Fahranfänger aus Bremen beherrschen ihr Auto alles andere als gut. Das legen jedenfalls die Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes für 2017 nahe. Danach sind vergangenes Jahr 38,8 Prozent der hiesigen Kandidaten in der praktischen Prüfung gescheitert. Nur der Hamburger Wert (41,6 Prozent) war bundesweit noch schlechter.
Die Theorie-Ergebnisse können sich dagegen im Ländervergleich sehen lassen: Zwar waren 34,6 Prozent der Prüflinge in Bremen den Anforderungen nicht gewachsen, aber nur drei Bundesländer erzielten bessere Resultate – Spitzenreiter war Hessen mit einer Durchfallquote von 31,4 Prozent (Theorie) beziehungsweise 23 Prozent (Praxis).
Nils Linge, Sprecher des ADAC Weser-Ems, hat keine Erklärung für das schlechte Abschneiden der Bremer. Möglicherweise sei der Großstadtverkehr ein Grund, sagt er. Denn die Statistik zeige, dass in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin überdurchschnittlich viele Fahrschüler ihr Auto nicht sicher beherrschten.
Michael Kreie, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Bremen, bestätigt Linges Vermutung: Die Verkehrssituation in einer Großstadt wie Bremen oder Hamburg sei nicht zu vergleichen mit der in Orten wie etwa Syke oder Achim. Für Niedersachsen habe das Kraftfahrt-Bundesamt ebenso wie für alle anderen Flächenländer nur die Durchschnittszahlen vorgelegt. „Quoten, nur bezogen auf Hannover, gibt es nicht.“
Dazu kommt laut Kreie, dass es gerade in Bremen und Hamburg viele schmale und damit unübersichtliche Straßen gibt. Auch das sorge für Stress am Steuer. Am stärksten seien Fahrschüler dabei nicht etwa durch einen komplexen Knotenpunkt wie dem Stern in Schwachhausen gefordert, sondern in „ganz normalen Alltagssituationen“. Also mit Fußgängern, Radfahrern, Autofahrern, Bussen und Straßenbahnen auf engstem Raum – womöglich noch dazu in einer Straße, in der hoher Parkdruck herrscht und sich nicht immer alle Verkehrsteilnehmer an die Regeln halten.
Nicht gerade einfacher werde die Lage für Fahranfänger außerdem dadurch, so Kreie, dass Bremen seit Jahren den Fahrradverkehr fördere und sich gleichzeitig bei Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zurückhalte. Auf vielen Straßen seien inzwischen „die Markierungen gar nicht mehr zu sehen“. Das erschwere die Orientierung zusätzlich.
Elf Prüfungssprachen zugelassen
Dennoch betont der Verbandsvorsitzende: „Die heutigen Bremer Fahrschüler sind nicht schlechter als früher.“ Was sich vielmehr in der Statistik niederschlage, sei die hohe Zahl der sogenannten Umschreiber. So werden Prüflinge aus Nicht-EU-Ländern genannt, die in ihrer Heimat bereits einen Führerschein erworben haben und sich in Deutschland noch einmal der Prüfung in Theorie und Praxis stellen müssen, bevor ihre Lizenz umgeschrieben wird.
Sie könnten zur Vorbereitung auf die Prüfung Fahrstunden und theoretischen Unterricht absolvieren, sagt Kreie. „Aber das müssen sie nicht.“ Vielmehr dürften sich die Interessenten sofort beim TÜV Nord anmelden, der die Prüfungen abnimmt. Diese Regelung ist aus Kreies Sicht misslungen. Zumal sich „die Fahrlehrer einen Eindruck“ von den Kenntnissen und dem Können der Prüfungskandidaten verschaffen sollen.
Wie das funktionieren soll, ohne den Betroffenen tatsächlich am Steuer oder im Unterricht zu erleben, ist Kreie ein Rätsel. Problematisch sei weiterhin: Für den theoretischen Teil der Fahrprüfung würden „elf Prüfungssprachen“ zugelassen, darunter sei seit anderthalb Jahren auch wieder Arabisch.
Der praktische Teil müsse aber auf Deutsch absolviert werden. Dies führe dazu, dass die meisten Betroffenen die Theorie in ihrer Muttersprache lernten, aber schon Schwierigkeiten hätten, die Anweisungen des Fahrprüfers, an der nächsten Ecke links abzubiegen, zu verstehen. Für den Praxisteil sind die „Umschreiber“ auf eine Fahrschule angewiesen, sagt Kreie. Denn ein Prüfer nimmt die Fahrprüfung nur dann ab, wenn ein Fahrlehrer mit im Wagen sitzt, der notfalls über das extra eingebaute Bremspedal eingreifen kann.
„Aber es gibt schon die ersten Fahrschulen in Bremen, die keine ,Umschreiber' mehr annehmen.“ Der TÜV Nord habe intern kürzlich Durchfallquoten vorgestellt, bei denen die „Umschreiber“ nicht berücksichtigt waren. „Danach sind die Bremer Zahlen in den vergangenen Jahren konstant geblieben“, sagt Kreie. Auf Nachfrage konnte der TÜV Nord dazu am Freitag nicht mehr Stellung nehmen.