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Bauen in Pandemie-Zeiten Millionenprojekte in Verzug

Der Rohbau des Büro- und Geschäftskomplexes am Blumenthaler Bahnhof steht, planmäßig fertig wird er trotzdem nicht. Lieferengpässe bei den Baustoffen haben die Arbeiten verzögert – auch bei anderen Projekten.
22.11.2021, 18:00 Uhr
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Millionenprojekte in Verzug
Von Christian Weth

Eigentlich sollte im Dezember alles fertig sein, zumindest so weit, wie es mit den ersten Mietern vereinbart worden war. Doch anderthalb Monate vor dem ursprünglichen Übergabetermin steht fest: Das Millionenprojekt am Blumenthaler Bahnhof wird sich verzögern. Investor und Handwerksmeister Jan-Gerd Kröger erlebt, was momentan viele Investoren und Handwerksmeister erleben – wie die Corona-Pandemie etliche Baustoffe rar werden lässt. Und teurer.

Dabei war Kröger vorbereitet. Er hatte sich mit Holz eingedeckt, mit Dämmmaterial,  Fensterstürzen, Zement. Doch alles, was es für den zweigeschossigen Büro- und Geschäftskomplex an den Blumenthaler Gleisen braucht, konnte er nicht vorsorglich lagern. Kröger sagt, dass er weder Elektriker noch Heizungsbauer ist, sondern gelernter Maurer. Und dass es jetzt eben die Dinge sind, die mit Haustechnik und der Warmwasserversorgung zu tun haben, die ihm fehlen, weil sie nicht geliefert werden können. Jedenfalls nicht so schnell, wie er sie benötigt. Oder wie es vereinbart war.

Verlängerte Lieferzeiten

Zum Beispiel Rohre für die Heizung: Zwar kann die Anlage aufgebaut werden, nur lässt sich kein Kreislauf bilden, der alles mit allem verbindet. Zum Beispiel spezielle Bauteile für die Elektroinstallation: Die Schächte für die Technik sind da, aber eben nicht die davor vorgesehenen Elemente. Zum Beispiel Pflastersteine: Die Fläche vor dem Komplex ist plan gemacht, jedoch immer noch unbefestigt. Dass es bei Baustoffen für Zufahrten und Wege zu Engpässen kommen könnte, hätte Kröger noch vor Wochen nicht gedacht. Er sagt, dass Plastersteine bisher zu den Materialien gehörten, bei denen galt: heute bestellt, morgen geliefert.

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Jetzt sollen sie frühestens in sechs bis acht Wochen auf der Baustelle am Bahnhof sein. So steht es in einer E-Mail des Lieferanten. In anderen wird gleich in mehren Monaten gerechnet, in denen später eintreffen soll, was seit langer Zeit geordert ist. Und bei denen geht es nicht nur um Baustoffe. Kröger wartet auch auf einen neuen Transporter, den er im April bestellt und der seit August im Einsatz sein sollte. Vor Kurzem hat ihm der Hersteller geschrieben, dass man ihm kein Datum nennen kann, wann das Fahrzeug ausgeliefert wird. Kröger hofft, dass der Wagen, den er längst ersetzen wollte, noch durchhält.

Verzögerungen erwartet

Thomas Kurzke weiß, wie schwierig es für Investoren und Betriebe gerade ist, fristgerecht fertig zu werden. Der Präses der Handwerkskammer hat sich neulich mit 20 anderen Meistern getroffen – laut Kurzke war kein einziger darunter, der nicht auf Lieferungen wartet, die seit Langem hätten da sein sollen. Auch der Kammerchef wartet: auf Lacke, Holz- und Kunststoffrahmen. Kurzke hat einen Malerbetrieb. Er sagt, dass die Engpässe nicht immer die gleichen Baustoffe betreffen, sondern dass mal das eine Material, mal ein anderes beim Produzenten oder Zwischenhändler aus ist.

Wie viele Bauprojekte in Bremen deshalb später abgeschlossen werden können als geplant, darüber kann Kurzke nur spekulieren. Ihm zufolge fehlen verlässliche Zahlen. Der Präses geht jedoch davon aus, dass sich diverse Vorhaben verzögern. Seit Monaten rät die Kammer ihren Mitgliedern, die Lieferschwierigkeiten von  Baustoffen in Verträgen zu berücksichtigen – und über sie offen mit Auftraggebern zu sprechen. Genauso wie über die Entwicklung der Preise, die laut Kurzke in den meisten Fällen nur eine Richtung kennt: nach oben. Allein Lacke, sagt er, sind um 60 Prozent teurer geworden.

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Bei Holz, das früher als andere Baumaterialien zu Pandemie-Zeiten zum Preistreiber wurde, macht Kurzke mittlerweile eine Entspannung auf dem Markt aus. Seine Zuversicht hält sich trotzdem in Grenzen. Der Präses glaubt nicht, wovon mittlerweile die ersten Sprecher von Wirtschafts- und Industrieverbänden ausgehen: Dass die Lieferprobleme und die mit ihnen verbundenden Kostensteigerungen noch in diesem Jahr merklich abnehmen werden. Kurzke rechnet hingegen fest damit, dass sie die Baubranche noch bis ins Frühjahr hinein im Griff haben werden. 

Was die Preissteigerungen für das bisher mit 4,5 Millionen Euro veranschlagte Projekt am Blumenthaler Bahnhof bedeuten, ist offen. Investor Kröger sagt, dass die Abschlussbilanz noch aussteht. Bisher hatte anderes für ihn Vorrang, etwa die ersten Mieter – die Bäckerei Rolf und die Sparkasse – darüber zu informieren, dass nicht alles so schnell geht wie erhofft. Die Bank hat inzwischen ein Werbebanner am Baugerüst aufhängen lassen: Alles neu ab Frühjahr 2022. Ohne zu sagen, wann im Frühjahr.

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