Man kennt sich, man duelliert sich. Das wäre keine neuartige Konstellation. In der vorliegenden Beachvolleyball-Konstellation, in der es neben den Aufschlägen im Sand auch um einen vor Gericht geht, ist die Sache jedoch so bemerkens- wie berichtenswert. Auf der sportlichen Ebene sieht es so aus: Am kommenden Wochenende startet in Düsseldorf die sogenannte Beach-Liga. Spielervertreter haben sie organisiert, sie ist quasi ein Ersatz für die wegen Corona abgesagte deutsche Tour. Internationale Turniere, relevant für die Weltrangliste, gibt es ohnehin nicht. In Düsseldorf wird auch das Team Cinja Tillmann und Kim Behrens starten. Behrens' Weg hinein in die Welt des Leistungs- und Profisports hatte einst in Bremen begonnen, sie ist in Stuttgart freigestellte Polizeikommissarin, startet für den OSC Baden-Württemberg und lebt derzeit in Münster.
In Düsseldorf, wo, wenn auch ohne Zuschauer, endlich, endlich wieder ein Wettkampf bestritten werden kann, könnten Behrens/Tillmann auch auf das Duo Bieneck/Schneider treffen. Zwischen den Athletinnen gibt es nach vorliegenden Erkenntnissen keinerlei Probleme. Eine Brisanz liegt trotzdem vor. Praktisch automatisch. Bieneck/Schneider gehören zu den vier Nationalteams des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV), und gegen den DVV haben Kim Behrens und Cinja Tillmann vor dem Landgericht Frankfurt/Main Klage eingereicht. Sie fechten die Nominierungskriterien des Verbandes an und fordern Schadensersatz, in Höhe von 22.000 Dollar. Ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung war Ende März corona-bedingt wieder gestrichen worden.
Nun werden nach Lage der Dinge am 12. August die Anwälte der beiden Streitparteien im Raum 1 des Gebäudes E am Frankfurter Landgericht erscheinen. Auch die Anwälte kennen sich gut. „Wir sind sogar befreundet“, sagt Paul Lambertz, der die beiden Spielerinnen vertritt. Er habe einst eine Station seines Referendariats bei Michael Lehner absolviert, erzählt er. Der Heidelberger Jurist Michael Lehner, der das Mandat des Volleyball-Verbandes übernommen hat, dürfte einem breiteren Sportpublikum spätestens seit der sogenannten Zahnpasta-Affäre bekannt sein. Damals vertrat er den unter Dopingverdacht geratenen populären Läufer Dieter Baumann.
Ein Team auf Zeit
Lehners früherer Schüler Paul Lambertz, inzwischen 39 und in Düsseldorf Fachanwalt für Sportrecht, tritt seinem Freund und Ausbilder nun erstmals als gegnerischer Anwalt entgegen. Im Kern der Auseinandersetzung, sagt Lambertz, gehe es um eine aus seiner Sicht doppelte Bevorzugung der DVV-Teams gegenüber seinen Mandantinnen. Niclas Hildebrand, Sportdirektor Beach des DVV, hatte sinngemäß stets betont, dass er Tillmann/Behrens ungeachtet der Weltrangliste als fünftbestes deutsches Team ansieht. Als Team auf Zeit, weil es aus zwei Abwehrspezialistinnen bestehe. Er müsse dafür sorgen, dass die vier Nationalteams optimal gefördert und auf Olympia vorbereitet werden.
Ja, sagt Lambertz. Aber es könne nicht sein, dass Teams, die sowieso schon besser gefördert werden, auch noch bei der Besetzung internationaler Turnier bevorzugt werden. Obwohl Behrens/Tillmann in der Rangliste weiter vorn stünden. Im Winter hatte Kim Behrens vorgerechnet, dass der Verband sie von sechs Turnieren abgemeldet beziehungsweise nicht nominiert habe. Laut Paul Lambertz ergibt sich die Schadensersatz-Forderung von umgerechnet gut 19.000 Euro vornehmlich aus den dadurch entgangenen garantierten Start- und Preisgeldern.