Es waren ein paar wenige Menschen aus Köln, die die Stimmung nach diesem Fußballspiel nachhaltig beeinflussten. Sie jubelten nämlich, während ansonsten Stille herrschte auf Platz 11. „Wie konnte das passieren?“, fragten sich die meisten der 1525 Zuschauer des Halbfinales um die Deutsche Meisterschaft zwischen den U19-Teams des SV Werder und des 1. FC Köln. Obwohl sie dominant waren, mehr Chancen besaßen und unter Strich die klar bessere Mannschaft stellten, verließen die Bremer den Platz mit einer Niederlage.
Der 1. FC Köln gewann nämlich mit 5:3 (2:2) nach Elfmeterschießen, und so zieht nach Bayer Leverkusen (4:3 n.V. gegen Bayern München) auch der rheinische Nachbar ins große Finale am kommenden Sonntag ein. „Diese Niederlage wiegt schwer“, bekannte Werder-Trainer Cedric Makiadi, und aus der Mannschaft ließen sich wenig überraschend keine anderen Stimmen vernehmen. „Das ist sehr bitter“, meinte Kapitän Wesley Adeh stellvertretend für die Kollegen. Sie hatten sich gerade aufgerafft und waren vom Platz getrottet. Das Elfmeterschießen, die engste aller Entscheidungen im Fußball, hatte vielen Kickern den Rest gegeben.
Vernehmbar war der Lattentreffer von Avid Krogmann sowieso. In den Ohren der jungen Bremer hinterließ er vermutlich einen schmerzhaften Knall: Der dritte Fehlschuss des SVW zog einen bitteren Schlussstrich und verbreitete erst einmal nur Enttäuschung. Dabei waren sie doch als Spezialisten in die Entscheidung vom Punkt gegangen. Im Elfmeterschießen war die U19 dank der Siege über Borussia Mönchengladbach (7:6) und Eintracht Frankfurt (7:5) ja erst in dieses Halbfinale gelangt. „Aber das ist immer eine Lotterie“, meinte Cedric Makiadi. Der Trainer räumte allerdings auch ein, dass seine Spieler „diesmal nicht so souverän geschossen“ hätten wie in den Vorwochen. „Die Nervosität war da“, bekannte Wesley Adeh.
Beim Keeper ging noch alles gut; wie zuvor war Torhüter Stefan Smarkalev als erster Schütze angetreten und hatte souverän verwandelt. Aber dann scheiterten Princewill Mbock und Paul Erevbenagie an Kölns Schlussmann Mikolaj Marutzki, bevor Avid Krogmann die Latte traf. Den Kölnern reichten also drei Elfmeter, weil Chinedu Chukwukelu, Arian Römers und Kristiyan Irmiev allesamt trafen. Immerhin stand nach diesem Elfmeterschießen aber fest, worin der 1. FC Köln wirklich besser war. In den 120 Minuten zuvor hatte sich eher nicht angedeutet, dass der Gast ins Finale einziehen würde. „Wir waren das bessere Team“, unterstrich Wesley Adeh.
Chancen ausgelassen
Andererseits musste ja schon etwas schiefgelaufen sein zwischen Anpfiff und letztem Elfmeter. Sonst wäre die vermeintlich bessere Mannschaft als Sieger vom Platz gegangen. Also sprach Adeh von „minimalen Fehlern“, und der zweifache Torschütze Salim Musah fand: „Wir hätten den Deckel drauf machen können.“ Bereits zur Pause hatte sich der Zwischenstand von 1:1 irgendwie komisch angefühlt. Denn in den ersten 45 Minuten hatten die Bremer eigentlich alles im Griff gehabt und diverse Chancen zu einer Halbzeitführung besessen.
Allein in der ersten Viertelstunde waren der starke Yuval Ranon (10., 13.) sowie Musah (14.) gerade noch an einem erfolgreichen Abschluss gehindert worden. Die Führung der überlegenen Bremer war längst fällig, als Musah wenig später aus der Drehung zum 1:0 traf. Diesem erwartbaren Treffer hatte sich nur wenig später allerdings ein recht überraschender Torerfolg angeschlossen, auf der anderen Seite und in doppelter Hinsicht. So rechnete Werder-Keeper Smarkalev offenbar nicht damit, dass die Flanke von Justin von der Hitz zu einem Torschuss geraten würde. Wie auch?
Der Treffer des Kölners schien keineswegs so geplant, und er kam eben auch deshalb unerwartet, da der Gast bis zu diesem Zeitpunkt kaum in der Offensive stattgefunden hatte. Das änderte sich eigentlich auch nach dem Wechsel nicht. Allerdings nahm der Kölner Nachwuchs im zweiten Spielabschnitt mehr am Spiel teil, und er verfügte nach wie vor über eine sehr ordentliche Defensive. Die ein oder andere Werder-Chance ließ sich allerdings nicht verhindern, und bei der größten Möglichkeit der Bremer hatten die Gäste zudem viel Glück: Beim Handelfmeter von Ranon war FC-Keeper Marutzki bereits auf dem Weg in die linke Ecke, bevor der Schuss des Bremers an den rechten Pfosten klatschte (54.).
Es war müßig zu rätseln, ob ein Treffer in dieser Situation zu einem anderen Spielverlauf geführt hätte. Denn tatsächlich gelang der U19 des SV Werder die Führung später ja doch, wenn auch erst in der Verlängerung. Nachdem Salim Musah die tolle Vorarbeit von Mbock zum 2:1 genutzt hatte, schien endlich alles gut zu werden – bis der eingewechselte Alessandro Puzzo zum 2:2 abstaubte und damit das unheilvolle Elfmeterschießen auf den Weg brachte. „Ich bin trotzdem glücklich, wie die Jungs spielen“, meinte Cedric Makiadi abschließend. Sein Team tritt am 23. Mai zum DFB-Pokalfinale gegen den Karlsruher SC in Potsdam an. Danach sollen die Bremer für den lauten Jubel zuständig sein.