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Interview: Pinguins-Star Urbas "Jeder hier fühlt sich als Teil einer Familie"

Er ist Kapitän, Rekordspieler und bester Mann der Fischtown Pinguins: Stürmer Jan Urbas. Hier spricht er über seine ungewöhnliche Treue zu Bremerhaven, höhere Ziele und seine Freude an anderen Sportarten.
11.04.2023, 17:46 Uhr
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Von Jean-Julien Beer

Herr Urbas, mit den Fischtown Pinguins haben Sie eine aufregende Saison gespielt. Was überwiegt mit etwas Abstand: Der Stolz auf die Mannschaft oder die Enttäuschung, in den Play-offs gegen den Top-Favoriten Red Bull München ausgeschieden zu sein?

Jan Urbas: Es ist immer hart, Niederlagen einstecken zu müssen. Deshalb sind wir enttäuscht, auch wenn es in den Play-offs gegen München ein enger Kampf war. Die haben eine starke Mannschaft, nicht ohne Grund waren sie in der Hauptrunde 20 Punkte besser als der Rest. Wir können stolz auf uns sein, wir haben sie zweimal geschlagen und den Kampf angenommen. Aber natürlich treten wir an, um zu gewinnen. Wieder im Viertelfinale ausgeschieden zu sein, fühlt sich also nicht gut an.

Zu Saisonbeginn war Ihre Mannschaft lange Tabellenführer. Wäre mehr möglich gewesen, wenn es nicht im Herbst die vielen Verletzungen gegeben hätte?

Auf jeden Fall. Die Verletzungen haben eine Rolle gespielt. Wir hätten es zwar sicher nicht durchhalten können, die ganze Zeit so viele Spiele zu gewinnen. Aber es waren in gewissen Phasen dann einfach zu viele Verletzte. Für unsere Mannschaft ist es hart, wenn so viele Jungs auf einmal fehlen. Ohne die Verletzten hätten wir definitiv mehr Spiele gewonnen und uns in eine bessere Position für die Play-offs bringen können, dann wären wir den starken Münchnern im Viertelfinale nicht begegnet. Aber Verletzungen gehören zu unserem Sport. Wenigstens konnten wir München am Ende der Saison noch einen richtigen Kampf liefern.

Dieser besondere Geist unter den Jungs ist ein wesentlicher Grund für die schöne Geschichte, die wir in Bremerhaven schreiben.
Jan Urbas

Die Fischtown Pinguins gehören wirtschaftlich nicht zu den Topklubs in Deutschland, erreichen aber immer die Play-offs. Wie schafft der kleine Verein das?

Es liegt an dem großartigen Umfeld. Es ist ein kleiner, aber sehr gut organisierter Verein. Jeder hier fühlt sich als Teil einer Familie, von der Geschäftsstelle über die Trainer bis zu den Spielern. Der Teamgeist ist großartig, was sicher auch deshalb so ist, weil viele Spieler schon mehrere Jahre da sind. Wir sind für jeden eine Familie fernab der Heimat geworden. Dieser besondere Geist unter den Jungs ist ein wesentlicher Grund für die schöne Geschichte, die wir in Bremerhaven schreiben.

Der Verein und die Fans träumen von einer Halbfinal- oder Finalteilnahme. Ist das möglich, vielleicht in der neuen Saison? Oder ist es wegen der großen Klubs aus München, Köln oder Mannheim unrealistisch?

Im Eishockey ist alles möglich. Wenn du erfolgreich sein willst, musst du dir hohe Ziele setzen. Wenn du denkst, es reicht nur für die Pre-Play-offs, dann willst du auch nicht mehr. Deshalb sind höhere Erwartungen gut, auch wenn es schwer ist, solche Ziele zu erreichen. Wenn wir in dieser Saison weniger Pech mit den Verletzungen gehabt hätten, wäre es vielleicht jetzt schon möglich gewesen. Es geht jetzt darum, sich bestmöglich auf die neue Saison vorzubereiten. Wir wollen definitiv den nächsten Schritt machen, als Mannschaft und als Verein. Wir wollen das für unsere Fans schaffen. Aber so eine Eishockey-Saison ist sehr lang, man kann am Anfang unmöglich voraussagen, was am Ende alles passiert.

