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Der neue Pinguins-Manager Furchner: "Hier muss man nichts umkrempeln"

Nach drei Jahrzehnten bei den Pinguins gibt Manager Alfred Prey etwas Verantwortung ab und machte Sebastian Furchner zum Sportlichen Leiter. Hier spricht der neue Mann über seinen Weg und besondere Emotionen.
04.01.2024, 16:00 Uhr
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Furchner:
Von Jean-Julien Beer

Herr Furchner, seit dem Jahreswechsel sind Sie der neue Sportliche Leiter der Fischtown Pinguins. Wie hat es der langjährige Teammanager Alfred Prey geschafft, Sie zu überzeugen?

Sebastian Furchner: Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Stadt ist uns vertraut, meine Schwiegereltern leben nach wie vor hier. Meine Frau habe ich einst als Spieler in Bremerhaven kennengelernt. Das war sicher ein ganz großer Faktor. Irgendwann hat Alfred Prey gesagt: Jetzt oder nie, sonst müssen wir jemand anderes holen. Im Familienrat haben wir dann entschieden: Okay, wir gehen von Wolfsburg nach Bremerhaven. Es gibt nur 14 Managerposten in der Liga, ich darf einen davon haben – das ist eine riesige Ehre für mich, aber auch eine große Verantwortung, die Geschichte der Pinguins weiterzuschreiben.

Zwischen Ihnen und Alfred Prey liegen fast 30 Jahre Altersunterschied – warum ist das trotzdem eine enge Freundschaft?

Das hängt immer noch mit der Saison 2001/02 zusammen, als ich hier gespielt habe. Damals habe ich eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten beim Magistrat gemacht, erst zwei Jahre daheim in Kaufbeuren und dann ein Jahr in Bremerhaven. Schlussendlich bin ich nur durch die Ausbildung hier gelandet: Alfred Prey war die treibende Kraft, damit ich die Ausbildung zu Ende machen konnte. Das war die Bedingung meines Vaters, der sagte: Wenn du wechselst, musst du die Ausbildung zu Ende machen. Bremerhaven war der einzige Verein, der das umsetzen konnte. Und ich war der einzige Spieler, der zusätzlich gearbeitet hat, das war nicht immer einfach. Alfred hat immer auf mich geachtet und keinen Zweifel aufkommen lassen, dass diese Ausbildung beendet werden muss. Als ich später das Angebot von den Kölner Haien bekam, hat er offen gesagt: Als Verantwortlicher von Bremerhaven sage ich, du musst bleiben – aber als dein Freund sage ich, du musst nach Köln gehen. Diese aufrichtige Art habe ich ihm nie vergessen. Der Kontakt blieb immer bestehen, ich habe mir oft Rat holen können. So ist über die Jahre eine enge Vertrauensbindung entstanden.

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Worum geht es in den ersten Tagen im neuen Job?

Jeder Verein tickt anders. Ich war zuletzt mehr als 15 Jahre in Wolfsburg, erst als Spieler, dann im Büro. An die Abläufe dort habe ich mich natürlich gewöhnt. Jetzt geht es darum, bei den Pinguins die Abläufe und die Leute besser kennenzulernen. Bei der Mannschaft ist es anders: Gegen einige habe ich selbst gespielt, mit anderen habe ich zusammen gespielt, mit Co-Trainer Alex Sulzer bin ich sogar aufgewachsen.

Für die Pinguins läuft es gut, es könnte die beste Saison der Ära Alfred Prey werden: Geht es für Sie eher darum, die Dinge zu bewahren und fortzuführen – oder muss man gerade im Erfolg etwas verändern, um oben zu bleiben?

Zunächst einmal muss man sagen: Hochachtung vor der Leistung, die in Bremerhaven von allen Beteiligten erbracht wurde. Ich komme in ein funktionierendes System. Es wäre Schwachsinn, jetzt zu sagen: Ich erfinde das Rad neu und bringe alles durcheinander, weil ich alles besser kann. Die Abläufe funktionieren. Jetzt geht es darum, sie kennenzulernen und ein paar eigene Ideen einzubringen. Die Fischtown Pinguins haben sich seit Jahren etabliert, hier muss man nichts umkrempeln. Weder sportlich, noch im Drumherum.

