Wer den Künstler Peter K.F. Krueger besucht, muss über Zebrastreifen. Wortwörtlich. Das Fell des Tieres liegt im Flur in voller Breite und Länge platt auf dem Boden und ist längst nicht der einzige Hingucker in den Räumen des Künstlers, der durch das Wandgemälde am Bremer Rembertikreisel bekannt wurde. Wohl kaum einer, der nicht das Seniorenpaar kennt, das aus einem weit geöffneten Fenster schaut. Entstanden ist das Wandgemälde – auch als Wandbild "Oma und Opa" bekannt – in den 1970er-Jahren in Zusammenarbeit mit seinem Künstlerkollegen Otto Völker. Viele weitere Werke hat der Maler und Bildhauer seither erschaffen und präsentiert eine Auswahl als "Kunst im Wohnumfeld". Wer Peter K.F. Krueger – die beiden Buchstaben stehen für Karl Friedrich – besucht, kann sie überall entdecken.
150 Gemälde aus 50 Jahren kreativen Schaffens präsentieren sich dem Besucher ohne chronologische Ordnung. Eher so, wie es die jeweilige Stimmung des Raumes verlangt. Es sind Landschaftsbilder wie die vier Blicke auf die Jahreszeiten in Wätjens Park vor der Haustür, Porträts oder Stillleben – mal in satten, kräftigen Farben, mal zart auf die Leinwand gebracht. Wie hingehaucht.
Aber der erste staunende Blick fällt von außen auf das Gebäude, in dem der Künstler wohnt und arbeitet: auf das Schloss in Wätjens Park. Ein bisschen düster wirkt der riesige Bau unter den Bäumen der Blumenthaler Parkanlage. Die Fantasie hätte keine Mühe, schaurige Geschichten zu ersinnen. Als wolle das Schloss sagen: Halte lieber Abstand und geh vorüber. Was jedoch bedauerlich wäre. Denn gleich hinter der Eingangstür entfaltet sich ein farbenfrohes Kontrastprogramm.
Wohnung zufällig entdeckt
Allein die hell ausgeleuchtete Diele mit ihrem zwanzig Meter langen schwarz-weißen Fliesenboden und dem hohen Deckengewölbe hat dem Auge viel zu bieten. Wer über den Zebrafell-Läufer gegangen ist, kommt am türkisfarbenen Ledersofa vorbei, blickt auf eine Lese-Ecke und auf jede Menge Kunst. Seit zwölf Jahren lebt und arbeitet Peter K.F. Krueger hier. Bei einem der Spaziergänge mit ihrem russischen Terrier Anton in Wätjens Park sei seine inzwischen verstorbene Frau darauf aufmerksam geworden, dass die Wohnung im Schloss zu vermieten war, erzählt Peter Krueger.
Er nahm Kontakt zum Eigentümer auf und beide seien sich darüber einig gewesen, dass die Wohnung, die jahrelang leer stand, "wieder ein Ort der Begegnung, ein kultureller, ein wohnlicher Ort voller Leben werden sollte". Wohnräume, Atelier und die vor drei Jahren von Ulrike Kafka gegründete Schloss-Galerie erstrecken sich auf rund 200 Quadratmeter Fläche in der unteren Etage des Schlosses, wo der Künstler – fast möchte man sagen Schlossherr – an den langen dunklen Holztisch bittet und frisch gebrühten Espresso serviert.

Das bekannte Wandgemälde "Oma und Opa" am Rembertikreisel hat Peter K.F. Krueger in den 1970er-Jahren zusammen mit seinem Künstlerkollegen Otto Völker geschaffen. Erst kürzlich haben die beiden es erneuert.
Christian Kosak
Im Flur des Künstlers Peter K.F. Krueger liegt ein Zebrafell auf dem Boden. Es ist längst nicht der einzige Hingucker.
Christian Kosak
Die hell ausgeleuchtete Diele mit ihrem zwanzig Meter langen schwarz-weißen Fliesenboden und dem hohen Deckengewölbe hat dem Auge viel zu bieten. Wer über den Zebrafell-Läufer gegangen ist, kommt am türkisfarbenen Ledersofa vorbei, blickt auf eine Lese-Ecke und auf jede Menge Kunst.