Für Pinguins-Manager Alfred Prey sind Sie der beste Spieler aller Zeiten in Bremerhaven. Was macht das mit Ihnen, wenn Sie so ein Kompliment hören?

Es ist das beste Kompliment, das du als Spieler bekommen kannst. Aber ich bin selbstkritisch: In den Play-offs gegen München hätten wir mehr Tore von mir und von meiner Sturmreihe gebrauchen können. Dann hätten wir sie vielleicht rausgeworfen. Das haben wir nicht geschafft. Tore in wichtigen Spielen zu machen, das ist der Anspruch, den ich an mich selbst habe. Es ist natürlich trotzdem sehr schön, wenn einem der Manager so ein Kompliment macht.

Prey nannte sie zuletzt den „King of Fischtown“. Gefällt Ihnen der Spitzname?

Nicht wirklich, nein. Ich bin nur ein Teil der Mannschaft. Ich versuche einfach, mein Bestes zu geben, aber in unserem Team sind alle gleich. Niemand steht über den anderen, gerade das macht unseren Verein aus. Ich bin inzwischen so lange in Bremerhaven, dass ich schon einige Spitznamen verpasst bekam. Aber König? Das ist in unserer Kabine im Moment ein anderer Spieler.

Ach, wer denn?

Christian Wejse heißt in der Kabine „King Wejse“. Ich weiß gar nicht mehr, wie es dazu kam. Irgendwer hat damit angefangen, und jetzt heißt er in der Kabine immer so. Er ist der König der Umkleide.

Sie spielen seit 2017 in Bremerhaven. Können Sie sich überhaupt vorstellen, noch mal woanders zu spielen – oder bleiben die Pinguins bis zum Karriere-Ende Ihre Heimat?

Es ist schon eine lange Zeit, das stimmt. Wir fühlen uns als Familie wohl hier. Unseren Kindern geht es in der Schule und im Kindergarten gut. Wir haben hier alles, was wir brauchen. Es ist der Platz, an dem wir sein wollen. Aber im Sport ist es schwierig, länger in die Zukunft zu planen, denn du weißt nie, was alles passiert.

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Sie sind jetzt 34 Jahre. Was sagt Ihr Körper: Wie lange können Sie noch auf diesem hohen Level spielen?

Man muss das tatsächlich von Jahr zu Jahr neu bewerten. Ich fühle mich immer noch gut, auch wenn ich in dieser Saison etwas Pech mit Verletzungen hatte. Alles hängt von der Gesundheit ab. Ich denke aber, dass ich noch ein paar Jahre spielen kann. Ich habe zwar ein gewisses Alter, aber ein gutes Gefühl. Ein paar Jahre sollen es noch werden.

In dieser Saison wurden Sie Kapitän, als Nachfolger von Mike Moore, der seine Karriere beendete. Mussten Sie darüber nachdenken? Bester Torschütze und Rekordspieler der Pinguins sind Sie ja auch noch. Oder muss der Beste immer der Anführer sein?

Nein, das muss er nicht, denke ich. Als Mike Kapitän war, habe ich ihm schon eine Menge geholfen. So eine Mannschaft hat nicht nur einen Führungsspieler, es gibt immer mehrere. Natürlich hast du als Kapitän etwas mehr Verantwortung und ein paar mehr Verpflichtungen im Laufe des Jahres. Aber es war kein harter Übergang für die Mannschaft. Ich habe inzwischen viel Erfahrung, das macht es einfacher, auch diese Rolle auszufüllen.

Ich begeistere mich für viele Sportarten, das ist ein wichtiger Teil meines Lebens.
Jan Urbas

Die Fans kennen Sie als Eishockeystar. Machen Sie auch anderen Sport?

