„Ich weiß nicht, ob ich so etwas überhaupt schon mal erlebt habe“, sagte der Trainer des Blumenthaler SV, Malte Tietze, nach dem denkwürdigen 4:3 (0:1)-Erfolg seiner Mannschaft im Nordderby der Fußball-Bremen-Liga über die SG Aumund-Vegesack. Seine Mannschaft verwandelte auf dem Kunstrasenplatz am Burgwall einen 0:3-Rückstand noch in einen Sieg.
Die Gäste waren im ersten Durchgang klar tonangebend und hätten auch schon wesentlich früher in Führung gehen können, wenn nicht sogar müssen. Nach einer Viertelstunde zog sich Blumenthals Berkay Yilmaz ohne Einwirkung des Gegners vermutlich eine schwere Bänderverletzung zu. Weil der Offensivmann zunächst nicht bewegt werden konnte, schickte Schiedsrichter Dennis Beuße die restlichen 21 Spieler für eine Viertelstunde in die Kabine. Als die Akteure dann wieder aufs Feld zurückkehrten, wirkten die Hausherren wie gelähmt. Bakary Grote Lambers scheiterte aber ohne Bedrängnis an Blumenthals Keeper Eric Walter (30.). Sein Sturmpartner Jerome Albritton jagte die Kugel kurz darauf zudem nach einem der gefürchteten langen Bälle von Innenverteidiger Mario Vukoja freistehend drüber.
Sekunden nach einer Rettungsaktion von Eric Walter außerhalb des Strafraums gegen Albritton lupfte William Hildebrand das Leder von der Mittellinie an die Unterkante des Querbalkens. Hildebrand blieb der Pechvogel: Nach einem starken Solo visierte der Mittelfeldspieler aus 20 Metern erneut die Querlatte an (40.). Die mangelhafte Chancenverwertung der Gäste hätte sich beinahe gerächt. Tristan Schaper vergab völlig freistehend das 1:0 für die Platzherren (42.). Kurz vor der Pause belohnten sich die Grün-Weißen dann doch noch. William Hildebrand bewies bei seinem Pass auf den Torschützen zum 1:0, Jerome Albritton, ein starkes Timing. Für den Angreifer war er es bereits Saisontreffer Nummer zehn.
William Hildebrand war es auch, der über die linke Seite das 2:0 von Bakary Grote Lambers vorbereitete, der das Spielgerät aus Nahdistanz am ersten Pfosten über Eric Walter hinweg ins Netz drosch (51.). Ernest Nwie Deede schien mit seinem noch abgefälschten Kopfball nach einer Ecke von Philip Glombik den Deckel mit dem 3:0 drauf zu machen. Doch nachdem Kilian Lammers Tristan Schaper das 1:3 aufgelegt hatte, kippte das Spiel komplett zu Gunsten der Blau-Roten. Jasper Look verpasste mit einem Freistoß an den Pfosten noch um Haaresbreite das 2:3. Doch Kilian Lammers holte den Anschlusstreffer mit einer "Erling-Haaland-Gedächtnis-Grätsche" auf Linksflanke von Jasper Look kurz darauf nach. „Wir hätten bereits mit 4:0 oder 4:1 führen müssen. Stattdessen brach bei uns nach dem 2:3 alles zusammen“, bedauerte SAV-Coach Ugur Biricik.
Kilian Lammers veredelte mit seinem Ausgleich zum 3:3 ein fabelhaftes Solo von Paul Lentz und hob zum Jubeln den Zeigefinger (73.). Nun war irgendwie klar, dass die Heimelf das Blatt noch komplett drehen würde. Bärenstark fädelte Hugo Weber das 4:3 von Joker Denis Chinaka ein. Was nach einem genialen Treffer von Chinaka aussah, war aber wohl auch Glückssache. Vieles deutete darauf hin, dass der Rückkehrer den in der Mitte freistehenden Tristan Schaper bedienen wollte, sich dabei selbst anschoss und damit den Ball ins Netz streichelte. „Wir haben uns für die vergangene Woche belohnt. Endlich war das Momentum mal auf unserer Seite“, frohlockte Malte Tietze.