Christian Kosak
Der Künstler hat die Gemälde so angeordnet, wie es die jeweilige Stimmung des Raumes verlangt.
Christian Kosak
Das Schloss in Wätjens Park wirkt von außen ein wenig düster und abweisend.
Christian Kosak
Seit zwölf Jahren lebt und arbeitet Peter K.F. Krueger in dem Blumenthaler Schloss. Im hellsten Raum hat er unter prächtigem Gewölbe sein Atelier eingerichtet.
Christian Kosak
Wohnräume, Atelier und Schloss-Galerie erstrecken sich auf rund 200 Quadratmeter Fläche.
Christian KosakEr genieße in den Schloss-Mauern ein "gutes individuelles und inspirierendes Leben" erzählt Peter Krueger, der auch zuvor schon das individuelle Leben schätzte. 23 Jahre lang wohnte er im Vegesacker Wasserturm, hat diesen "ausgebaut und vier Etagen reingezogen". Für das gute Lebensgefühl im Schloss packte er auch wieder ordentlich mit an. Brachte frische helle Farbe auf verwitterte Tapeten und befreite überstrichene Säulen und Ornamente von einem Ockerton. Nun erstrahlen sie wieder in Weiß. Der Eigentümer des Schlosses – die Firma Immobilien Buhlmann – habe das Parkett abschleifen lassen sowie Sanitäreinrichtungen und Elektrik erneuert.
Vom langen Holztisch fällt der Blick auf eine moderne Küche, die im spannenden Kontrast zu dem historischen Gebäude steht, das Christian Heinrich Wätjen, Sohn des Bremer Kaufmanns und Reeders Diedrich Heinrich Wätjen (1785-1858), der die damals international größte Reederei Wätjen und Co gegründet hatte, im Jahre 1864 errichten ließ. Weil ihn englische Gartengestaltung, Landhäuser und Schlösser interessierten, reiste Christian Heinrich Wätjen mit seinem Architekten Heinrich Müller durch England und sammelte Anregungen. Ein Landsitz nach englischem Vorbild schwebte ihm vor, mit Blick auf die Weser – und auf die Schiffe der Wätjen-Flotte, die in die Welt hinaussegelten. So entstand in Blumenthal 1864 aus braunem Portasandstein ein Schloss im Tudor-Stil mit Turm und Treppengiebel. Es steht seit 1973 unter Denkmalschutz.
Gäste sind willkommen
Neben der des Künstlers gibt es sechs weitere Mietwohnungen im Schloss. Er habe Nachbarn, die schon seit 40, 50 Jahren hier leben, erzählt Peter Krueger beim Gang durch die sechs Zimmer seiner Wohnung. In einem Raum, dem hellsten in der Wohnung, hat er unter prächtigem Gewölbe sein Atelier eingerichtet. Prall gefüllt mit Leinwänden und halb fertigen Bildern, mit Farben und Töpfen, aus denen dicht an dicht Pinsel herausragen. Seine Wohnung bezeichnet der Künstler als "halböffentlichen" Wohnraum im Schloss. Gäste seien willkommen an diesem "Ort der Begegnung", an diesem "kulturellen, wohnlichen Ort voller Leben", an dem es – umgeben von den farbintensiven Bildern des Malers – auch Theater, Lesungen mit Musik, Piano-Abende oder Weinproben gibt. Nur in den Turm führt er sicherheitshalber niemanden mehr. An Fenstern, Dach und Mauern hat so sehr der Zahn der Zeit genagt, dass sie stark renovierungsbedürftig sind.
Einladender als der Turm ist der große Tisch vor dem Haupteingang. Wenn es draußen wieder wärmer wird, kommen Gastgeber und Besucher dort wieder zum Plausch zusammen. Die eine oder andere Geschichte wird der Gastgeber dabei sicher erzählen. Etwa die, dass es ihn vor noch gar nicht so langer Zeit mit 76 Jahren wieder aufs 18 Meter hohe Gerüst trieb, um zusammen mit seinem Kollegen Otto Völker das in die Jahre gekommene Wandbild am Rembertikreisel zu restaurieren. "Eigentlich hatte ich keine Lust, in meinem Alter auf so einem Ding rumzulaufen. Schwindelerregend!", erinnert sich Peter Krueger. "Hätte Otto nicht gesagt: Das machen wir, hätte ich das nicht angefangen."