Man könnte meinen, dass die Schwaneweder Straße und die Kreinsloger zu den Straßen mit den meisten Schlaglöchern im Bremer Norden gehören. Zwei Anwohner finden das jedenfalls. Einer schätzt, dass entlang der Schwaneweder Straße inzwischen alle 25 Meter ein "Achtung, Straßenschäden!"-Schild steht, ein anderer hat ausgerechnet, dass sie und die Kreinsloger inzwischen auf 46 Warnhinweise kommen. Und damit auf so viele wie noch nie.
Die beiden Blumenthaler haben sich gewundert, dass in diesem Sommer mehr und mehr Schilder entlang der beiden Straßen aufgestellt wurden. Kaputt, meinen die Anlieger, seien sie – wie auch viele andere – schließlich schon länger. Und zwar so kaputt, dass man es von Weitem sehen könne und folglich Hinweise mit der "Straßenschäden"-Aufschrift eigentlich gar nicht bräuchte. Beide wissen, dass das Amt die Schilder aufstellt, um Klagen gegen die Stadt abzuwenden, falls der Straßenschaden mal einen Autoschaden verursacht. Was sie nicht wissen, ist: Wie viel es kostet, ein Schild aufzustellen. Und wie viel, ein Schlagloch zu füllen.
Andrea Voth nennt keine Summen. Die Sprecherin des Amtes für Straßen und Verkehr sagt nur, dass das Aufstellen von Schildern zwar auch bezahlt werden muss, aber eben nicht so teuer ist wie etwa die Sanierung eines Straßenabschnitts. Und dass der Kauf eines Warnhinweises quasi auch wirtschaftlich nachhaltig ist, weil das Schild, sobald ein Schaden behoben ist, nicht wegkommt, sondern eingelagert wird, um beim nächsten Schlagloch, Riss oder abgesacktem Fahrbahnabschnitt aufgestellt zu werden. Wie viele dieser Schilder mittlerweile im Bremer Norden stehen, muss Voth offenlassen, weil ihr zufolge dem Amt keine konkreten Angaben vorliegen.
Jedenfalls dazu nicht. Die Zahl der Schäden, die von ihm stadtweit erfasst werden, ist seit Jahren fünfstellig. Mitgerechnet werden dabei nicht nur solche, die Asphaltdecken, Geh- und Radwege betreffen, sondern auch Geländer, Poller und Verkehrszeichen. Vor zwei Jahren kamen Kontrolleure auf 13.892 Schadensmeldungen in Bremen – aber eben nicht auf genau so viele Reparaturen. Für knapp 60 Prozent der Mängel konnten Aufträge erteilt werden, die nach und nach abgearbeitet wurden. Dann war das Budget erschöpft. Dabei ist es in den vergangenen Jahren immer wieder erhöht worden. Erst von 15 auf 16 Millionen Euro, dann von 16 auf 17 Millionen Euro.
Kontrolleure haben vor Jahren kalkuliert, dass zehn bis 15 Prozent des Etats verbraucht wird, um allein die Schäden auf den Nordbremer Straßen zu beheben, die nach einem harten Winter angefallen sind. Auch Fachleute des Rechnungshofs und des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs machen immer wieder Zahlenspiele. Die einen haben mal davon gesprochen, dass der Betrag im Grunde zwanzigmal höher sein müsste, den Bremen jährlich in seine 1450 Straßenkilometer investiert, damit ausschließlich deren Wert erhalten bleibt. Und die anderen davon, dass jede 25. Straße im Stadtgebiet so kaputt ist, dass sie von Grund auf erneuert werden müsste.
Doch von Grund auf geht nur selten. Und wenn mal alles neu gemacht wird, dann meistens bloß in Etappen. Wie vor einiger Zeit bei der Landrat-Christians-Straße in Blumenthal. Erst wurden 300 Meter in einem Sommer neu gemacht, dann noch mal 300 Meter in einem anderen. Mit der Folge, dass die Zahl der Straßenkilometer, die im Bremer Norden nicht nur repariert, sondern saniert werden, in manchen Jahren einstellig ausfällt. Die der Straßenkilometer in Vegesack, Blumenthal und Burglesum insgesamt ist dagegen dreistellig: 330. Dabei kommen die drei Stadtteile jeweils auf die gleichen Streckenlängen, die auf Schäden untersucht werden müssen.
Die Kontrolleure sind mit dem Auto unterwegs, aber vor allem zu Fuß. Manche laufen 15 Kilometer täglich. Dabei protokollieren sie, was nicht so ist, wie es sein soll. Und legen nicht nur fest, wie der Schaden zu beseitigen ist, sondern auch wann. Es gibt Fälle und Straßen, die keinen Aufschub dulden, und solche, die warten können. Oder eben müssen, weil im Moment kein Geld da ist. Auch die Kreinsloger ist so ein Fall, genauso wie die Schwaneweder Straße. Wann eine Baustelle eingerichtet wird und erste "Straßenschäden"-Schilder wegfallen werden, kann Amtssprecherin Voth nur für Letztere sagen: Ab Montag, 11. September, soll sie erneuert werden. Jedenfalls ein Stück von ihr.