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Verbandstreffen in Bremen Dialog im Blockland: Was sich Landwirte wünschen

Bremens Landwirtschaftsverband lädt zum Dialog ein. Politiker, Naturschützer und Landwirte diskutieren gemeinsam über die Zukunft der Landwirtschaft.
08.11.2024, 18:04 Uhr
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Dialog im Blockland: Was sich Landwirte wünschen
Von Petra Scheller

Der Bremische Landwirtschaftsverband lädt zum Dialog ein – und viele gehen hin. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) nimmt sich die Zeit, genauso wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Imhoff. Auch die stellvertretende Generalsekretärin der CDU-Deutschland, Christina Stumpp, schaltet sich per Video aus Berlin dazu. Das Aus der Ampelkoalition verhindere ein persönliches Treffen. Vertreterinnen und Vertreter von Naturschutzverbänden sind dabei, genauso wie rund 100 Landwirtinnen und Landwirte aus der Region.

Sie alle sind am Donnerstagmittag zu einer Diskussion ins Blocklander Dorfgemeinschaftshaus gekommen, um den Dialog zwischen Politik und Landwirtschaft fortzusetzen. "Die Zeiten sind herausfordernd, wir wollen miteinander im Gespräch bleiben", unterstreicht der Vorsitzende des Bremischen Landwirtschaftsverbandes, Hilmer Garbade, zu Beginn der Veranstaltung, die unter dem Slogan "Die Zukunft gehört auch uns – Verantwortung für Landwirtschaft und Umwelt gemeinsam übernehmen" steht.

Wie soll es zukünftig weitergehen?

Landwirtschaftliche Betriebe seien Unternehmen, von denen das Land lebe, sagt die CDU-Vizegeneralsekretärin Stumpp. "Ohne sie geht es nicht." Deutschland müsse unabhängiger von Drittstaaten werden und einen Beitrag zur "stabilen Versorgung der Weltbevölkerung leisten." Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit seien dabei die Schlüssel für die Zukunft. Die Landwirtschaft will laut Hilmer Garbade "jünger und weiblicher" werden. Auf dem Podium sitzen deshalb ausschließlich Frauen – Bithja Menzel, Agrarsprecherin der Grünen, die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Wiebke Winter – beide waren nach eigenen Angaben in diesem Jahr mehrfach auf Bauernhöfen in der Region zu Besuch. Wiebke Winter besuchte dabei einen Hof in Oberneuland. Ihr ging es dabei um das Thema Hochwasser: "Wie können wir weiter hier in Bremen mit der Wümme umgehen?", fragt sich die Landespolitikerin. Ihr liege die Landwirtschaft am Herzen, sagt Winter – "auch, weil die Landwirtschaft das Thema Ernährungssicherheit beantwortet." Bithja Menzel hat bei ihren Bauernhofbesuchen mitgenommen, dass das Thema Bildung dabei eine große Rolle spiele. Sie wolle im Dialog zwischen Landwirtinnen und Landwirten sowie Städtern vermitteln – "das liegt ja in Bremen zum Glück nahe beieinander", so die Bürgerschaftsabgeordnete.

Was bewegt eine junge Landwirtin?

Maria Köhler-Boragno bewirtschaftet im Niederviehland mit ihrer Familie einen Milchviehbetrieb mit 60 Kühen, Nachzucht und Weideochsen. "Bei uns ist ein ganz großes Thema: Wie sieht eigentlich unsere Zukunft aus? Macht es noch Sinn, zu investieren? Wir haben Sorge, ob wir das überhaupt stemmen können", so die Landwirtin.

Wie können Landwirte von der Politik unterstützt werden?

Die agrarpolitische Sprecherin der Grünen, Bithja Menzel, sieht eine gute Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz: Der Rahmen in Bremen sei überschaubar und planbar, "ein Vorteil", sagt Menzel. Wiebke Winter will Naturschutz und Landwirtschaft noch stärker zusammendenken. "Es ist wichtig, dass wir tatsächlich mal vor Ort sind, damit wir als Politiker verstehen, was bedeutet es eigentlich, einen Hof zu haben."

Wie beurteilt die Landwirtin den Austausch?

Der direkte Austausch zwischen Politik und Landwirtschaft sei bisher bei ihr noch nicht angekommen, berichtet Milchviehhalterin Maria Köhler-Boragno. "Naturschutz und Tierwohl sind nicht immer vereinbar", so die Landwirtin. "Förderungen stehen nicht immer im Verhältnis zu dem, was wir ausgleichen müssen. Wir müssen die Waage halten zwischen Tierwohl und Umweltschutz." Seitens der Bremer Politik liege der Fokus meist auf Umweltschutz, so die Landwirtin. Sie fühle sich als konventionelle Landwirtin oft nicht mitgenommen.

Wird konventionelle Landwirtschaft vernachlässigt?

"Wir bekommen ökologische Leistung auch von den konventionellen Höfen", sagt Bithja Menzel. Sie wünsche sich dennoch den Ausbau von biologischer Landwirtschaft, um zukünftig die Klimaziele zu erreichen. "Es ist wichtig, mehr auf Regionalität Wert zu legen", sagt Wiebke Winter hingegen. Ernährungssicherheit spiele dabei eine große Rolle. Nicht alle Betriebe seien in der Lage, auf Bio umzustellen. Landwirtin Köhler-Boragno weist darauf hin, dass Bremen zurzeit nur noch rund 80 Haupterwerbsmilchviehbetriebe habe. Die Flächen seien in Bremen begrenzt. "Es können flächenmäßig gar nicht alle auf Bio umstellen", so die Landwirtin. Einig sind sich Politikerinnen und Landwirtin, dass sie im Gespräch bleiben wollen.

Was sagt der Bürgermeister?

Eine Stunde lang hört Bürgermeister Andreas Bovenschulte zu, bevor er aufs Podium geht. Während des Hochwassers an der Wümme habe er im Januar den Hof des stellvertretenden Landwirtschaftsverbandsvorsitzenden Carsten Schnakenberg besucht. So sei der Kontakt zustande gekommen. Bremen sei nicht das größte Agrarland, "aber eines der effizientesten, leistungsfähigsten, gemessen an unserer Größe", sagt Bovenschulte. Von 140 Betrieben seien 30 Prozent Biobetriebe, es gebe viele Innovationen und einen Dialog zwischen Politik und Landwirtschaft, der zwar manchmal "mit verstärkter Höflichkeit" auseinander gehe, aber nie im unlösbaren Streit. "Wir haben immer ein gutes Diskussionsklima und eine Auseinandersetzung, die sich im zivilen Rahmen hält. Das sollten wir uns bewahren."

Funktioniert der Dialog?

"Wir haben in Bremen unterschiedliche politische Ausrichtungen und die kommen eben nicht immer überein mit dem, was auf den Betrieben erwartet wird. Dennoch, der Dialog funktioniert zu 60 Prozent", sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Imhoff. Naturschützer und Gebietsschutzmanager Arno Schoppenhorst schätzt die Dialogbereitschaft zwischen Politik, Landwirtschaft und Naturschutz höher ein – "wir sprechen seit 20 Jahren intensiv miteinander und werden das auch weiter tun." Um diese Dialogbereitschaft werde Bremen in ganz Deutschland beneidet. Der Dialog funktioniere zu 80 bis 90 Prozent, sagt der Wiesenvogelschutzbeauftragte Schoppenhorst.

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