Sie haben über 1000 Spiele in der DEL gemacht – warum war für Sie klar: Ich werde nicht Trainer, sondern Manager?

Ich plane sehr gerne, ich mag das strategische Denken. Deshalb war ich beim Magistrat nicht falsch aufgehoben. Trainer wäre nichts für mich, dafür bin ich zu emotional. Ich glaube, dann hätte ich schon an Weihnachten nur noch eine halbe Mannschaft, weil die Spieler sagen würden: Der ist uns zu anstrengend. Außerdem bin ich gerne fest an einem Ort, das passt oft nicht zum Trainerleben. Ich mag es, ein gewohntes Umfeld zu haben. Wohlfühl-Oase hat im Sport immer eine negative Bedeutung, ich sehe das aber positiv: Ich war auch lange in Wolfsburg, weil wir uns dort als Familie wohlgefühlt hatten. In Bremerhaven ist das ähnlich: Wir haben hier viele Freunde, auch außerhalb des Eishockeys, meine Frau kommt aus der Stadt – das ist mir wichtig. Andere Geschichten wären für mich nicht infrage gekommen. Hinzu kommt: Die Anerkennung, die man hier von den Fans bekommt, ist intensiver als an anderen, größeren Standorten. Die Leute gehen mit, überall in der Stadt wird über die Pinguine gesprochen. Auch das hat mich angezogen.

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Sportlich bieten die Pinguins eigentlich alle Zutaten für eine Krise: Trainer Thomas Popiesch hört wahrscheinlich auf, Manager Alfred Prey zieht sich zurück, Nationaltorwart Maxi Franzreb fehlt monatelang verletzt. Warum läuft es trotzdem so gut?

Zunächst einmal: Der Manager zieht sich nicht wirklich zurück. Alfred Prey ist zwei Meter weiter gezogen. Wenn man so will, ist er sogar in ein Einzelbüro aufgestiegen. Er ist nach wie vor ins Tagesgeschäft eingebunden und immer da. Allein rund ums Auswärtsspiel in Nürnberg waren wir zuletzt 23 Stunden zusammen und haben über Eishockey geredet. Er wird auch im nächsten Jahr hier sein, der Austausch bleibt also bestehen. Durch meine Person ist zunächst einmal nur einer dazu gekommen, der jetzt die Unterschrift unter gewisse Verträge setzt. Aber am Einfluss von Alfred Prey auf den Verein wird sich kurz- und mittelfristig nichts ändern. Was die anderen Punkte betrifft: Die Trainer leisten hier täglich herausragende Arbeit – was sie aus der Mannschaft herausholen, ist top. Und den Ausfall von Maxi Franzreb, der bei der WM Silber holte, haben wir durch einen anderen Nationaltorhüter auffangen können: Kristers Gudlevskis hat bei der WM Bronze gewonnen. Silber und Bronze im Tor, das muss man auch erst einmal haben. Da hat Alfred Prey bei der Saisonplanung sehr gute Arbeit geleistet.

Die Fans träumen vom Titel. Sie auch?

Träumen darf man immer, das ist nie verboten. Aber man muss schon sehen, wie viel Arbeit von den Jungs und vom Trainerteam da drinsteckt. Da wird es auch mal Rückschläge geben, mit denen man umgehen muss. Die Mannschaft spielt über den Erwartungen. Die Jungs in der Kabine haben ganz bestimmt große Ziele. Und das ist gut so. Als Verein dürfen wir aber nicht vergessen, wo wir in der Etat-Tabelle stehen. Natürlich wollen wir das Maximum herausholen. Aber es ist allein schon ein langer Weg bis in die Play-offs – und die starten dann wieder bei null. Das Allerwichtigste ist, mit dem Abstieg nichts zu tun zu haben. Jetzt haben wir das schwere Spiel an diesem Freitag in Frankfurt vor der Brust. Und am Sonntag im Topspiel gegen die Eisbären Berlin werden wir wieder eine Super-Stimmung in der Eisarena haben. Da freue ich mich schon drauf.

Das Gespräch führte Jean-Julien Beer.

Zur Person

Sebastian Furchner (41)

stammt aus Kaufbeuren und hat mehr als 1000 DEL-Spiele für Köln und Wolfsburg gemacht. Für Bremerhaven spielte er 2001/02 in der 2. Liga. Er verstärkt das Management der Fischtown Pinguins.

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