Als Kind habe ich auch Fußball gespielt, bis ich 14 war. Dann musste ich mich zwischen Eishockey und Fußball entscheiden. Ich spiele heute noch gerne Fußball, aber auch Basketball und Tennis. Ich begeistere mich für viele Sportarten, das ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich mag es, während des Sommertrainings noch andere Dinge zu machen. Das ist dann nicht nur zum Spaß, sondern wie ein zusätzliches Workout, wenn man zum Beispiel abends noch Fußball oder Tennis spielt.

Sie hatten in all den Jahren in Bremerhaven nur einen Trainer und einen Manager: Thomas Popiesch und Alfred Prey. Wie wichtig sind die beiden für Sie?

Ich sprach ja vorhin über die Spieler, die schon länger da sind. Der Trainer und der Manager gehören auch zu dieser Familie. Seit ich da bin, wurde die Mannschaft jedes Jahr stärker. Wenn immer dieselben Leute das Boot steuern, ist es einfacher, in die richtige Richtung zu fahren. Wenn du jedes Jahr einen Umbruch bewältigen müsstest, wäre das viel schwieriger. So weiß man, was von einem erwartet wird. Ich sehe es positiv, diese beiden erfahrenen Männer an der Spitze zu haben.

Als Stürmer haben Sie viele gute Torhüter erlebt. Wie sehen Sie Pinguins-Schlussmann Maxi Franzreb – hat er das Zeug zum Nationalspieler?

Er hat definitiv das Zeug dazu und großartige Leistungen gebracht. Er ist auch ein toller Eishockeyspieler, das kommt noch dazu. Es ist gut für uns, so einen Mann hinter uns im Tor zu haben. Wenn einer mal einen Fehler macht, dann bügelt Maxi das wieder aus. Ich wünsche ihm, dass er endlich zum Nationalspieler berufen wird.

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Verraten Sie uns etwas über den Karawanken-Express, wie Sie mit ihren Landsleuten Ziga Jeglic und Miha Verlic genannt werden. Sind das nur drei Profis, die zufällig in einem Klub spielen – oder sind Sie tatsächlich Freunde?

Wir sind richtig gute Freunde, auch außerhalb des Eises. Wir haben schon vor der gemeinsamen Zeit hier miteinander gespielt, in Juniorenteams in Slowenien und bei der Nationalmannschaft. Beide haben auch Kinder, wir verstehen uns mit den Familien richtig gut. Das ist eine großartige Kombination: Wir sind drei Jungs aus Slowenien mit der gleichen Kultur und spielen in einem Klub. Das erleichtert uns vieles, im Spiel und außerhalb.

Es wäre hart, eine Stadt zu verlassen, von der du so viel bekommst.
Jan Urbas

Sie halten Bremerhaven seit Jahren die Treue, obwohl Sie bei den deutschen Spitzenklubs mehr verdienen könnten. Ist Ihnen der Respekt, den Sie bei den Pinguins bekommen, wichtiger als das Geld?

Diesen Respekt, den Sie erwähnen, den spüre ich hier überall. Und das macht mir diese Entscheidung tatsächlich leichter. Bei den Pinguins habe ich ein tolles Umfeld. Es wäre hart, eine Stadt zu verlassen, von der du so viel bekommst. Ich gebe hier auch gerne viel zurück. Wenn es die Möglichkeit gibt, hier zu bleiben, ist das immer meine bevorzugte Wahl. Ich möchte so lange bleiben, wie ich die Chance dazu habe.

Das Gespräch führte Jean-Julien Beer.

Zur Person

Jan Urbas (34)

ist Kapitän und Rekordspieler des Bremerhavener Eishockey-Klubs Fischtown Pinguins, für den er seit 2017 stürmt. Im Mai spielt er mit Slowenien die WM. Im vergangenen Jahr war er Bremens "Sportler des Jahres".

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