Dass die Gelbe Tonne nicht geleert wurde, haben die Prüsses schon mal erlebt – aber nicht, dass sie so lange darauf warten mussten wie dieses Mal, bis der Wertstoffwagen endlich kam: vier Wochen. Dabei hat das Ehepaar nach eigenem Bekunden gleich bei der Firma angerufen, die fürs Einsammeln des Recyclingmaterials in Blumenthal zuständig ist. Und ist ihm versichert worden, dass man sich um das Problem kümmern werde. Sigrid und Jürgen Prüsse sollten ihre Tonne einfach an der Straße stehen lassen. Nur dass sie dort eben stand und stand und stand. Genauso wie die von ihren Nachbarn.
Die Prüsses sagen, so oft beim Kundenservice des Unternehmens angerufen zu haben, dass sie nur noch schätzen können, wie oft: vier- bis fünfmal. Und immer hieß es, dass in den nächsten Tagen die Gelbe Tonne geleert werde. Jürgen Prüsse hat irgendwann versucht, mit jemandem aus der Geschäftsführung in Kontakt zu kommen – vergeblich. Auch andere aus ihrer Straße haben mit der Firma telefoniert oder E-Mails an sie geschickt. Die Eheleute wissen das, weil sie mit ihren Nachbarn immer wieder gesprochen haben. Auch darüber, eventuell gemeinsam etwas zu unternehmen, wenn einzelne Beschwerden weiterhin nichts bringen sollten.
Die Anlieger haben darüber spekuliert, ob es vielleicht an der Baustelle vor ihren Häusern liegt, dass die Gelben Tonnen so lange voll geblieben sind. Prüsses wohnen an einem Abschnitt der Mühlenstraße, die gerade neue Leitungen bekommt und darum halbseitig gesperrt ist. Was nach Ansicht des Ehepaars gegen diese Vermutung spricht, ist: Alle anderen Tonnen werden geleert – die blauen fürs Papier, die braunen für die Küchenabfälle, die schwarzen für den Hausmüll. Sigrid Prüsse sagt, dass die Fahrzeuge der Stadtreinigung alles so machen wie bisher. Anders als eben die Wagen der Rohstoffmanagement GmbH, die einsammelt, was recycelt werden soll.
In dieser Woche hat sie die Gelben Tonnen nun endlich geleert. Jedenfalls die von den Haushalten, die sie fast einen Monat lang draußen haben stehen lassen. Der Wertstoffwagen der Managementgesellschaft kam nämlich an einem Tag, der eigentlich kein regulärer Gelber-Tonnen-Tag in Blumenthal ist. Der ist an diesem Freitag. Laut Jürgen Prüsse fuhr das Fahrzeug am Mittwoch vor – und lief die Leerung damit bei vielen Nachbarn quasi ins Leere. Viele hatten ihre Behälter zwischenzeitlich wieder reingeholt. Und die vielen Gelben Säcke gleich mit, die in den Wochen notgedrungen dazukamen, weil die Tonnen eben voll waren.
Der Anwohner glaubt, dass einige Nachbarn mittlerweile aufgesteckt hatten. Und andere die Tonnen und Säcke vor ihren Häusern einfach nicht mehr sehen wollten. Auch Sigrid Prüsse ging es so. Ihr zufolge waren manche Behälter so voll, dass die Deckel nicht mehr zugingen. Und begannen sich manche Plastiksäcke, die dazugestellt wurden, schon aufzulösen. Sie und ihr Mann haben nicht alle gezählt, schätzen aber, dass es mindestens 20 Haushalten so erging wie ihnen, quasi allen Anliegern an der Mühlenstraße, deren Häuser zwischen der Hakenwehrstraße und der Liebrechtstraße stehen – was in etwa der Länge der Baustelle entspricht.
Und die ist auch der Grund, warum die Gelben Tonnen über Wochen ungeleert und die Säcke in diesem Teil der Mühlenstraße liegen geblieben sind. So erklärt es jedenfalls Marius Schröder. Nach den Worten des Sprechers der Rohstoffmanagement GmbH, die ihre Zentrale im hessischen Eltville am Rhein hat, haben die Leitungsarbeiten eine Abfuhr des Recyclingmaterials bisher unmöglich gemacht. Er meint, dass künftig ein Abfall-Sammelplatz eingerichtet werden sollte, der von den Fahrzeugen der Gesellschaft besser zu erreichen ist. Und dass sich die Anwohner an den Betreiber der Baustelle oder an die örtliche Verwaltung wenden sollten.
Jürgen Prüsse kündigt an, einer ganz anderen Stelle schreiben zu wollen: der Behörde nämlich, die mit dem Unternehmen den Vertrag über das Einsammeln der Wertstoffe geschlossen hat. Sie soll erfahren, wie diese Firma arbeitet. Nicht nur von ihm, sondern auch von allen Nachbarn. Prüsse plant eine Unterschriftenkampagne – immer vorausgesetzt, dass an diesem Freitag die Gelben Tonne ein weiteres Mal ungeleert bleiben sollten.