Überall in Bremen werden neue Kitas geplant, aber nirgendwo so viele wie in Blumenthal. Die Bildungsbehörde spricht von der größten Bauoffensive für Tagesstätten in einem Stadtteil – und davon, dass sie allein jetzt neun Anfragen von Investoren prüft. Das Ressort kommt auf 50 zusätzliche Gruppen, die geschaffen werden könnten. Dass in Blumenthal mehr Kita-, Hort- und Krippenplätze entstehen sollen als in anderen Gebieten, kommt nicht von ungefähr. Dort fehlen seit Jahren auch deutlich mehr als andernorts.
„Unterirdisch“ – das Wort hat Peter Nowack schon oft gebraucht. Meistens dann, wenn die neuesten Zahlen der Behörde kamen. Der Blumenthaler Ortsamtschef hat sie alle im Kopf. Eigentlich, sagt er, sollte die Versorgungsquote bei Kindern über drei Jahren 98 Prozent betragen, erreicht werden aber lediglich 80 Prozent. Bei Mädchen und Jungen unter drei Jahren ist die Diskrepanz ihm zufolge noch größer. Statt auf eine Quote von 50 Prozent, die vorgesehen ist, kommt der Stadtteil gerade mal auf knapp 30 Prozent.
Die Ziffern kann er ohne nachzuschauen sagen, bei den Projekten für den Kitaausbau muss er das Notizbuch holen. Es sind so viele – und so viele unterschiedliche Details bei jedem Vorhaben zu beachten. Nowack nennt nicht nur Adressen, sondern auch die Zahl der geplanten Gruppen. Und manchmal mehr als das. Zusammengerechnet kommt er auf sechs zusätzliche Tagesstätten. Nowack weiß, dass es mehr Anfragen von Investoren für neue Kitas gibt, nur: „Der Beirat hat sich erst einmal auf diese Projekte verständigt.“
Der Ortsamtschef spricht von einem Grundstück an der Landrat-Christians-Straße in der Nähe des Amtsgerichts, auf dem ein Projektentwickler nicht bloß ein einzelnes Gebäude, sondern einen Gebäudekomplex plant: eine Art Ärztehaus samt Seniorenwohnungen plus Kita mit sechs bis acht Gruppen. Von der Hakenwehrstraße, an der Investoren eine Tagesstätte bauen wollen, in der rund 50 Kinder betreut werden können. Und von einem Projekt an der Lüssumer Straße mit noch mal sechs Gruppen – „mindestens“.
Keine Summen genannt
Aufgeschrieben hat sich Nowack auch die Farger Straße, mehrfach sogar. Mal lautet die Hausnummer 104, mal 133 – mal geht es um das mit Abstand größte Kitaprojekt in Blumenthal, mal um das kleinste: um elf und drei Gruppen. Laut Nowack kommen die Anfragen vom Bremer Immobilienunternehmen Robert C. Spiels beziehungsweise einer Managementgruppe namens Impuls aus Hessen. An der Kreisloger will dagegen das Oldenburger Sozialwerk bauen. Es plant eine Kita mit bis zu acht Gruppen. Die Behörde bestätigt nicht nur sämtliche Standorte. Annette Kemp, Sprecherin von Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), kündigt außerdem an, dass drei dieser Vorhaben bis zum Kindergartenjahr 2019/2020 verwirklicht werden sollen. Welche, sagt sie nicht. Offen lässt sie auch, ob tatsächlich alle Projekte kommen. Und wie groß das Investitionsvolumen wäre, wenn denn alle Vorhaben umgesetzt würden. Kemp verweist darauf, dass es um Vertragsinterna geht – und dass die nun mal nicht öffentlich sind.
Auch Nowack nennt keine Summen. Mehr als die Sprecherin der Senatorin sagt er trotzdem. Der Ortsamtsleiter geht nicht nur fest davon aus, dass alle Vorhaben umgesetzt werden, sondern nennt auch einen Termin, bis wann: 2021. Nowack spricht von einem guten Jahr für Blumenthaler Eltern. Statt wieder und wieder einen Versorgungswert zu erreichen, der schlechter ist als der vorgesehene, könnte der Stadtteil zum ersten Mal über dem Soll liegen. „Kommen alle Projekte, werden wir die Quote quasi übertreffen.“ Der Ortsamtsleiter und die Fraktionen des Beirats denken groß. Für sie ist Blumenthal längst kein schrumpfender, sondern ein wachsender Stadtteil. Und der, argumentieren sie, braucht eben noch viele weitere Kitaplätze, damit er auch weiterhin wachsen kann. Mehr als die neuen Tagesstätten an der Kapitän-Dallmann-Straße und an der Straße Herrschaftliche Tannen, die demnächst fertig beziehungsweise im Bau sind, bieten werden. Darum haben Nowack und die Fraktionen immer wieder Gespräche mit neuen Investoren geführt.
Und führen immer noch welche. Die sechs Projekte, die jetzt von der Behörde geprüft werden, sind nach Nowacks Worten ausschließlich kurzfristige Projekte. Ihnen sollen mehrere mittel- und langfristige Vorhaben folgen. Der Ortsamtschef nennt eine weitere Jahreszahl. Sie lautet 2025. Was wo für wie viele Kinder bis dahin gebaut werden soll, beschreibt er nur vage, weil auch die Pläne vage sind. Sie haben mit Schulen zu tun, aus denen Kindergärten werden könnten – wenn für die Schulen ein anderer Standort gefunden ist.
Nowack sagt, dass es auch für sie mehr Platz und für Schüler mehr Plätze geben muss. Allein mit neuen Kitas ist es ihm zufolge nicht getan, wenn Blumenthal weiter wachsen soll – und immer mehr Eltern ihre Entscheidung, in diesem oder jenem Stadtteil zu wohnen, vom jeweiligen Angebot an Kindergärten und Schulen abhängig machen.