Den Kolonialismus unter die Lupe nimmt die Ausstellung „Zwischen Petition und Rebellion – antikolonialer Widerstand“ in Bremen-Blumenthal. Dabei konzentriert sich der Blick auf drei Epochen im westafrikanischen Kamerun. Das Comicbuch "Widerstand" des Berliner Vereins Initiative Perspektivwechsel lieferte die Vorlage für die Schau. Eröffnet worden ist die Ausstellung jetzt von den Initiatoren Mo Witzki vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung, Samuel Njiki-Njiki vom Lidice-Haus und Projektkoordinator Jean Philippe Zock-Zang vom Afrika Netzwerk Bremen im Dokumentations- und Kulturzentrum (Doku), Heidbleek 10.
„Die Kolonisation liegt zwar Jahrzehnte zurück. Aber die Folgen sind bis heute noch sichtbar“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Elombo Bolayela (SPD) bei der Eröffnung. „Das ist ein verbrecherischer Abschnitt in der deutschen Geschichte“, klagte er. Auch Bremen habe von der Kolonisation profitiert. „Darum müssen wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen. Bremen ist schon lange dabei, das aufzuarbeiten. Aber wir brauchen mehr Tempo.“
Elombo Bolayela hat dabei nicht nur die kritische Auseinandersetzung mit bestimmten Straßennamen und Denkmälern im Blick sondern auch geraubte Kulturgüter. Solche Kunstwerke müssten zurückzugeben werden. „Geklaut ist geklaut. Es geht hier um Gerechtigkeit und Transparenz.“ Ziel müsse es sein, besonders junge Menschen für eine Erinnerungskultur zu gewinnen und zu begeistern. „Lassen Sie sich auf einen Perspektivwechsel ein“, appellierte Bolayela an die Besucher und Besucherinnen.
Von der Vergangenheit zur Gegenwart
Zugeschnitten ist die Ausstellung nach Angaben der Initiatoren auf Jugendliche ab 15 Jahren beziehungsweise ab der neunten Klasse. Die jugendlichen Comic-Figuren Acha und Kenjo begleiten Interessierte dabei auf der Reise durch die drei Zeitabschnitte, über die Samuel Njiki-Njiki informierte. Der Bogen wird dabei von der Vergangenheit in die Gegenwart geschlagen.
Es geht um den Kampf gegen die Teilung der Hafenstadt Douala unter den Deutschen zwischen 1910 und 1914 und die sogenannte Anlu-Rebellion 1958 bis 1961 im Nordwesten Kameruns, wo laut Njiki-Njiki am Vorabend der Unabhängigkeit des Landes Tausende Frauen gegen neue Landwirtschaftsgesetze und die Verdrängung ihrer traditionellen Lebensweise durch die Kolonialpolitik der Briten protestieren. Ein weiteres Thema ist die „De-Kolonisierung der Stadt 2013 – heute“. Der Aktivist André Blaise Essama setzt sich in Kamerun für die Abschaffung von Statuen und Straßennamen ehemaliger französischer Kolonialherren in den Großstädten ein.
Ein Film zur Kolonisation und ein Song des Rappers "Matondo" ergänzten bei der Eröffnung die Informationen. In seinem Lied "Spuren der Kolonialzeit" fordert der Sänger, dass koloniale Straßennamen umbenannt werden müssten. Er wolle in Berlin nicht durch Straßen laufen, die nach „Verbrechern“ benannt seien. Der Rap-Song ist auf Youtube abrufbar. Bei der Eröffnung gab es rege Diskussionen. Dabei kam auch die teilweise fragwürdige Rolle des früheren Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz zur Sprache. Er legte durch Landerwerb den Grundstein für die 1884 gegründete und bis 1915 bestehende Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia.