Es gab diesen einen Moment, als Stadion-Lauf und Fußballtempel sich vereinigten. Das war gegen 14.30 Uhr, das Feld über das „Volle Programm“ von rund 4100 Metern und mit etwa 1100 Stufen war bereits gestartet, und so befanden sich eigentlich überall im Weserstadion irgendwelche Läufer. Im Innenraum stimmte dann einer „Werder“ an und schaffte damit ein beeindruckendes Echo. Denn das dazugehörige „Bremen“ kam aus einigen Stimmen in der Westkurve, es war von der Südtribüne her zu hören, und auch im Oberrang der Ostkurve fanden sich ein paar Abnehmer der akustischen Vorlage. Klar, mit dem üblichen „Werder“ und „Bremen“ aus einer voll besetzten Heimspiel-Arena vermochte diese Einlage nicht mitzuhalten. Am Ende waren ja auch "nur" ein paar Hundert Menschen im Stadion. Für eine Gänsehaut der Beteiligten sorgte dieser Moment aber schon.
Auch bei Thomas Adick, der sich rund eine Stunde später ein bisschen zurückgezogen hatte, um endlich mal in Ruhe etwas zu essen. Aber Tatjana fand den technischen Leiter dieses Laufes doch. „Ich glaube, du gehörst zum Orga-Team, und deshalb wollte ich dir sagen: Das ist eine tolle Strecke“, ließ ihn die Teilnehmerin wissen. Das breite Grinsen von Adick unterstrich: Für solche Momente macht er das. „Das Feedback ist überwältigend positiv“, sagt die eine Hälfte von bremen RAcing, der Lauf-Agentur hinter der Veranstaltung. Seit Wochen waren sie durchs Stadion getobt und hatten immer wieder nach dem richtigen Verlauf der Strecke gesucht, und dabei waren nicht nur Thomas Adick und sein Agentur-Partner Herwig Renkwitz beteiligt.
Zusammenarbeit mit dem SV Werder
Auch der SV Werder war ja mit im Boot oder „voll dabei“, um es mit Philipp Mehrtens zu sagen. Der stellvertretende Abteilungsleiter der grün-weißen Leichtathleten gibt heute den Sprecher am Start und schickt deshalb regelmäßig die Läufer und Läuferinnen auf die Strecke. Los ging es mit den Kids, die ganz aufgeregt die ersten Meter durch die riesige Tiefgarage des Stadions in Angriff nahmen. Später folgten der lange Lauf und die kurze Variante, die gern auch von Walkern gebucht worden war. Sie wussten vermutlich, warum. Man hat dann einfach mehr Zeit zum gucken. „Die Strecke ist so geil“, sagt Philipp Mehrtens. Selbst er, das langjährige Werder-Mitglied, hätte dank der vielen Arbeit an der Strecke den ein oder anderen Ort besucht, „den ich vorher gar nicht kannte“. Solche Einblicke würde man jedenfalls selbst bei einer Führung durchs Stadion nicht bekommen.
„Die Leute sehen richtig viel“, bestätigt Thomas Müller, ebenfalls Werder-Mitglied und einer aus der Gruppe der Testläufer, die vor dem eigentlichen Start noch einmal über die Strecke gegangen waren. So etwas ist wichtig, vielleicht fällt kurz vor knapp ja noch etwas auf, was in der Theorie der Streckenplanung untergegangen war. Das Urteil Müllers trug zur Beruhigung bei: „Man kann sich nicht verlaufen.“ Wer sich die Westkurve ansieht, mag das kaum glauben. Dort sind zahlreiche Flatterbänder gespannt, und so wirkt die Szenerie eher wie ein aus den Fugen geratenes Mikado-Spiel. Wer auf der Strecke ist, sieht das allerdings anders: Nur die vielen rot-weißen „Leitplanken“ sorgen für Klarheit. Ansonsten wären die rund zwei Kilometer im Westen des Stadions nicht zu bewältigen.
"War ich hier nicht schon mal?"
Wer trotzdem noch eine Hilfe benötigt, erhält sie durch Menschen wie Axel Mindermann. Er ist Mitarbeiter des Bremer Leichtathletik-Verbandes und heute einer der zahlreichen Helfer, die an neuralgischen Punkten den Weg weisen. „War ich hier nicht schon mal“, fragt ihn ein Teilnehmer lachend. „Die Leute haben richtig gute Laune“, findet Mindermann. Dabei sind sie ja erst im Westen. Später, etwa im längst verlassen Bistro Blick, bei lauter Musik und Lichteffekten in der Leichtathletik-Halle, in den langen Gängen der VIP-Bereiche oder im Spielertunnel der kultigen Ostkurve gibt es noch einiges mehr zu sehen. „Wir haben schon viele Ideen für das nächste Jahr, sind jetzt aber erst mal glücklich über eine tolle Veranstaltung“, sagt Herwig Renkwitz. Sein Highlight: Der kleine Chor, der für einen kurzen Moment eine Heimspielatmosphäre erzeugt hatte. „Was für eine Eigendynamik.“