Blockland. Über die Frage, wer mit dem Auto über den Deich im Blockland fahren darf, gibt es seit vielen Jahren Streit. Bislang dürfen dort Anwohner und Lieferverkehre motorisiert unterwegs sein. Alle anderen nicht. Wer ein Café, ein Gasthaus oder einen Verwandten am Deich besuchen will, kommt zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Wem das nicht möglich ist, der braucht für die Fahrt eine Sondergenehmigung. Oder riskiert ein Bußgeld. Und das soll zukünftig auch so bleiben. Die Bremische Bürgerschaft befasste sich in der vergangenen Woche mit einer Reihe von Petitionen zu diesem Thema – und richtete sich mit ihrem Votum am Ende gegen einen Beschluss des Blocklander Beirats.
Wie kam es zu der Abstimmung?
Soll der bisher weitgehend autofreie Deich im Blockland für Anlieger geöffnet werden? "Ja", beschlossen die Beiratsmitglieder im Blockland im November 2021 einstimmig. In Zusammenarbeit mit der Polizei Bremen war ein einjähriges Pilotprojekt geplant – alle, die jemanden am Deich besuchen wollten, sollten uneingeschränkt passieren dürfen, entschieden die Beiräte. Das stieß in der Landespolitik auf Widerstand.
Wer kritisierte den Beiratsbeschluss?
Mehr Verkehr am Deich? "Das wäre ein Schlag gegen Erholungsfunktion, Verkehrssicherheit des Fuß- und Radverkehrs und Naturschutz", schrieb der Bremer Grünen-Politiker Ralph Saxe Ende Januar 2022 auf Twitter. In einer Petition könne man dagegen unterschreiben, warb Saxe. Die Petition traf einen Nerv – und fand große Aufmerksamkeit.
Was forderte das Bürgerinnen- und Bürgervotum?
"Die Unterzeichnenden bitten Bürgerschaft und Verwaltung mit allem Nachdruck, das Bremer Blockland schnellstmöglich und weiterhin innerhalb der bislang gültigen Regelungen autofrei zu halten", hieß es in der Petition mit dem Titel "Autofreies Blockland". Die Forschung belege weltweit, dass sich der Verkehr angebotsorientiert bilde, schrieb der Petent Dirk Wassermann. Laut Petitionsausschuss unterzeichneten mehr als 1349 Bremerinnen und Bremer die Petition.
Wie reagierte die Verkehrssenatorin auf die Lage?
Verkehrssenatorin Maike Schaefer bekundete in einer Stellungnahme gegenüber dem Petitionsausschuss, "einer allgemeinen Verkehrsfreigabe des Blocklandes nicht zustimmen zu können. Gleiches gelte für die vom Beirat Blockland gewünschte allgemeine Freigabe für Anliegerverkehre. Eine solche Regelung wäre aufgrund der Größe des Blocklandes von der Polizei Bremen nicht überwachbar und käme somit in ihrer Wirkung einer allgemeinen Verkehrsfreigabe gleich", erklärte die Senatorin. Verkehrssicherheit und Umweltbelange wären damit gefährdet.
Wie reagierte der Petitionsausschuss der Bürgerschaft?
Für den Petitionsausschuss haben die Rechte der örtlichen Beiräte als Expertinnen und Experten vor Ort besonders Gewicht. Der Ausschuss ließ den Fall deshalb noch einmal rechtlich innerhalb der Bürgerschaftskanzlei prüfen. Die Krux an der Sache: "Wenn ein Beiratsbeschluss vorliegt, der ordnungsgemäß abgestimmt wurde, ist die Petition eigentlich hinfällig", vermutete der Vorsitzende des Petitionsausschusses der Bremischen Bürgerschaft, Claas Rohmeyer (CDU) zunächst. Doch der Rechtsausschuss der Bürgerschaftskanzlei kam zu einem anderen Ergebnis.
Wie ist die Rechtslage?
In der Regel entscheiden die Beiräte (nach Paragraf 10 Ortsbeirätegesetz) über verkehrslenkende Maßnahmen, soweit diese stadtteilbezogen seien, heißt es in der Stellungnahme der Rechtsabteilung. Bei der Entscheidung des Beirates, die Zusatzbeschilderung zu ändern, handele es sich jedoch um eine verkehrsbeschränkende Maßnahme – beziehungsweise um den gegenteiligen Akt. Dieser unterliege der Straßenverkehrsordnung (StVo), deshalb sei hier die Bremer Straßenverkehrsbehörde (ASV) zuständig. Das ASV dürfe die Zuständigkeit nicht auf den Beirat übertragen.
Was sagt der Petent zu seinem Erfolg?
"Mit der Bestätigung der Petition ist allen Beteiligten geholfen", sagt Dirk Wassermann auf Nachfrage. Landwirte hätten weiterhin freie Fahrt und das Naherholungsgebiet bleibe erhalten.
Wie geht es jetzt weiter?
"Wir erwägen momentan, ob man Anwohnerinnen und Anwohnern – beispielsweise über das Ortsamt – Besuchertickets aushändigen lässt, was die Vergabe von Deichscheinen vereinfachen würde", erklärt Verkehrssenatorin Maike Schaefer. Für diejenigen, die das Blockland nicht mit dem Fahrrad erkunden könnten, könne man über Alternativkonzepte wie kleinere Elektrobusse nachdenken. Gespräche mit Beirat und Ortsamt liefen zurzeit noch. "Diese sind sehr fortgeschritten und verlaufen sehr konstruktiv", heißt es aus der senatorischen Behörde.