Emma Davidsmeyer hat ihre Chance genutzt. "Wenn ich schon mal da bin, dann bleibe ich doch noch etwas länger", dachte sich die aus Bremen kommende Hockeyspielerin, als sie im Februar für die Länderspielreise der deutschen Damen-Nationalmannschaft nach Australien nominiert wurde. Gesagt, getan. Als die DHB-Auswahl ihre Tour beendet hatte, blieb Davidsmeyer in "Down Under" und begab sich mit ihrem nachgereisten Lebensgefährten Tom noch auf eine dreiwöchige Rundreise. Drei Wochen Camping-Urlaub in einem Van im australischen Spätsommer bei Tagestemperaturen um 30 Grad – "das war der Wahnsinn", schwärmt Emma Davidsmeyer. "Ich kann das nur empfehlen."
Die sportlich beim Bremer HC groß gewordene Nationalspielerin hat also auch hier alles richtig gemacht. Naja, zumindest fast. Denn als sie in Deutschland wieder aus dem Flieger stieg, schlugen ihr eisige Kälte und Schneegestöber entgegen. "Ich hatte tatsächlich vergessen, eine Jacke einzupacken", sagt Emma Davidsmeyer und lacht über den frostigen Empfang. Vor knapp zehn Tagen hat sie ihre kleine Auszeit beendet und ist jetzt – um im Bild zu bleiben – wieder auf Betriebstemperatur. Schließlich steht ab diesem Sonntag in Bremen bereits die nächste Lehrgangsmaßnahme mit der DHB-Auswahl auf dem Programm.
Emma Davidsmeyer ist dabei, wenn sich das Team von Bundestrainer Valentin Altenburg auf der Anlage des Bremer HC unter anderem mit zwei Länderspielen gegen Belgien auf die im August in Mönchengladbach anstehende Europameisterschaft vorbereitet. Die Defensivspielerin wäre im Sommer auch gerne bei dieser Heim-EM dabei, macht sich aber keinen Druck. "Es ist alles offen", sagt sie. Davidsmeyer sieht sich immer noch als Lernende. Sie will dabei sein. Alles mitnehmen. Spaß haben und sich entwickeln. Ihr Ziel sei es, den Weg möglichst lange mitzugehen. Den Weg, der über weitere Lehrgangsmaßnahmen in Wiesbaden, Limburg und Ludwigsburg sowie über weitere Pro-League-Reisen nach London, Amsterdam und Antwerpen zur EM in den Gladbacher Hockeypark führt.
Bereits im vergangenen Spätherbst hatte sich die DHB-Auswahl im Rahmen der Pro-League-Serie auf eine zweiwöchige Länderspielreise begeben. Südamerika war seinerzeit das Ziel, genauer gesagt Argentinien. Für diese Reise war auch Emma Davidsmeyer nominiert worden, sie musste aber zwei Tage zuvor wegen einer Corona-Infektion absagen. "Das war echt schade", sagt die 23-Jährige. Umso schöner war deshalb nun diese Länderspieltour nach Australien, bei der die Außenverteidigerin in drei der vier Pro-League-Partien im Olympischen Hockeypark von Sydney zum Einsatz kam und es sehr genossen hat, Teil des Teams zu sein. "Wir haben uns gut weiterentwickelt, darauf wollen wir jetzt in Bremen aufbauen", sagt sie. Man wolle schönes und attraktives Hockey spielen, "wir wollen auch in Bremen Werbung für unseren Sport machen", sagt sie.
Gerade in Bremen. An dem Ort, der Emma Davidsmeyer so viel bedeutet. Der Bremer HC, das ist ein großer, ein wichtiger Teil ihres noch jungen Lebens. Emma Davidsmeyer ist am Heinrich-Baden-Weg gewissermaßen aufgewachsen. Im Alter von sechs Jahren fängt sie dort mit dem Hockeyspielen an. Sie besitzt Talent, großes Talent sogar. Emma Davidsmeyer sticht heraus und wird gefördert. Mit der weiblichen Jugend B des BHC wird sie Deutscher Meister auf dem Feld. Seit der U16 durchläuft sie alle Jugendauswahlteams des DHB und wird im April 2019 erstmals für ein Länderspiel der Damen-Nationalmannschaft berufen. Ihr Debüt feiert sie beim Testspiel der "Danas" in Mönchengladbach gegen Kanada.
Zu dem Zeitpunkt ist Emma Davidsmeyer gerade 20 Jahre alt geworden. Mit ihrem BHC spielt sie in der Saison 2018/19 in der 1. Bundesliga, die technisch und athletisch starke Allrounderin hat sich damit einen Kindheitstraum erfüllt. Kurz darauf ist aber Schluss. Der BHC steigt nach nur einer Saison wieder ab – und Emma Davidsmeyer kehrt ihrem Heimatverein den Rücken. Schweren Herzens und doch aus guten Gründen. Nach ihrem Abitur am Ökumenischen Gymnasium in Oberneuland und einer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten (MFA) will sie nun ein Medizinstudium aufnehmen – was in Bremen nicht möglich ist. Und natürlich ist sie gewillt, ihre Karriere im Nationalteam zu forcieren – dafür aber muss sie erstklassig bleiben. Also wechselt sie im Sommer 2019 zum amtierenden deutschen Meister Club an der Alster nach Hamburg.
"Das war eine gute Entscheidung", sagt Emma Davidsmeyer heute. "Ich bin froh, den Schritt gemacht zu haben." Ihr Plan ist nämlich voll aufgegangen, sportlich und privat. Sie lebt inzwischen mit ihrem langjährigen Freund Tom zusammen in Hamburg. Sie studiert dort Medizin, kommt jetzt ins sechste Semester. Und sie ist Stammspielerin bei einem der Top-Klubs in Deutschland, feiert Erfolge und ist dank beständig guter Leistungen noch näher herangerückt an den deutschen A-Kader, mit dem sie sich nun an ihrer alten Wirkungsstätte präsentiert.
"Es wird cool, wieder auf die Anlage zu kommen und alle wiederzusehen, das ist ein Stück Zuhause", sagt Emma Davidsmeyer. Dann lacht sie und ergänzt: "Ich kenne ja sogar noch den Code für die Umkleide." Sie weiß, dass der Trainingsplan in den nächsten Tagen voll und die Belastung für die Kaderspielerinnen hoch sein wird. Trotzdem ist sie voller Vorfreude. Sie weiß nämlich auch, dass ihre Eltern und ihr jüngerer Bruder Lasse auf der Tribüne sitzen werden. Auch der Bruder spielt Hockey beim BHC. Sie wird viele alte Weggefährtinnen wiedersehen, denen sie immer noch freundschaftlich verbunden ist. Die Nina zum Beispiel, oder die Jette und die Greta. Die Liste ist lang.
Viel Zeit für Kontaktpflege in ihrer alten Heimat hat Emma Davidsmeyer indes nicht. Nach Lehrgangsende wird sie noch einen Tag bei ihrer Familie in Bremen bleiben, am Freitag geht's dann zurück nach Hamburg. Wie bei allen Bundesligavereinen läuft auch beim Club an der Alster bereits die Vorbereitung auf den nach Ostern beginnenden zweiten Teil der Feldsaison. Und da steht mit einem mehrtägigen Trainingslager in den Niederlanden bereits die nächste Reise auf dem Programm. Eine Reise mit vielen Testspielen, aber auch mit Teambuildingmaßnahmen. Emma Davidsmeyer liebt so etwas: "Hockey ist ein Teamsport. Ich habe mich ganz bewusst dafür entschieden und freue mich, wenn dieser Teamgedanke mit Leben gefüllt wird."