ist durch unsere Leistungen immer größer geworden. Dass wir die Playoffs jede Saison geschafft haben, dieser Erfolg ist Fluch und Segen zugleich. Weil dadurch zusätzlicher Druck entsteht. Das ist wie eine Art Gewohnheitsrecht geworden. Auf der anderen Seite haben wir ein fachkundiges Publikum, das einschätzen kann, was andere Klubs aufs Eis bringen können. Ich bin immer eher ängstlich, weil unser Verein für mich eine emotionale Geschichte ist. Wenn ich sehe, dass es diese Saison zwei Absteiger gibt und viele Vereine aufrüsten, um bloß nicht abzusteigen – dann bin ich froh, wenn auch wir in der Liga bleiben. Sagen wir mal so: Wenn ich jetzt unterschreiben könnte, dass wir die Pre-Playoffs erreichen, dann würde ich das sofort machen und wäre zufrieden.

Zu klein brauchen Sie sich aber auch nicht zu machen…

Das will ich auch gar nicht. Wir haben wieder eine gute Mannschaft und haben uns punktuell gut verstärkt. Wir bauen auf Konstanz. Manche Vereine haben zehn oder zwölf neue Spieler geholt. Wir versuchen immer, einen Großteil der Mannschaft zu halten, auch wegen der Identifikation mit der Region Bremerhaven. Wir haben jetzt einige Spieler, die schon sechs oder acht Jahre bei uns sind, Jan Urbas oder Miha Verlic. Auch unser Trainer Thomas Popiesch. Das ist wertvoller, als wenn man von irgendwo einen Topspieler holt, der ein Jahr bleibt und dann weiterzieht.

Dennoch hat sich auch das Gesicht Ihrer Mannschaft diesen Sommer verändert. Auf welchen Neuzugang sind Sie besonders gespannt?

Richtig neugierig bin ich auf Philip Samuelsson, der unsere Verteidigung verstärken soll. Und auf Skyler McKenzie, weil er in der zweiten schwedischen Liga der Topscorer war. Ich bin gespannt, wie er das in der DEL umsetzen kann, weil er körperlich kein Riese ist, aber sehr begabt mit richtig guten Händen. Spannend ist übrigens auch Moritz Wirth, ein Junge aus der fränkischen Schweiz, der zuletzt in Mannheim groß wurde. Der ist hoch talentiert, war dort als junger Spieler aber nur ab und zu auf dem Eis. Bei uns soll er eine Stammrolle einnehmen.

Dafür hat Kapitän Mike Moore mit 37 Jahren seine Karriere beendet – ein Verlust in der Kabine und auf dem Eis. Wie soll das aufgefangen werden?

Er war ohne Frage eine wichtige Figur. Ich habe ihm deshalb auch ein Angebot gemacht, noch zwei Jahre in der Organisation zu bleiben. Er hat das abgelehnt. Ohne ihn wird es nicht einfach. Wir haben eine gewisse Hierarchie, nun wird die Mannschaft über ihren neuen Kapitän entscheiden. Ginge es nach mir, dann würde Jan Urbas der neue Kapitän. Ich glaube, dass die Mannschaft das auch so sieht. Aber man wird Mike Moore nicht kopieren können. Er ist in der Kabine nicht zu ersetzen. Das ist schon ein herber Verlust, der sich hoffentlich nicht negativ bemerkbar macht.

Was war in diesem Sommer Ihr kompliziertester Transfer?

Einer, der am Ende nicht zustande kam, weil der Spieler jetzt woanders unterschrieben hat. Ich habe wirklich lange mit diesem Spieler verhandelt, und der Vertrag lag schon auf dem Tisch. Der Spieler, der aus Nordamerika kam, hat sich auch schon als Pinguin betrachtet. Und dann ging es noch schief, weil in letzter Sekunde ein anderer Verein aus der DEL so viel mehr Gehalt geboten hat, dass er seine Liebe zu Bremerhaven ganz schnell vergessen hat. Leider. Das war sehr schade, weil es eine schwierige Nummer war. Auch mit McKenzie war es ein hartes Ringen, wir haben ein Vierteljahr verhandelt, um das hinzubekommen. Ich hoffe, dass sich diese Mühen gelohnt haben. Ich bin von ihm aber so überzeugt, dass er sofort einen Dreijahresvertrag bekommen hat.

Auch im Eishockey gibt es immer mehr Berater. Reden die bei jedem Transfer mit – oder gibt es noch die echten Abenteuer, wo Sie als Manager alleine auf die Pirsch gehen?

Wir gehen generell immer noch selber auf die Pirsch. Das ist unsere Art. Wir versuchen immer, erst mit dem Spieler persönlich Kontakt zu haben. Auch bei den Nordamerikanern. Da besorge ich mir die Telefonnummer und rufe den Spieler an. Ich erzähle dann etwas über Bremerhaven und über unsere Philosophie – und wir reden auch darüber, was wir mit ihm vorhaben. Aber jeder Spieler hat heute im Eishockey einen Berater, selbst jeder 16-jährige. Diese Berater melden sich dann im Nachgang unserer Gespräche mit dem Spieler und finalisieren den Deal. Dafür kassieren sie Geld, vom Verein, nicht vom Spieler. Man muss aber sagen, dass es auch sehr gute Berater in der Szene gibt, mit denen ich schon viele Jahre vertrauensvoll arbeite. Die geben auch mal einen Tipp, wenn ein Spieler doch nicht optimal passt. Oder sie wissen, auf welcher Position wir Bedarf haben.

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Finden Sie es gut oder schlecht, dass es im Eishockey keine Ablösesummen für die Spieler gibt?

Es hat Vorteile und Nachteile. Wenn man einen Spieler selbst ausgebildet hat und der dann weggeht, und man bekommt als Verein gar nichts – das ist ein klarer Nachteil. Wenn man aber all die Spieler aus Nordamerika sieht, die bei uns auf den freien Markt kommen - da ist es natürlich ein klarer Vorteil, dass ich die alle ohne Ablöse bekommen kann.

Was wird der Höhepunkt der neuen Saison? Das Freiluftspiel vor bis zu 50.000 Fans am 22. Dezember im Kölner Stadion gegen die Haie?

Das wird mit Sicherheit ganz besonders. Wir rechnen mit 3000 Pinguins-Fans, die mit uns zu diesem Freiluftspiel reisen. Das wird ein Erlebnis, so etwas hat noch keiner hier erlebt. Das ist vergleichbar mit unserer Champions-League-Teilnahme im Vorjahr, die auch viele Fans mobilisiert hat. Und dann hoffe ich natürlich, dass vielleicht das Unaussprechliche wieder passiert und wir die Playoffs erreichen – das wäre der zweite Höhepunkt der Saison.

Das Gespräch führte Jean-Julien Beer.

Zur Person

Alfred Prey (68)

pflegt neben Eishockey ein zweites Laster: Er ist Fan des TSV 1860 München. Der gebürtige Oberpfälzer war Marine-Offizier und wirkt seit 1992 im Bremerhavener Eishockey.

Info

Saisonstart gegen Bietigheim

Der Dauerkartenverkauf für die neue Saison der Pinguins ist bereits gestartet. Das erste Spiel der neuen Saison ist am 16. September (19.30 Uhr) daheim gegen die Bietigheim Steelers. 

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