Wäre das Schreiben des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) an Bremens Senatorin für Kinder und Bildung im Kern keine Ablehnung, würde es sich jeder Empfänger als Lobeshymne wohl gerahmt an die Wand hängen. "Natürlich waren wir erst mal enttäuscht, als wir von der Entscheidung hörten", sagt Harald Wolf, Leistungssportkoordinator der Sportbetonten Schule Ronzelenstraße.
Die Entscheidung: Das war am vergangenen Freitag die Ablehnung des Antrags seitens des DOSB, die Horner Bildungseinrichtung endlich in den Kreis von Deutschlands Eliteschulen des Sports zu befördern. Der DOSB begründet die Ablehnung damit, dass zwei zentrale Voraussetzungen für die Anerkennung als Eliteschule des Sports derzeit nicht erfüllt seien: ein zweiter Bundesstützpunkt neben der Rhythmischen Sportgymnastik sowie die erforderliche räumliche Nähe zu einem Olympiastützpunkt und dessen Serviceleistungen.
Seit mehr als sieben Jahren im Einsatz
Seit 2018 versucht die Sportbetonte Schule Ronzelenstraße, den begehrten Titel zu bekommen. Harald Wolf ist bei diesem Bemühen natürlich nicht allein. An der Spitze der Bewegung, wenn man sie so nennen möchte, steht das Bremer Bildungsressort mit Senatorin Sascha Aulepp (SPD) und Mitarbeitern. Das Sportamt, der Landessportbund, Bremens Sportfachverbände und das komplette Kollegium der Schule Ronzelenstraße kämpfen seit Jahren gemeinsam um den Status einer Eliteschule.
Anfang dieses Jahres hatte die Bildungsbehörde den Antrag mit einem 140-seitigen Konzept beim DOSB eingereicht. Nun folgte die Ablehnung – formuliert wie ein Glückwunschschreiben zu einer geschätzten, bundesweit beachteten Schule. "Wir möchten jedoch ausdrücklich betonen, dass uns die Qualität und Intensität Ihrer Arbeit im Bereich der leistungssportlichen Förderung sehr beeindruckt hat", heißt es in dem Schreiben vom DOSB, das dem WESER-KURIER vorliegt. Und weiter: "Die Schule an der Ronzelenstraße hat sich in den vergangenen Jahren als zentrale Schule des Leistungssports in Bremen etabliert und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung junger Athletinnen und Athleten."
Der DOSB selbst hofft, "dass es in Zukunft gelingen wird, die am Standort Bremen derzeit fehlenden spitzensportlichen Voraussetzungen aufzubauen und damit den Weg für einen erneuten Antrag auf Anerkennung als Eliteschule des Sports maßgeblich zu ebnen". Harald Wolf könnte sich weitere Bremer Bundesstützpunkte im Handball, Volleyball und Hockey vorstellen. "Mit Handball und Volleyball sind wir in Gesprächen", sagt er. An der Entfernung zu den nächstliegenden Olympiastützpunkten Hamburg und Hannover lässt sich zwar nichts ändern, aber: Spitzensportverbände könnten, so Wolf, Leistungszentren in Bremen einrichten.
"Schwachstellen bearbeiten"
Die Faktenlage sei so, wie sie ist, sagt Harald Wolf – und sie lasse eine Anerkennung der Schule derzeit eben nicht zu. "Was uns aber freut: Wir haben als Schule offensichtlich überzeugen können. Wir ziehen viel Kraft aus der Rückmeldung des DOSB und werden jetzt die Schwachstellen unseres Antrags bearbeiten." Unterstützung verspricht auch die Bildungsbehörde. "Die Schule macht eine exzellente Arbeit", sagt Sascha Aulepp, "gemeinsam mit ihr arbeiten wir nun intensiv daran, die Voraussetzungen für eine zukünftige Zertifizierung zu schaffen." Wohl Anfang kommenden Jahres, schätzt Harald Wolf, dürfte der nächste Antrag in Richtung DOSB geschickt werden.
Harald Wolf hat eine lange Liste angefertigt, auf der er Sportarten und Namen von Mädchen und Jungen von der Schule Ronzelenstraße aufzählt, die zum Teil sogar in die Weltspitze vorgedrungen sind. Der Schwimmer Florian Wellbrock ist inzwischen Olympiasieger, die Turnerin Karina Schönmaier gerade zweifache Europameisterin und der Handballer Miro Schluroff vor kurzem Nationalspieler geworden. Ob Nationalspielerin Lena Frerichs im Hockey, die vielen auch weltweit erfolgreichen Tänzerinnen und Tänzer des Grün-Gold-Clubs oder herausragende Schülerinnen und Schüler im Basketball, Volleyball, Triathlon oder in der Rhythmischen Sportgymnastik: Wären einzelne Namen Argumente, hätte Harald Wolf schon jetzt mehr als genug.
Klar ist aber: Der DOSB hat bei allem Lob für die Bremer Schule deutlich gemacht, dass die Spitzensportstrukturen in Bremen aktuell nicht ausreichen, um sich schon jetzt Eliteschule des Sports nennen zu dürfen. "Das können wir als Schule auch nicht allein schaffen, da sind auch die Fachverbände gefragt", sagt Harald Wolf, "mit ihnen und mit der Politik müssen wir weiter die Gespräche führen."
Bei allem Ehrgeiz für das Projekt gibt sich Harald Wolf aber auch gelassen. "Unsere Schule wird genauso weiter arbeiten wie bisher – auch ohne Zertifikat", sagt er. Das ist für alle jetzigen und künftigen Schüler an der Ronzelenstraße schon mal eine gute Nachricht. Das Kämpfen für ihre Sache zählt seit Jahren zu den Tugenden der Schule. Das Internat und vor allem die im Vorjahr auf dem Schulgelände in Betrieb genommene, einzigartige Doppel-Dreifach-Sporthalle sind nur die sichtbarsten Resultate aller Anstrengungen.