Zehnmal ist der Fahrplan der Fähren wegen der Corona-Pandemie und ihrer Folgen bisher geändert worden – jetzt kommt der nächste Einschnitt: Ab Anfang Juni wird der Betrieb an der Fährstelle Blumenthal-Motzen in den Nachtstunden eingestellt. Es ist nicht das erste Mal, dass es auf dieser Route für Pendler zu Einschränkungen kommt. Und trotzdem ist diesmal etwas anders: Es gibt keinen Termin, wann aus dem Notbetrieb wieder ein Regelbetrieb werden soll.
Fährchef Andras Bettrey sagt, dass es keine Alternative gibt. Auch andere sagen das. Oliver Fröhlich und Hartmut Schierenstedt zum Beispiel. Der Blumenthaler Ortsamtsleiter und der Berner Bürgermeister sitzen an diesem Morgen neben Bettray, um zu erklären, warum die Fähren nicht so fahren, wie sie eigentlich fahren sollten. Und weshalb es wieder die Fährstelle Blumenthal-Motzen trifft – und die Autofahrer, Radler und Fußgänger, die dort regelmäßig über die Weser setzen.
Dass es erneut zu Einschränkungen kommen könnte, hatte Bettray schon vor Wochen angedeutet. Die endgültige Entscheidung trafen er und die Aufsichtsratsvertreter jedoch erst vor wenigen Tagen. Bettray sagt, dass sie alles durchgerechnet und alle Optionen geprüft haben. Und am Ende zu dem Schluss gekommen sind, dass die Fährgesellschaft auf den Rückgang der Pendlerzahlen abermals reagieren muss. Und zwar an der mittleren der drei Weser-Fährstellen, weil dort weniger los ist als an den beiden äußeren.
Es gibt viele Zahlen, die Bettray an diesem Vormittag nennt. Eine Ziffer lautet 900.000. Sie steht für das Defizit, dass der Fährgesellschaft wegen Corona und ausbleibender Kunden im Vorjahr entstanden ist. Eine andere Zahl ist 300.000 – und beschreibt, wie viel das Unternehmen im ersten Quartal 2021 weniger eingenommen hat. Nicht zuletzt an der Fährstelle Blumenthal-Motzen. Bettray kommt dort auf ein Minus von 68.000 Fahrzeugen und 95.000 Personen. Er spricht von einem enormen Rückgang.
Zahlen im Vorjahr noch schlechter
Auch an den Fährstellen Farge-Berne und Vegesack-Lemwerder sind die Pendlerzahlen nicht mehr so, wie sie vor der Pandemie mal waren. Doch ihr Minus fällt nach der Statistik des Fährchefs kleiner aus: Bei der nördlichsten Fährroute kommt er für die drei ersten Monate dieses Jahres auf 20.000 Fahrzeuge und 49.000 Personen weniger und bei der südlichsten auf 5000 Fahrzeuge und 9000 Personen. Bettray sagt, dass die Zahlen im Vorjahr noch schlechter waren.
Er weiß, dass der Rückgang zwischen Blumenthal und Motzen auch deshalb deutlicher ausfällt, weil die Fährstelle von allen dreien am häufigsten von Einschränkungen betroffen war. Trotzdem sind die Zahlen für ihn ein Beleg dafür, dass auf dieser Route die Einschnitte für weniger Pendler spürbar werden als auf den anderen Strecken. Vor allem nachts: Ihm zufolge sind es pro Schicht im Schnitt etwa 70 Fahrzeuge und Personen, die in dieser Zeit an der Fährstelle befördert werden.
Auf viel Kritik macht sich Bettray trotzdem gefasst: Auf Kunden, die etwa beklagen, dass sie jetzt länger unterwegs sein werden, um über die Weser zu kommen. Oder dass sie nun mehr fürs Ticket zu bezahlen haben, weil sie wegen der weiteren Wege das Auto statt des Rads nehmen müssen. Der Fährchef sagt, dass sich alle Kunden an ihn wenden können, denen Probleme wegen der Fahrplanänderung entstehen. Und dass er nach Lösungen suchen wird. Auch Ortsamtsleiter Fröhlich und Bürgermeister Schierenstedt sagen das.
Unternehmen reagieren mit Verständnis
In den vergangenen Tagen haben die drei ähnliche Gespräche mit anderen geführt. Um auszuloten, wann die meisten Schichtarbeiter über die Weser müssen, nahmen sie Kontakt zu Firmen- und Personalchefs auf. Bettray sagt, dass der Fährbetrieb in den Nachtstunden deshalb nicht immer gleich endet: Montags bis freitags wird er von 22.05 bis 5 Uhr eingestellt, sonnabends von 21.05 bis 6 Uhr und sonntags von 21.05 bis 8 Uhr. Ihm zufolge reagierten die meisten Unternehmen auf die Einschnitte mit Verständnis.
Auch darauf, dass er ihnen nicht sagen kann, wie lange der Nachtbetrieb eigentlich eingestellt wird. Nach seinen Worten sollen die Einschränkungen aufgehoben werden, sobald die Pendlerzahlen wieder steigen oder finanzielle Hilfe aus dem Rettungsschirm für den öffentlichen Personennahverkehr bereitsteht. Bettray hat für die Beschäftigten der Fährstelle Blumenthal-Motzen vorsorglich bis zum Jahresende Kurzarbeitergeld beantragt. Knapp ein Viertel der 80 Festangestellten sind betroffen.