Es tut sich was im Doku Blumenthal. Lange lag das Stadtteilgeschichtliche Dokumentationszentrum coronabedingt im Dornröschenschlaf. Aber hinter den Kulissen plante die neue Doppelspitze – bestehend aus Kim Kraul und Johanna Schwarz – bereits den Neustart. Sichtbares Symbol für den Aufbruch in eine neue Ära ist das modifizierte Logo. Es prangt seit wenigen Tagen auch an den Scheiben des historischen Gebäudes.
„Ich freue mich auf das neue Team und darauf, das Doku mitzugestalten. Anfang April soll es wieder richtig losgehen. Möglichst viele Kurse sollen dann fortgeführt werden“, sagt Kulturmanagerin Kim Kraul. Die 30-Jährige war nach dem Ausscheiden der langjährigen Doku-Leiterin Angela Stocks zunächst zeitlich befristet angestellt. Nun wird sie gemeinsam mit ihrer ebenfalls 30-jährigen Kollegin Johanna Schwarz dauerhaft die Leitung übernehmen und dem Doku auf 600 Quadratmetern und drei Stockwerken frischen Wind einhauchen. Allerdings immer in Absprache mit dem Vorstand des Vereins „Stadtteilgeschichtliches Dokumentationszentrum Blumenthal“.
Die Kulturwissenschaftlerin Johanna Schwarz hatte sich bereits im November bei den Bewerbungsgesprächen durchgesetzt. "Sie hat am besten zu uns gepasst, und in das Konzept des Doku gepasst, betont Vorstandsmitglied Gerhard Koopmann und schwärmt: "Wir hatten eine große Anzahl an Bewerbungen und waren in der glücklichen Lage, uns die schönste Blume aus dem Bouquet aussuchen zu können."
Schwarz hat in Bremen studiert und ihre Masterarbeit mit Schwerpunkt Literatur und Film geschrieben. Sie hat zudem mit Künstlern und Geflüchteten gearbeitet. Aktuell plant sie gemeinsam mit Kim Kraul ein neues Stadtteilprojekt mit dem Titel „Kunst auf Reisen“. Dabei handelt es sich um ein mobiles Atelier, das in zwei Blumenthaler Straßenzügen aufgebaut werden soll. Unter freiem Himmel haben die Teilnehmer dann Gelegenheit, das Thema mit Ton und Holz zu versinnbildlichen.
„Während des Lockdowns lag alles auf Eis. Nichts fand statt“, bedauert Kim Kraul. „Viele Veranstaltungen wurden das dritte Mal verschoben. So auch das A-cappella-Programm, das Kino mit Kurzfilmen in leichter Sprache für Menschen mit Beeinträchtigungen oder das Erzähl-Café mit Filmen aus den 50er-Jahren für Menschen mit und ohne Demenz.“ Aber das werde alles nachgeholt.
Kraul sitzt heute in ihrem Büro vor einer fast kahlen Pinnwand: "Gerade gestern habe ich alles abgemacht", sagt sie. "Das war alles alter Kram." Seit Anfang November ist das Doku nunmehr verwaist. Abgesagt wurden auch der Kinderspielkreis sowie der türkische Frauenkreis. "Der ist sehr groß und mit einem gemeinsamen Essen verbunden. "Den Menschen fehlt das, aber die Treffen waren zu riskant."
Immerhin habe sich aber die Autorengruppe „Literaturpforte“ im Garten getroffen. Und nach dem ersten Lockdown hätten die Kinderkurse sporadisch stattgefunden. Ebenso das Töpfern, Hip-Hop und Holzschnitzen. „Aber wir mussten dabei sehr agil handeln und viel telefonieren, damit alles gemäß den gesetzlichen Auflagen lief“, so Kraul.
"Es ist jetzt unser Ziel, den Gruppen wieder Raum zu geben, sagt Johanna Schwarz. "Wir wollen außerdem weitere Produkte nach dem Bedarf ausrichten. Das Doku soll für den gesamten Stadtteil da sein." Dafür seien die Räume "etwas aufgehübscht" worden und es gebe das neue rot-weiße Logo. Eine neue Website sei auch in Arbeit. Schwarz: "Auch das Programmheft soll bald wieder erscheinen. Allerdings nur halbjährlich."
Den Prozess der Neugestaltung des Logos haben einige Jugendliche verfolgt. „Aber die Zielgruppe der Jugendlichen ist noch ausbaufähig. Für die wollen wir noch attraktiver werden“, betont Kim Kraul. Das bestätigt auch Gerhard Koopmann. „Die Jugend soll als zusätzliche Zielgruppe anvisiert werden. Die neue Doppelspitze steht dabei für den Aufbruch in die Zukunft.“ Johanna Schwarz ergänzt: „Neue Bereiche wie Film, Trickfilm, Literatur oder eine Kooperation mit Schulen sind dabei durchaus denkbar. Wir müssen uns fragen, was Jugendliche derzeit reizt.“
Für sich selbst hofft Johanna Schwarz, Kultur mitgestalten zu können. „Die Doppelspitze ist dabei toll, weil man immer ein Feedback bekommt. Außerdem haben wir tolle Räumlichkeiten.“ Partys für Jugendliche seien allerdings nicht geplant. „Die Betreuung, das Equipment und die Instandhaltung der Räume sind zu aufwendig für diesen Fall“, erklärt Kim Kraul. Zudem seien die Seminarräume jetzt vom Fußboden bis zur Decke renoviert. „Wir haben die Zeit des Lockdowns entsprechend genutzt.“
Das Doku-Archiv ist im vergangenen Jahr in einen größeren Raum gezogen. Mit weiteren Arbeitsplätzen wird er später für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Für die Online-Recherche fehlen aktuell aber noch etwa 2000 bis 3000 Euro. Wegen der Pandemie hatte das Doku große finanzielle Einbußen. Diese werden aber durch die Stadt fast komplett kompensiert. Verluste in Höhe von rund 10.000 Euro entstehen trotzdem durch die Einbußen bei Vermietungen. „Das ist bei einem jährlichen Gesamtbudget von 100.000 Euro schon enorm“, betont Kim Kraul.
„Aber die Atmosphäre ist trotzdem gut“, versichert Johanna Schwarz. „Wir schmieden neue Pläne für die Zukunft. Momentan ist es zwar zu ruhig, aber wir freuen uns auf den Trubel und hoffen, das Doku Blumenthal wieder zum Raum der Begegnung zu machen.“