Carolin Schiff hat sich in Position gebracht. Wenn am ersten Oktoberwochenende im baden-württembergischen Kehl-Auenheim die deutsche Crossmeisterschaft ausgetragen wird, gehört die Radsportlerin aus Bremen zum engeren Favoritenkreis. Schließlich wird Schiff bei diesen Titelkämpfen als Siegerin der Cyclocross-Bundesliga-Serie an den Start gehen. Eine Serie, die wegen der Corona-Pandemie nur aus vier anstatt eigentlich geplanten zehn Renntagen bestand und jetzt mit einer Doppelveranstaltung im südhessischen Bensheim abgeschlossen wurde.
Carolin Schiff hatte die beiden ersten Bundesliga-Rennen im Oktober 2020 in Bad Salzdetfurth gewonnen, beim Saisonfinale, das gleichzeitig als Generalprobe für die anstehende Cross-DM diente, belegte die 35-Jährige nun die Ränge zwei und drei. Das reichte, um mit 226 Punkten die Führung in der Gesamtwertung zu behaupten und Judith Krahl (RSV Finsterwalde/216) sowie Titelverteidigerin Stefanie Paul (RSG Hannover/209) in dieser verkürzten Serie auf die Plätze zu verweisen. "Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, diese Bundesligaserie gewonnen zu haben", sagt Carolin Schiff. "Ich bin schließlich keine Cross-Spezialistin."
Die deutsche Bergmeisterin von 2019, die seit Jahresbeginn als Profi für das Team Cycles-Immo Losch des ehemaligen Toursiegers Andy Schleck fährt, ist eigentlich eher auf der Straße unterwegs und weniger im Gelände. Der knapp drei Kilometer lange Rundkurs in Bensheim mit Sand- und Laufpassagen, rasanten Abfahrten mit Steilkurven und einem kräftezehrenden Treppenanstieg war für die rund 40 Starterinnen technisch sehr anspruchsvoll gestaltet. "Das liegt mir eigentlich nicht so, weil ich dann meine physische Stärke nicht so ausspielen kann", sagt Schiff. Zudem habe ihr bei Temperaturen um 25 Grad Celsius auch körperlich ein wenig die Frische gefehlt. Grund dafür war ihr Start eine Woche zuvor bei einem Offroad-Gravelrennen in der Sächsischen Schweiz über 320 Kilometer und mit 6000 Höhenmetern. Als einzige Frau im 30er-Starterfeld hatte Schiff nach 15 Stunden im Sattel gegen Mitternacht als Erste das Ziel erreicht – und tatsächlich auch alle männlichen Konkurrenten deutlich hinter sich gelassen.
"Meine Form stimmt", sagt Carolin Schiff mit Blick auf die jüngsten Erfolge. Und das möchte die Sechste der Straßenrad-DM vom Juni dieses Jahres nun auch in Kehl-Auenheim unter Beweis stellen. Dreimal hat sie bereits an einer Cross-DM teilgenommen, die beste Platzierung war ein fünfter Rang. "Mein Ziel ist diesmal das Treppchen", sagt die Nationalmannschaftsfahrerin. "Das sollte möglich sein, weil die Strecke mehr gerade, ansteigende Teilstücke hat, das kommt mir entgegen." Und wenn es richtig gut läuft, weiß Schiff, könnte für sie sogar eine Teilnahme an der Cross-Europameisterschaft Anfang November in den Niederlanden möglich sein, "das wäre noch mal ein echtes Highlight".
Ihren Vertrag im Team von Andy Schleck hat Carolin Schiff zwischenzeitlich um ein Jahr verlängert, "da bin ich sehr froh drüber", sagt sie. Und nun hofft die im VC Vegesack heimische Bremerin, dass der Wettkampfkalender für sie in 2022 wieder deutlich mehr Veranstaltungen und Rundfahrten bereithält als in diesem Corona-Jahr 2021.