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Werders Protest-Pläne Schach dem Krieg

Am Wochenende soll die Schach-Bundesliga starten. Doch Werders ukrainische Spitzenspieler werden fehlen, sie können nicht ausreisen. Werder will auch am Schachbrett gegen die Invasion Russlands protestieren.
28.02.2022, 19:19 Uhr
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Schach dem Krieg
Von Olaf Dorow

Endlich ist es so weit, endlich geht es weiter. Die 2019 begonnene Schach-Bundesliga hatte wegen der Pandemie erst zwei Jahre später beendet werden können. Der Start in die Saison 2021/22 wurde mehrmals verschoben, am kommenden Wochenende soll er nun vollzogen werden. "Doch das Sportliche wird am Wochenende komplett in den Hintergrund treten", sagt Oliver Höpfner. Er steht Werders Schachabteilung vor. Und Werders Schachabteilung gehört zu den unzähligen Beispielen, wie nahe auch hier in Deutschland kommen kann, was gerade in der Ukraine geschieht. Drei der besten Werder-Spieler am Brett leben in der Ukraine. Ein vierter lebt zwar seit Langem schon in Bremen. Er wurde aber in der Ukraine geboren. Er hat Angehörige in dem Land, in dem seit vergangenem Donnerstag Krieg herrscht.

Kirill Shevchenko aus Kiew, Alexander Areshchenko aus Lemberg und Zahar Efimenko, der mit seiner Familie nahe der ukrainisch-ungarischen Grenze wohnt, hatten Einladungen erhalten zu den Werder-Spielen am Wochenende gegen Baden-Baden und Deizisau. Werder wollte sein stärkstes Team aufbieten, die Gegner sind deutscher Meister beziehungsweise Vizemeister. Doch alle drei Spieler konnten nicht mehr tun, als sich zu bedanken und abzusagen. Ukrainische Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren haben im Land zu bleiben.

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Die Kommunikation mit Bremen und Werder läuft vorwiegend über den Messenger-Dienst Viber und über den Bremer Gennadij Fish, geboren in Simferopol. Er stand vor knapp 18 Jahren zusammen mit Zahar Efimenko in Werders Schachteam, das den deutschen Meistertitel gewann. Auch Alexander Areshchenko spielt seit mehr als 15 Jahren schon für Grün-Weiß. Die Familien des Trios sind eng befreundet. Zuletzt hatte Fish, berichtet er, am Wochenende Kontakt. Efimenko, 36 Jahre alt, und Areshchenko (35) hätten davon gesprochen, dass sie Frau und Kind gern über die Grenze bringen würden. Dass die Familien aber zunächst noch jeweils zusammen bleiben wollen und dass sie derzeit noch in Sicherheit seien.

Kirill Shevchenko habe, sagt Gennadij Fish, zuletzt am Freitag per Viber gemeldet, dass er wohlauf sei. Das 19 Jahre alte Schachtalent aus Kiew war im vergangenen Jahr mit dem Team Ukraine Team-Europameister geworden. Am Wochenende sollte er in Bremen als Werders neue Nummer eins vorgestellt werden und als Spitzenspieler gegen Baden-Baden (am Sonnabend) und gegen Deizisau (Sonntag) an Brett eins von acht Brettern sitzen.

Zwei der acht Bretter werden aber womöglich frei bleiben. Werder überlegt, auf diese Weise den Protest gegen Russlands Invasion zum Ausdruck zu bringen. Am Montagabend wollen sich Oliver Höpfner, Team-Manager Spartak Grigorian sowie Mannschaftsführer Gennadij Fish zusammensetzen und eine Entscheidung treffen. Als Ersatz für die ausfallenden ukrainischen Spieler hatte der Hamburger Alexander Markgraf seine Wochenendpläne geändert und einen Werder-Einsatz zugesagt.

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Theoretisch könnte auch der mittlerweile 48 Jahre alte Gennadij Fish einspringen. "Ich bin als Spieler nur noch für Notfälle vorgesehen", sagt er. Und fragt: "Aber was ist das jetzt? Ein Notfall?" Er könne und wolle nicht spielen. Seine Gedanken sind weit weg vom Schachbrett derzeit. Die Eltern seiner Schwiegertochter leben in der Ukraine, nahe der moldawischen Grenze. Sie seien beide älter als 60 Jahre, sie dürften zumindest theoretisch gemeinsam in ein sicheres Land ausreisen. Aber auch sie hätten wiederum vor Ort familiäre und andere Bindungen, sie hätten sich vorerst fürs Bleiben entschieden.  

Tritt ein Spieler nicht an, gebe es neben dem Punktverlust ein Strafgeld von 500 Euro, sagt Oliver Höpfner. Werder habe solch einen Fall schon einmal gehabt, als sich das Flugzeug aus London verspätete, mit dem Werders Topspieler Luke McShane anreisen wollte. Aber einen vorher auch dem Gegner angezeigten Protest-Verzicht habe es seines Wissens in der Schach-Bundesliga bislang noch nie gegeben. Gespielt wird am Sonnabend ab 14 Uhr und am Sonntag ab 10 Uhr im Bistro der Firma Harren & Partner in Oberneuland. Dass der Ligaverband tatsächlich eine Geldstrafe erhebt, sollte Werder Bretter unbesetzt lassen, erscheint fraglich. Die Liga hat im Netz, wie viele anderen Institutionen auch, das ukrainische Blau und Gelb auf ihre Startseite gesetzt. In deutscher, englischer, ukrainischer und russischer Sprache steht darunter ein Text mit dem Titel: Beendet den Krieg!

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