Erst war das Gebiet der Blumenthaler Aue und Beckedorfer Beeke ein Forschungsfeld, jetzt wird es zum Testterrain: Die Umweltbehörde will in den nächsten Monaten ausprobieren, was sie Anfang des Jahres angekündigt hat – ein Frühwarnsystem, das Anwohner vor Starkregen und Überschwemmungen schützen und gleichzeitig Helfer alarmieren soll. Es ist das erste Mal, dass das Ressort im Stadtgebiet auf Know-how setzt, das sonst in Küstenregionen zum Einsatz kommt. Aber voraussichtlich nicht das letzte Mal.
Davon geht jedenfalls Lucia Herbeck aus. Für die Chefkoordinatorin des Projekts ist die Blumenthaler Aue mehr als ein Forschungs- und Testgebiet. Sie spricht von einer Modellregion. Und davon, dass auch andere Bremer Gebiete, die Probleme mit Starkregen und Überschwemmungen haben, so ausgestattet werden könnten, wie jetzt der Bereich des nördlichsten Teils der Stadt ausgestattet werden soll: mit Technik, die Wetterprognosen genauer macht – und diese Prognosen schneller als bisher weiterleitet: an Smartphones, Tablets und Computer, an Anwohner, Behörden, Helfer.
Das Frühwarnsystem für das Gelände rund um die Burg Blomendal ist inzwischen gekauft. Knapp 50.000 Euro hat es gekostet. Um es den neuesten Stand zu halten, sind jährlich 6000 Euro veranschlagt worden. Wie es funktioniert, wollen Techniker in der nächsten Woche bei einer Veranstaltung demonstrieren, die quasi ein doppelter Auftakt ist: für die neue Technik und für eine neue Partnerschaft. Die Behörde will alle, die von Starkregenereignissen im Aue-Gebiet betroffen sind und die dabei helfen, vollgelaufene Keller und Grundstücke leer zu pumpen, zu Verbündeten machen.
Auch Risikomanager der Behörde werden da sein. Und auch Herbeck. Sie arbeitet in einem Referat, das Umweltinnovationen vorantreiben soll – und führt, wenn man so will, alles zusammen. Herbeck leitet nicht nur das Projekt in Blumenthal, sondern noch ein größeres, von dem das Frühwarnsystem nur ein Teil ist. „Bresilient“ heißt das Vorhaben des Ressorts, ein Wortspiel aus Bremen und Resilienz: die Fähigkeit, auf Krisen besser und schneller Einfluss nehmen zu können. Es ist ein Programm, bei dem es um Bundes- und Landesmittel von 3,8 Millionen Euro geht. Im November 2017 ist es gestartet, und im Mai 2023 soll es abgeschlossen sein.
Herbeck sagt, dass lange geplant worden ist und jetzt die Umsetzungsphase begonnen hat. Ingenieure, Umwelttechniker und Gewässerkundler sondierten anfangs mehrere Gebiete der Stadt. Sie machten Fotos aus der Luft und Simulationen am Rechner. Es gab Rundgänge, Konferenzen, Workshops. Die ersten waren im Frühjahr 2019, die letzten im Herbst. Mit am Tisch saßen Vertreter von Hansewasser, des Technischen Hilfswerks, der Feuerwehr und Anwohner. Herbeck war zuletzt auf 50 Frauen und Männer gekommen, die bei den Treffen in Blumenthal dabei waren.
Dass Aue und Beeke untersucht werden, hat der Beirat schon lange gefordert. Immer wieder waren beide Gewässer bei Starkregen über die Ufer getreten. Immer wieder gab es Klagen von Blumenthalern. Herbeck sagt, dass der Bereich der Aue zwar Überschwemmungsgebiet ist – also im Grunde volllaufen soll, wenn mehr Regen als üblich fällt. Aber auch, dass die Fläche anders ist als andere Flächen, die bei Extremwettern zusätzliches Wasser aufnehmen sollen. Vor allem frequentierter. Am Rand des Geländes stehen Häuser und in seiner Mitte die Burg Blomendal mit seinen Nebengebäuden, von denen eines eine Kita ist.
Herbeck rechnet damit, dass zum Treffen in der nächsten Woche deshalb auch Vertreter des Burgvereins und des Kindergartens kommen werden. Und dass im Frühjahr aus dem Testlauf des Frühwarnsystems ein regulärer Betrieb geworden ist – einer, der immer wieder angepasst werden kann: Einmal im Jahr sollen alle zusammenkommen, um Bilanz zu ziehen.